Lamb – eine einzigartige Geschichte

Noomi Rapace in Lamb
Noomi Rapace in Lamb © Koch Films

Die Kritik:

Ach, wie sehr ich das Kino doch für Filme wie Lamb liebe. Clevere, mutige Independent-Projekte, die mit einer einzigartigen Idee aufwarten. Diese besteht hierbei in einem modernen Märchen (mit Horror-Einschüben), das grandios mit menschlichen Grundängsten spielt. Die Furcht vor dem Verlust des eigenen Kindes und dem Unbegreiflichen, das sich irgendwo dort draußen versteckt, sind nur zwei davon. So erforscht Lamb auch die destruktive Beziehung zwischen Mensch und Natur, erzählt im Kern aber dann doch eine Familiengeschichte, die nach großem Leid für die Eltern endlich mit einem unmöglichen Hoffnungsschimmer aufwartet.

Noomi Rapace in Lamb
Noomi Rapace in Lamb © Koch Films

Der Film kreiert dabei seine ganz eigene Welt, isoliert seine beiden Hauptfiguren (kraftvoll verkörpert von Noomi Rapace und Hilmir Snær Guðnason) dabei mit unglaublichen Wide-Shots von der unseren. Die traumähnliche isländische Landschaft wirkt dabei gleichermaßen bedrohliches wie auch wunderschön. Unsere Protagonisten leben in ihrer ganz eigenen Welt, weshalb wir dem Film diesen mystischen Einschub natürlich auch abkaufen, als eines Tages auf ihrer Farm ein Mischwesen, das scheinbar zur Hälfte Mensch ist, geboren wird.

Leider wurde diese Immersion für mich im zweiten Akt zunehmend durchbrochen, als der Bruder des Ehemanns gefühlt aus einem anderen Film auftaucht. Nicht nur das, mit dessen Ankunft verwandelt sich auch Lamb zu einem anderen Film. Plötzlich steht der Fokus auf einer Dreiecksbeziehung, und weniger auf dem bis dato etablierten melancholischen Drama. Das Geschehen bleibt zwar durchaus interessant, doch verliert es mich hier eben ein wenig.

Glücklicherweise leitet sich das Finale mehr aus den Konflikten des ersten Akts ab. Erneut schwappen Wellen aus verschiedensten Sinneseindrücken über mich hinweg. Die atemberaubende Kameraarbeit, ein ruhiger, atmosphärischer Soundtrack und eine Geschichte voller Leid und Hoffnung. Valdimar Jóhannsson zeigt bereits bei seinem Regiedebüt ein ungemeines Auge für unterschwellige Emotionen, die er uns jedoch nie zu sehr auf die Nase bindet. Er respektiert die Intelligenz des Publikums, und weiß wie er mit seiner Kamera eine Geschichte erzählt, die gar nicht immer in Dialogen ausformuliert werden muss.

Noomi Rapace in Lamb
Noomi Rapace in Lamb © Koch Films

Eine besondere Faszination entwickelte ich dabei für die Schafe auf der Farm. Wie man es geschafft hat, diese stets in perfekten Choreographien zu bewegen, ist mir ein absolutes Rätsel. Auch meinte ich immer wieder tatsächlich Emotionen an ihren Gesichtern ablesen zu können. Wer bis jetzt gemeint hat, dass Schafe keine hervorragenden Schauspieler sein können, hat sich geirrt. Diese Tiere schaffen hier eine ganz eigene Atmosphäre und Energie, die mir so nur selten im Kino begegnet, die gleichzeitig für den Film ungemein wichtig ist.

Filmwertung
7/10

Kurzfassung

Ruhige, stimmungsvolle Bilder und eine einzigartige Geschichte.

Fazit:

Lamb brilliert in ruhigen, stimmungsvollen Bildern und einer einzigartigen Geschichte. Leider grätscht der schwächere Mitteilteil dabei ein wenig dazwischen. Und dennoch ziehen mich meine Gedanken seit der Pressevorführung im November immer wieder auf diese gottverlassene Farm in Island zurück.


von Sebastian Stegbauer

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