Black Christmas – 2-Disc Mediabook: Blu-ray Kritik zum Kulthorror

Lynne Griffin in Black Christmas
Lynne Griffin in Black Christmas © capelight pictures

Die Kritik:

Black Christmas - 2-Disc Mediabook
Black Christmas – 2-Disc Mediabook © capelight pictures

Allgemeinhin wird gerne der Fehler gemacht und John Carpenters „Halloween“ als Geburtsstunde des Slasher-Genres bezeichnet. In gewisser Hinsicht sorgte der Erfolg von Carpenters Horror-Meilenstein tatsächlich dafür, dass besagtes Subgenre salonfähig wurde und eine enorme Flut von ähnlich gearteten Nachahmern entstand. Jedoch war es eben Bob Clark, der 1974 mit seinem kanadischen Festtags-Slasher diverse Zutaten zu seinem Kultfilm vermischte, die Carpenter erst vier Jahre später sehr ähnlich angewendet hat und damit die Blaupause für eine der meistfrequentierten Horror-Spielarten bot. Zum optimalen vorweihnachtlichen Zeitpunkt veröffentlicht capelight nun „Black Christmas“ in einem gewohnt liebevoll gestalteten Mediabook, das kurz vor Erscheinung des bereits zweiten Remakes nochmal einen detaillierten Blick auf den Film und seine filmhistorische Bedeutung zulässt.

Schon in wenigen Augenblicken etabliert Bob Clark mit seiner ersten Einstellung auf das festlich beleuchtete Verbindungshaus, in dem sich der Großteil von „Black Christmas“ abspielt, eine dichte und subtil beklemmende Atmosphäre. Das liegt zu großen Teilen an der leicht verzerrten Version von „Silent Night“, die unheilvoll vor sich hin dudelt und dem Weihnachtssetting etwas subtil Unheimliches verleiht. Innen veranstalten die Studentinnen Jessy (Olivia Hussey), Phyllis (Andrea Martin) und Barbara (Margot Kidder) mit anderen Kommilitonen am Vorweihnachtsabend ihre Weihnachtsfeier, während draußen ein Unbekannter mit finsteren Absichten lauert. Doch Clark zeigt die bedrohliche Gestalt nicht, sondern arbeitet ganz innovativ mit einer subjektiven Kamera, mit der er den Zuschauer zum Komplizen des unheilvoll vor sich hinröchelnden Herumtreibers macht. Wer „Black Christmas“ zum ersten Mal sieht, könnte hier ein Déjà vu erleben, denn John Carpenter ließ „Halloween“ ein paar Jahre später ganz ähnlich beginnen.

Die beschwingte Feier der so unterschiedlichen wie präzise und dreidimensional gezeichneten jungen Frauen wird jäh von einem obszönen Anrufer gestört, den Barbara scherzend als „Stöhner“ bezeichnet. Denn diese Person terrorisiert die Studentinnen schon seit längerem, indem er mit nahezu unmenschlicher Stimme sexuelle Perversionen, aber auch Drohungen zum Besten gibt. Schon am selben Abend verschwindet dann auch bereits eine der Studentinnen, die unbemerkt von ihren Freundinnen im Verbindungshaus von dem Killer ermordet und auf dem Dachboden versteckt wird. Dort hält sich der Killer auch weiter still und heimlich auf, um an Heiligabend ein ums andere Mal unbemerkt zuzuschlagen…

Olivia Hussey in Black Christmas
Olivia Hussey in Black Christmas © capelight pictures

„Black Christmas“ ist sehr behutsam und gerade für heutige Sehgewohnheiten langsam erzählt. Was dem Film an Rasanz fehlt, wird so durch eine dichte Atmosphäre und eine wirklich konsequent aufrechtgehaltene unheimliche Atmosphäre ausgeglichen. Doch vor allem überrascht Clarks erfindungsreicher Film mit seiner starken weiblichen Besetzung: Olivia Hussey, die ein paar Jahre zuvor mit Franco Zeffirellis „Romeo und Julia“ auf sich aufmerksam machte, gibt hier ein vielschichtiges, wenn auch eher passives „Final Girl“, das schwanger ist, aber kein Baby will. Hier baut Clark Konfliktpotential mit Peter (Keir Dullea), dem Vater des ungeborenen Kindes auf, der durchaus auch als Verdächtiger in Frage kommt. Dullea, der 1968 mit Kubricks „2001: Odyssee im Weltraum“ Filmgeschichte schrieb, wirkt allerdings als Musikstudent etwas fehlbesetzt, da er zum Drehzeitpunkt bereits 37 Jahre alt war.

Besser schneiden allerdings die überaus lebhaften Margot Kidder und Andrea Martin ab. Vor allem Kidder setzt als Barb immer wieder starke Akzente. Clark lässt seine talentierten Darstellerinnen frei aufspielen, wodurch ein sehr authentischer und lebendiger Eindruck dieser sehr unterschiedlichen Frauen und ihrem Zusammenleben entsteht. Darüber hinaus gefällt der immer gern gesehene John Saxon als leitender Ermittler der Polizei oder auch Marian Waldman als Sherry-liebende Hausmutter des Verbindungshauses.

