Scream 5 – Filmkritik zur Neubelebung der Kultreihe

Scream - Ghostface
Scream - Ghostface © Paramount Pictures

Die Kritik:

Man kann mit Fug und Recht behaupten, dass „Scream“ im Jahre 1996 einen scharfen Einschnitt in der Filmlandschaft hinterlassen hat: Insbesondere das totgeglaubte Horrorgenre hat durch Wes Cravens hochoriginellen und Genreregeln kommentierenden Schocker eine große Revitalisierungskur erhalten. Das führte schließlich zu drei erfolgreichen Nachfolgern, die wiederum die ganz eigenen Funktionsweisen von Fortsetzungen thematisierten. Insbesondere „Scream 4“ beleuchtete dann 2011 nochmal ganz eigen den Status Quo und die neuen Spielregeln der gegenwärtigen Horrorlandschaft. Nach Wes Cravens Tod im Jahr 2015 schien eigentlich klar, dass diese Franchise höchstens als kompletter Reboot neu aufgelegt werden könnte. Doch das „Ready or Not“-Regie-Duo Matt Bettinelli-Olpin und Tyler Gillett hat entgegen aller Erwartungen einen Weg gefunden, um die Geschichte mit neuen und alten Gesichtern weitestgehend zufriedenstellend fortzusetzen.

Scream (5) Filmplakat
Scream (5) Filmplakat © Paramount Pictures

Wenn man natürlich einen ähnlich originellen und frischen Meilenstein wie das Original erwartet, kann man von dem fünften Teil einer Serie eigentlich fast nur enttäuscht werden. Dennoch ist dem auch als „Radio Silence“ bekannten Duo ein hochunterhaltsamer Film gelungen, der sich mit großem Stilwillen nahtlos in die Reihe einfügt. „Scream 5“ hat viele große Stärken, geht neue Wege, kommt aber auch leider nicht ohne manch irritierende Schwäche aus. Als Fan der Reihe ist man da ständig hin- und hergerissen, ob man die Franchise nicht einfach ruhen gelassen hätte oder ob man sich freut, wieder Teil dieser Welt zu sein.

Ganz „Scream“-like ist diese Frage zentrales und integrales Thema des Films: Denn ganz wie es die Reihe und zufälligerweise aktuell das Mainstreamkino (siehe „Spider-Man: No Way Home“ und „Matrix Resurrections“) vorgibt, kommentiert sich „Scream 5“ ständig meta-artig süffisant selbst. Insbesondere steht der erste Film im Fokus, der ganz offen durch seinen Platzhalter „Stab“, den Film-im-Film, der die Ereignisse in Woodsboro thematisiert hat, repräsentiert wird. Die fiktive „Stab“-Reihe hat nämlich jetzt auch bereits sieben Fortsetzungen nach sich gezogen, wobei besonders der völlig übertriebene Teil 8 viel Schelte von den „echten Fans“ erhalten hat und man wieder eine Rückkehr zu den Wurzeln herbeisehnt. Toxische Fankultur, die vielen wütenden anonymen Stimmen des Internets und die Fortsetzungskultur bzw. „Requels“ stehen in „Scream 5“ nun im Mittelpunkt, wobei auch natürlich der Trend von „Elevated Horror“ à la „Hereditary“, „Der Babadook“ oder „It Follows“ in Nebensätzen angerissen wird, ohne aber tiefer darauf einzugehen. Letztlich handelt der Film explizit von der fast unmöglichen Herausforderung, heutzutage ein Sequel einer ikonischen Reihe zu produzieren, das allen Anforderungen und Wünschen in dieser zwiegespaltenen Kultur gerecht wird.

Aber worum geht es eigentlich? Erneut wird das kalifornische Örtchen Woodsboro von einem weiteren Ghostface-Killer heimgesucht. Als Spiegelbild des ersten Teils steht eine Gruppe von High School-Kids im Mittelpunkt, die zumindest in Ansätzen der Typisierung der Ur-Besetzung ähnelt. Die etwas ältere Sam Carpenter (Melissa Barrera) kommt mit ihrem Freund Richie Kirsch (Jack Quaid) nach Woodsboro zurück, als ihre Schwester Tara (Jenny Ortega) Opfer einer Attacke des Killers wurde. Hiermit stellt sie sich auch ihrer eigenen Vergangenheit, denn sie hat ihren Heimatort vor Jahren wegen eines Geheimnisses verlassen, dem sie sich eigentlich nicht mehr konfrontieren wollte. Als die Morde nicht aufhören, sucht sie schließlich bei dem mittlerweile zurückgezogen lebenden Ex-Deputy Dewey Riley (David Arquette) Rat. Der reagiert zunächst zurückhaltend, schaltet sich dann aber doch mit ein, was auch seine Ex Gale Weathers (Courtney Cox) und Sidney Prescott (Neve Campbell) erneut auf den Plan ruft…

