
Die Kritik:
Mit A Pure Place hat der deutsch-griechische Regisseur Nikias Chryssos einen durchaus andersartigen Film auf die Leinwände und nun auch für das Heimkino herausgebracht.
Wenn ich den Film in einem Wort zusammenfassen müsste, würde ich wohl den Begriff seltsam wählen. Leider bedeutet das aber nicht, dass der Film auf einer guten Art und Weise obskure Momente und Charaktere auf den Bildschirm zaubert. Stattdessen kommt es mir so vor als wäre mit höchstmöglicher Mühe versucht worden, eine ungewöhnliche Parallelgesellschaft darzustellen. Und das leider nicht immer erfolgreich.

Die Handlung von A Pure Place konzentriert sich auf eine kleine, religiöse Gemeinschaft, genauer genommen eine Sekte, die in einem großen Anwesen auf einer griechischen Insel den Tätigkeiten ihrer geschlossenen Gesellschaft nachgeht. Die Sekte ist dabei zweigeteilt. Zum einen gibt es den sogenannten Dreck, den Schmutz oder auch die Befleckten, die in den Kellergewölben des Anwesens leben und für den anderen Teil der Gesellschaft arbeiten. In erster Linie produzieren sie die Nahrungsmittel, stellen aber auch Seife her, welche die Anderen einen sehr hohen Wert zusprechen, da sie sich damit, körperlich wie seelisch, sauber und rein halten – Etwas, das in dieser Sekte als absolut wichtig und unabdingbar gilt. Diese andere Klasse lebt entsprechend symbolisch und buchstäblich über dem Rest im oberen Bereich des Anwesens und folgen einem sehr von Symboliken und Ritualen durchzogenem Lebensablauf.
Nur selten wird es ausgewählten Leuten aus der unteren Klasse erlaubt, in die obere aufzusteigen. Angeboten wird dies der jungen Irina, die gemeinsam mit ihrem noch jüngeren Bruder Paul in der Gesellschaft des Drecks aufgewachsen ist und es gar nicht fassen kann, dass sie nach oben aufsteigen darf. Doch sind wir mit diesem Geschwisterpaar – und damit unseren Hauptfiguren – schon bei einem der größten Schwachstellen des Films angekommen. Während ich Greta Bohacek, die Schauspielerin hinter Irina, noch all ihre Szenen abkaufen kann, ist das bei Claude Heinrich – Paul – leider nicht mehr der Fall. Dabei hat gerade seine Figur einige tragende Szenen, die in einer makellosen Umsetzung den Film durchaus aufwerten würden. Doch dadurch, dass der Jungdarsteller diese gewiss anspruchsvollen Situationen nicht immer authentisch umgesetzt bekommt, erreicht den Zuschauer zwar welches Gefühl vermittelt werden sollte, doch nicht das Selbige an sich.

Leider tritt dieses Phänomen nicht nur bei Szenen mit Claude Heinrich, sondern über den Verlauf des Filmes immer wieder und zum Ende auch häufiger auf. Mir ist vollkommen klar, was der Film aussagen möchte und welchen Zweck viele Szenen verfolgen, doch leider zünden sie zumindest bei mir nicht. Grund dafür ist einerseits die Darstellung der Sekte an sich. Klar, extreme Religiöse handeln selten rational. Aber in diesem Fall wirkt das gesamte Regelwerk so wie auch die Infrastruktur in der Sekte derart konstruiert und in einer realen Welt unmöglich als das ich mich auf die dadurch ausgelösten Probleme innerhalb der Gesellschaft einlassen könnte. Hinzu kommt eine übergeordnete Seife-Dreck-Metapher, die diese Bezeichnung fast nicht gerecht wird, da hier dermaßen mit dem Holzhammer auf die Zuschauer eingedroschen wird, dass es gar keiner Interpretation mehr benötigt, um die Aussage des Filmes zu verstehen. Hinzu kommen Dinge wie der Sektenführer Fust, der zwar sehr viel spricht, aber fast nichts aussagt oder dass die Dialoge durchweg wie aus einem schlechten Synchrondrehbuch statt wie die originalen Zeilen wirken. Auch dass, die sowieso schon nicht unbedingt handlungsrelevanten, Sexszenen stets in Kombination mit Voyeurismus stattfinden müssen, konnte ich nicht ganz nachvollziehen.
Alles in allem versucht A Pure Place sehr viel, wirkt aber in vielen Punkten zu sehr gezwungen als dass es für mich wirklich hätte funktionieren können.
Bild:
Dadurch, dass ein Großteil des Filmes in Griechenland, genauer genommen der Insel Ägina, gedreht wurde, hat A Pure Place einige bezaubende Landschaft- und Meeresshots zu bieten. Diese werden auf dem Blu-ray-Release auch wirklich schön dargestellt. Kommt es jedoch zu spannungsaufbauenden oder handlungsrelevanten Szenen, passiert oft nicht mehr als dass die Kamera auf einzelne Gesichter oder Personen im Ganzen gerichtet wird.
Ton:
Obwohl der Film im Original auf Deutsch gedreht wurde, klingen die Dialoge sowohl inhaltlich als auch auditiv oft wie aus einer günstigen Netflix-Synchronisation entnommen. Auch die gewählte Musik ist leider kein großartiges Highlight und ist in mir an einer Stelle negativ aufgefallen.
Extras:
Neben einigen Trailern anderer Filme und einer Bildergalerie bietet das Heimkinorelease von A Pure Place einige deleted Scenes sowie ein komplettes Audiokommentar so wie ein Interview mit Regisseur und Drehbuchautor Nikias Chryssos.
Blu-ray Wertung
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4/10
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5.5/10
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5/10
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5.5/10
Kurzfassung
Wirkt in vielen Punkten zu sehr gezwungen.
Fazit:
A Pure Place versucht etwas zu gezwungen ein besonderer Film zu sein und nimmt sich mit jungen Hauptdarstellern, komplexen Sektenstrukturen und einer metaphorischen und buchstäblichen Mehr-Klassen-Gesellschaft so viel vor, dass leider etwas viel auf den verschiedenen Etappen Richtung Finale liegen blieb.
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