Filmkritik zu Skinamarink und zum Mediabook

Skinamarink - ein seltenes Bild in der wir Kevin von hinten sehen
Skinamarink - ein seltenes Bild in dem wir Kevin von hinten sehen © Capelight Pictures

Die Kritik:

Skinamarink Medabook Cover A
Skinamarink Medabook Cover A © Capelight Pictures

Skinamarink“ ist mal wieder so ein positives Film-Beispiel, das mit einem geringen Budget sein hundertfaches wieder einspielte. Der kanadische Horror wurde vom Youtuber Kyle Edward Ball geschrieben und inszeniert – und das in dessen Elternhaus! Nach einem famosen Erfolg auf Festivals gelangte er (ob gewollt oder nicht) in die sozialen Medien, wo er ordentlich gehypt wurde. Es folgte ein Kinoauftritt und seit dem 13.10.2022 auch die Heimkino-Veröffentlichung. Verpackt wird der Streifen dabei u.a. in einer 2-Disc Limited Collector’s Edition im Mediabook (Blu-ray + DVD) welche wir uns angesehen habe.

Der Filmtitel leitet sich vom Kinderlied „Skinnamarink“ ab, das bereits 1910 komponiert wurde und durch eine Vorschulserie in Nordamerika Popularität erlangte. Der Regisseur änderte bewusst die Schreibweise des Films, sodass Kinder nicht versehentlich auf seinen Film stoßen. Etwas ähnliches ist schließlich jüngst bei „Winnie Puh“ passiert, als ein Grundschullehrer den Kindern den Horrorfilm von 2023 vorgespielt haben soll.

Selbst nach Sichtung des Films, ist eine Inhaltsbeschreibung gar nicht so einfach. Der Film handelt grob von zwei Geschwistern, die in einer Nacht voller Schrecken in ihrem Haus gefangen sind. Die Eltern sind weg, und auch die Türen verschwinden. Aus Kinderaugen (aus der der Film ausschließlich spielt) erst einmal gar nicht so schlimm, so lange der Fernseher mit Zeichentrickserien noch läuft. Doch mit der Zeit häufen sich die gruseligen Vorkommnisse…

Skinamarink - Das Spielzeug wird gruselig in Szene gesetzt
Skinamarink – Das Spielzeug wird gruselig in Szene gesetzt © Capelight Pictures

Das besagte Kinderlied, das hier Pate stand, handelt von der Angst von Kindern, die nachts allein in einem Haus sind. Doch was passiert hier wirklich? Die schemenhaften, dunklen Bilder, die das Haus von innen zeigen und die wenigen, teils kaum verständlich Dialoge von Personen die man außerdem nicht sieht, machen das nicht einfach.

Kurios: Während der Film in den sozialen Medien von Nutzern gefeiert wurde (und wohl erst so eine größere Veröffentlichung möglich machte), so unterdurchschnittlich kam er dann doch bei der großen Masse an, wenn man die Bewertungen auf der Plattform imdb.com betrachtet. Internationale Kritiker sahen darin schon eher eine Form von Kunst. Fakt ist: Der Horrorfilm steht Kopf, manchmal sogar buchstäblich. Im Folgenden soll versucht werden, den Film zu analysieren. Wer eine Spoiler-Gefahr verhindern möchte, sollte an dieser Stelle den nächsten Absatz überspringen.

Dämon, Koma, häusliche Gewalt – Erklärungsansätze zu Skinamarink

Man kann sich nun ja wirklich nicht an viel des Gehörten und Gesehenen orientieren. Deshalb schenken wir nach den ersten Minuten einem Vorfall besondere Aufmerksamkeit. Da fällt der Junge offenbar eine Treppe herunter und verletzt sich. Daran wird im Folgenden kein Bezug mehr genommen. Deshalb – und wie schemenhaft wir die Außenwelt wahrnehmen – könnte man zum Schluss kommen, dass wir uns fortan im Kopf des Jungen befinden und den Film betrachten. Gut möglich, dass er eine Gehirnverletzung erlitt oder im Koma liegt. Und die gruselige Stimme, die teils schlimme Sachen verlangt? Das kann man als Hirngespinst abtun oder entweder einen bösen Dämon erkennen (das ist aber eine fast zu einfache Erklärung) oder aber häusliche Gewalt, die vom Vater ausgeht. Das würde die immer wieder auftauchenden verletzten oder leidenden Kinder erklären. Eine vollständig sinnige Aufklärung fällt jedenfalls schwer. Und damit fällt der Streifen letztlich auch ab. Denn ohne echtes Aha-Erlebnis geraten die 100-Minuten im Nachhinein noch strapaziöser.

Bild:

An der Stelle kann man gleichwohl viele Zeilen oder auch sehr wenige verlieren – je nach dem, wie viel Kunst man darin sieht. So könnte man zum einen behaupten, dass man die meiste Zeit über sowieso nichts sieht und das flimmern zusätzlich irritiert. Man kann darin aber natürlich auch die sicherlich beabsichtigte Stilmittel Kyle Edward Balls erkennen – nämlich dass der Horror darin liegt, was man eben nicht sieht. Ein sehr schmaler Grat zwischen den Extremen.

Ton:

Ganz ähnlich verhält es sich mit dem Ton. Der Filmemacher empfiehlt übrigens, sein Werk laut zu hören. Dann versteht man zwar die vielen Flüstertöne, andere Geräusche würden dann allerdings arg aufschrecken lassen – im Stile eine Jump Scares. U.a. diese Kontrastmomente sowie zwischen der altbackenen Cartoon-Fröhlichkeit und der sonstigen Stille im Haus machen den Film so speziell.

Extras:

Hier gibt es als digitales Extra optional einen Audiokommentar über den Film gelegt in der einiges zu den jeweiligen Szenen erläutert wird von Regisseur Kyle Edward Ball und Kameramann Jamie McRae. Das limitierte Mediabook kommt optisch recht schlicht daher – passend zum Film. Überraschend, dass die Verleiher Capelight Picutes (Cover A) und Plaion Pictures (Cover B) beide ein Mediabook veröffentlichen. Dabei greifen beide die Über-Kopf-Thematik auf. Unser Exemplar von Capelight überzeugt mit einer griffigen Haptik, sehr sauberem Einband und dem Booklet. Neben einem interessanten abgedruckten Interview mit Kyle Edward Ball zieren Szenenbilder die 24 Seiten.

Blu-ray Wertung
  • 6/10
    Film - 6/10
  • 6/10
    Bild - 6/10
  • 6/10
    Ton - 6/10
  • 6/10
    Extras - 6/10
6/10

Zusammenfassung

Stellt alle Sehgewohnheiten auf den Kopf und ist damit auch eine echte Geduldsprobe.

Fazit:

Ganz ohne Vorkenntnisse sollte man „Skinamarink“ nicht genießen, denn der Film bleibt seinem besonderen Stil die ganze Zeit über treu. Die Gefahr besteht, dass er Zuschauer in die totale Gleichgültigkeit verfällt. Noch nicht bewiesen, aber sehr denkbar ist derweil, ob dies der Kinofilm ist, bei dem prozentual die meisten Zuschauer aus dem Film geflohen sind. Dass man mit Low Budget so einen experimentellen und kontroversen Film schuf, verdient dabei natürlich den höchsten Respekt. Und bevor man den x-ten Actionfilm mit Bruce Neeson oder Liam Willis guckt, kann man sich auch mal auf so etwas einlassen.


von Nicolas Wenger

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