Keir Dullea in Black Christmas
Keir Dullea in Black Christmas © capelight pictures

Über die Laufzeit von 98 Minuten erweist sich „Black Christmas“ insgesamt als eher zahmer Horror: Die wenigen Morde werden nur wenig grafisch inszeniert und sind überhaupt recht sporadisch verteilt. Wie später im Slasher-Genre oft zu sehen, werden Haushaltsartikel zweckentfremdet, wobei der gesichtslose Killer auf verschiedene „Waffen“ zurückgreift. So ist es einmal ein Plastikkleidersack, später ein Haken oder auch ein gläsernes Einhorn mit dem in der wohl ausführlichsten und erstaunlich kunstvollen Tötungsszene gemordet wird. Der Film ist erstaunlich elegant und stimmig erzählt, gerade weil er nie auf billige Schocks und plumpe Zuschauermanipulation setzt.

Am Ende offenbart „Black Christmas“ dann schließlich Markenzeichen, die den Film auch heute noch besonders machen. Wie Clark und Drehbuchautor Roy Moore mit der Identität des Killers umgehen, erweist sich auch 45 Jahre später noch als überraschend erfrischend und unheimlich, da auf eine Entmystifizierung und Banalisierung des Täters verzichtet wird. So ist es dann schon erstaunlich, dass der Vorreiter eines gesamten Subgenres auch nach so langer Zeit trotz spürbaren Alters noch so innovativ und effektiv auch nachhaltig wirken kann.

Bild:

Das Alter ist „Black Christmas“ auch auf Blu-ray deutlich anzusehen. Das ist aber überhaupt kein Nachteil für den Film, der hier dankbarerweise nicht digital glattgebügelt wurde und seine teils recht grobe Filmkörnung stolz tragen kann. Durch diese Textur erscheint der Film dann nochmal stimmungsvoller, als er ohnehin schon wäre. So schwankt der Schärfe- und Detailgrad aber auch merklich, was schlichtweg am oft weich fokussierten Ausgangsmaterial liegt, das eben nicht immer astrein homogen ist. Verschmutzungen liegen keine vor. Die schön satten Farben (vor allem wiederkehrende Rot- und Grüntöne) sind dennoch intensiv, aber natürlich, während Kontraste und Schwarzwerte ebenfalls überzeugen. Ein originalgetreuer und gelungener Transfer.

Ton:

Auf der Blu-ray liegen nur die remasterten DTS HD 5.1-Tonspuren, nicht aber die Original-Monomischung vor. Das lässt sich verkraften, denn der Film hört sich sehr gut an. Stimmen und Dialoge ertönen warm, klar und verständlich, während hinzugemischte Umgebungsgeräusche und die überaus effektive experimentelle Filmmusik von Carl Zittrer subtil und behutsam eingepflegt wurden.

Olivia Hussey in Black Christmas
Olivia Hussey in Black Christmas © capelight pictures

Extras:

Wie nicht anders von Capelight gewohnt, erhält man mit dem Mediabook eine Fülle von interessantem Bonusmaterial, das eigentlich keine Fragen zum Film mehr offen lässt. Hierbei liegen größtenteils ältere Extras von 2006 vor, aber auch neu produzierte Featurettes. Hierbei handelt es sich um die beiden jeweils knapp halbstündigen Interviews mit den Darstellern Art Hindle und Lynne Griffin, die sich beide zu so etwas wie den euphorisch plaudernden Maskottchen des Films entwickelt haben. Eine gewisse Redundanz stellt sich hier schon ein, jedoch handelt es sich hierbei um Kritik auf hohem Niveau. Zudem wurden nicht alle Extras der amerikanischen Shout!-Veröffentlichung übernommen.

Abgerundet wird das Mediabook mit schöner Gestaltung und einem Booklet, in dem Filmkritikerin Jenny Jecke den Film und seine Bedeutung schön bespricht.
• Audiokommentar mit Regisseur Bob Clark
• Audiokommentar mit den Darstellern John Saxon und Keir Dullea
• Dokumentation „Black Christmas“ Revisited (36:25 Min.)
• Dokumentation „The 12 Days of Black Christmas“ (19:48 Min.)
• „Film and Furs“ – Ein Blick zurück mit Art Hindle (26:09 Min.)
• „Victims and Virgins“ – Ein Blick zurück mit Lynne Griffin (26:33 Min.)
• Interviews mit den Darstellern (Olivia Hussey (17:22 Min.), Margot Kidder (22:31 Min.), Art Hindle (23:43 Min.))
• „Black Stories“ – Ein Gespräch im Kino (20:20 Min.)
• Uncovered Sound Scenes (Trellis Climb (01:07 Min.=, Final Pan (01:58 Min.))
• Alternative Titelsequenz (02:47 Min.)
• TV-Spots
• Radio-Spots
• Original-Kinotrailer
• Filmtipps

Blu-ray Wertung
  • 7.5/10
    Film - 7.5/10
  • 8.5/10
    Bild - 8.5/10
  • 8/10
    Ton - 8/10
  • 9.5/10
    Extras - 9.5/10
8/10

Kurzfassung

Bob Clarks Film genießt völlig zurecht Wegbereiter-Status und gefällt auch noch heute mit dichter und unheilvoller Atmosphäre.

Fazit:

„Black Christmas“ hat sich schon lange seinen Platz im Kult-Kanon des Horror-Genres gesichert. Bob Clarks Film genießt völlig zurecht Wegbereiter-Status und gefällt auch noch heute mit dichter und unheilvoller Atmosphäre, sehr guter Figurenzeichnung und einem effektiven Ende, das heute frisch wie eh und je wirkt. Diese schöne Mediabook-Edition von Capelight zeigt den Film in optimaler audiovisueller Form und beleuchtet den Film in allen Facetten.


von Florian Hoffmann

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