Blu-ray Kritik zu Annette: Mit keinem vorherigen Musical zu vergleichen

Die Kritik:

Leos Carax („Holy Motors“) ist ein außergewöhnlicher Filmemacher, der mit seinen Werken immer wieder provoziert. Häufig widmet er sich dem Surrealismus, genauso wie in seinem neuen Film „Annette“. Hier mischt er diesen mit Gesangseinlagen, wodurch ein einzigartiges Musical entstanden ist. Bei den 74. Internationalen Filmfestspielen von Cannes eröffnete „Annette“ sogar das Programm und gewann zudem den Preis für die beste Regie und den Cannes Soundtrack Award. Für die Goldene Palme war „Annette“ leider nur nominiert. Nun erscheint der besondere Film endlich in Deutschland als Blu-ray.

Henry (Adam Driver) ist bekannter Stand-Up-Comedian, der mit ungewöhnlichen Ideen über die Stränge schlägt und seine Frau Ann (Marion Cotillard) begeistert das Publikum als erfolgreiche Opernsängerin. Beide haben extremen Erfolg und werden von der Öffentlichkeit geliebt. Auch die Liebe der beiden ist grenzenlos. Als dann jedoch die Tochter Annette geboren wird, verändert sich ihr Leben schlagartig, denn Baby Annette hat ein besonderes Talent, welches die Welt im Sturm erobern wird…

„Annette“ ist mit konventionellen Musicals nur schwer vergleichbar. Das letzte Jahr war wirklich wie gemacht für Liebhaber des Genres und das Werk von Leos Carax ist das mit Abstand hervorstechendste Musical. Mit „In the Heights“ oder Spielbergs „West Side Story“ wurden eher zwei klassische Musicals veröffentlicht. „Annette“ hingegen ist in jeder Sekunde ungewöhnlicher und skurriler, wenn auch nicht zwingend besser. Diese Skurrilität leben gerade die Autoren und Komponisten des Filmes.

Neben Leos Carax sind nämlich die Sparks-Brüder die Hauptverantwortlichen hinter „Annette“, welche das Musical geschrieben und die Musik komponiert haben. Ron Mael und Russel Mael sind zwei visionäre Art-Pop-Künstler, die jahrzehntelang als Sparks erfolgreich Musik vertrieben haben. Das ikonische Aussehen der beiden ist bestimmt vielen bekannt. Edgar Wright („Baby Driver“) hat der Band sogar letztes Jahr die Dokumentation „The Sparks Brothers“ gewidmet. Wer Sparks kennt und deren Musik mag, wird sich bestimmt sofort in „Annette“ verlieben, denn all diese Kreativität, die Sparks seit ihrer Gründung ausmacht, mündet in dem eindrucksvollen Beginn mit dem Song „So May We Start“, der musikalisch zu den großen Highlights gehört. Brillant ist ebenso das Schauspiel.

Adam Driver („Marriage Story“) hat ein wahrlich phänomenales Jahr hinter sich, denn mit „The Last Duel“, „House of Gucci“ und „Annette“ begeisterte er in drei Filmen und das verrückte Musical ist wohl seine größte schauspielerische Glanzleistung gewesen. Nach diesen 140 Minuten darf man sicher sein, dass Driver zu den besten Schauspielern unserer Generation gehört, da seine Performance energetisch und mitziehend ist. Immer wenn er in den Vordergrund rückt, vergisst man die langgezogenen Momente, die zuvor das Pacing ausgebremst haben, denn „Annette“ benötigt diese ausufernde Spielzeit ganz sicher nicht. Außerdem spielen Marion Cotillard („Inception“) und Simon Helberg („A Serious Man“) mit, die gegen Driver aber beinahe blass aussehen. An seine Kraft kommt nur Baby Annette heran, welche jedoch jeder selber für sich entdecken sollte.

Bild:

Die Bildqualität der Blu-ray Fassung ist über die gesamte Laufzeit extrem gut. Störendes Rauschen erkennt man nur in seltenen Fällen und selbst die dunklen Szenen wirken immer passend ausgeleuchtet. Interessant sind zudem die verschiedenen Stile, die der Film nutzt. Wenn Driver auf der Bühne steht, ist der Film beispielsweise wie eine Stand-up-Show gedreht, wodurch viel Abwechslung auftritt.

Ton:

Auch der Ton weist keine Probleme auf, über die man sich beschweren kann. Die Songs verlieren kein bisschen an ihrer Kraft und hören sich über die richtige Anlage wirklich stark an. Man kann „Annette“ auf Deutsch oder Englisch in DTS-HD MA 5.1 sehen. Außerdem ist eine deutsche Hörfilmfassung in DD 2.0 enthalten, welche einen guten Ersteindruck macht.

Extras:

Auf der Blu-ray ist als Bonusmaterial ein Making-Of von „Annette“ dabei, welches sehr gut produziert ist und mit einer Dauer von etwa 19 Minuten überzeugt. Es ist faszinierend zu sehen, wie das Baby zum Leben erwacht. Auch ein Interview mit Hauptdarstellerin Marion Cotillard kann man sich ansehen.

Fazit:

„Annette“ ist ein Film, den man mit keinem vorherigen Musical vergleichen kann. Ab diesem elektrisierenden Beginn lässt man sich auf eine surreale Erfahrung ein, die durch ihre kreativen Ideen begeistert. Zwar schleichen sich in „Annette“ trotzdem ein paar Längen, doch Adam Driver und Baby Annette entschuldigen auf allen Ebenen. Zumindest wenn man sich auf dieses besondere Musical einlassen kann.