Scream - Jasmin Savoy Brown
Scream – Jasmin Savoy Brown © Paramount Pictures

Durch die oben angerissene Beschaffenheit des Films als gehirnverknotender Meta-Kommentar auf seine eigene Daseinsberechtigung finden sich die Figuren wissend in einer Konstellation wieder, die im Bezug auf das Genre ständig hinterfragt wird. Das macht dann alles tatsächlich viel Spaß, denn der Film funktioniert eben ganz wie das Original nicht nur als Kommentar auf sich selbst, sondern auch als oft verdammt effektiv inszenierter Slasher mit allem, was dazugehört. Bettinelli-Olpin und Gillett reihen sich in die visuelle Sprache der Vorgänger ein, finden aber auch eigene Herangehensweisen, die das Ganze frisch erscheinen lassen. Brutal und kreativ geht es auch immer wieder zu, ohne aber die ganz beklemmenden Höhen der Vorgänger zu erreichen. So ist der Film sowohl liebevolle Hommage als auch konsequente Weiterführung in eine neue Generation. Dennoch: in manchen Momenten muss doch überraschend oft die Logikfrage gestellt werden, wodurch sich leider der Terrorlevel immer wieder merklich herabsetzt. Insbesondere der Fakt, dass teils schwerste Verletzungen fast videospielartig kaum Konsequenz haben, stößt mehrfach, besonders im Finale, bitter auf.

Natürlich macht es auch große Freude, die Identität des Killers (oder der Killer?) zu entschlüsseln. Ganz im Stile des Originals verdächtigt sich hier irgendwann auch jeder gegenseitig, wodurch der Film immer wieder in den Argumentationsketten falsche Fährten, aber auch überdeutliche Hinweise legt. Es sei gesagt, dass es Genrekennern vermutlich nicht allzu schwer fallen sollte, das Gesicht (oder die Gesichter) hinter der Ghostface-Maske schon einigermaßen frühzeitig zu erraten. Dann ist das Grand Finale aber dennoch sehr sehenswert und befriedigend, wenn die gut gewählten Darsteller und ihr Regie-Duo aus allen Zylindern an einem altbekannten Ort feuern.

Neve Campbell und Courtney Cox in Scream (5)
Neve Campbell und Courtney Cox in Scream (5) © Paramount Pictures

Eine der großen Stärken des Films ist die charismatische und farbenfrohe neue Besetzung, die frisch, spielfreudig und sympathisch agiert. Hier erreicht man zumindest fast die Höhen des Originals. Tatsächlich eher enttäuschend sind allerdings die Auftritte der verbliebenen Originalbesetzung: Während David Arquette noch am meisten aus seiner etwas zu offensichtlich geschriebenen Rolle herausholt und so etwas wie das Herz des Films bildet, wirken Courtney Cox und Neve Campbell leider überraschend müde und unmotiviert. Man will es ihnen aber auch irgendwie nicht verübeln, denn diesen Figuren in einer vierten Fortsetzung noch frische Dimensionen zu entlocken, ist schwierig. Jedoch helfen dabei weder James Vanderbilts und Guy Busicks Drehbuch noch die Regie, die nicht wirklich wissen, wie sie mit den Figuren adäquat umgehen sollen. Sie sind letztlich gefühlt einfach nur ihrer selbst wegen da, wodurch leider gerade hier ein fader Beigeschmack zurückbleibt.

Dennoch, das Positive überwiegt. „Scream 5“ macht primär sehr viel Spaß, er operiert in ähnlicher Tonalität wie ein Film der Reihe, er huldigt ihr, findet aber eigene Wege und schließt am Ende zumindest im weitesten Sinne den Kreis zum Originalfilm. Das ist dann doch schon ein kleiner Triumph.

Filmwertung
7.5/10

Kurzfassung

Liebesbrief an das Originalmit zahlreichen gelungenen eigenen Akzenten.

Fazit:

„Scream 5“ gibt sich größtenteils als selbstreferentieller und hochwertig produzierter Liebesbrief an das Original zufrieden, setzt aber auch zahlreiche gelungene eigene Akzente. Der Film macht jedenfalls trotz mancher offensichtlicher Schwächen viel Spaß, unterhält hervorragend und sollte alte wie auch neue Fans mit seiner brutalen wie augenzwinkernd-smarten Meta-Inszenierung abholen.


von Florian Hoffmann

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