Wie WandaVision ausgerechnet im Finale scheitert

WandaVision: Elizabeth Olsen
WandaVision: Elizabeth Olsen © Disney/Marvel

Juhu! Endlich kommt mit „WandaVision“ mal etwas frischen Wind in das sonst so festgefahrene Marvel Cinematic Universe. Ich denke, ich muss keinem erklären wie anders und kreativ die Trailer auf mich und viele andere wirkten. Doch letztlich ist die Geschichte von Wanda und Vision keine, die das MCU in neue, unerwartete Richtungen führt, sondern gerade im Finale von denselben Problemen geplagt wird, wie auch die Vorgänger auf der Leinwand. Es ist die Geschichte, wie WandaVision ausgerechnet im Finale scheitert.


WandaVision - KeyArt
WandaVision – KeyArt © Disney/Marvel

Regisseur der Serie Matt Shakman schob die anstehende Enttäuschung vieler Fans bereits vor dem Release des Finales auf die zahlreichen Fantheorien, die sich im Laufe der Zeit im Internet verbreiteten. Mehr denn je können Comickenner ihr Wissen an den Rest weitergeben, Theorien verbreiten sich innerhalb von Sekunden um den ganzen Globus und Serien leiden darunter. Nun ja, ganz so einfach ist das eben doch nicht. Die Enttäuschung liegt weniger darin, dass viele Theorien sich als falsch herausstellten (z.B. das Auftreten von Mephisto oder Magneto), sondern, dass das Endprodukt selbst einfach nicht so interessant ist, wie das Wunschdenken der Fans, und in einigen Teilen sogar äußerst inkompetent abgerundet wird. Bestes Beispiel dafür ist wie mit Quicksilver umgegangen wird (hier folgen kleinere Spoiler). Man pflanzt mit dem Casting von X-Men-Darsteller Evan Peter eigentlich einen interessanten Roten Hering. Wir wissen, dass dieser ihn bereits mehrmals verkörpert hat. Wir wissen, dass Wanda im kommenden „Doctor Strange and the Multiverse of Madness“ eine große Rolle spielen wird. Wir wünschen uns, dass die X-Men endlich ihren Einzug ins MCU erhalten. Und die Serie ist sich dessen bewusst. Sie spielt mit unseren Hoffnungen und fertigt diese dann lieblos in einer Szene ab. Es ist weniger die Tatsache, was der Reveal ist, sondern mehr wie dieser geschieht. Es ist eben nicht Quicksilver, sondern nur irgendein Typ. Über Wochen baut sich in uns Spannung über dessen wahre Identität auf, innerhalb einer winzigen und belanglosen Szene wird er aufs langweiligste demaskiert und verschwindet ohne eine zusätzliche Note einfach aus der Serie. Das Set-Up stimmt, ein befriedigendes Pay-off fehlt. Man verarscht uns für unsere Wünsche und Hoffnungen.

Dabei stimmt ausgerechnet das Erzähltempo kein bisschen. Die Serie verheddert sich zunehmend in unnötiger Exposition, muss auch für den letzten Dorftrottel alles bis ins kleinste Detail erklären und verliert die eigene Handlung aus den Augen. Die vorletzte Folge ist letztlich nur dafür da, noch mehr zu erklären, treibt die gesamte Handlung aber praktisch nicht voran. Wichtig ist aber vor allem, dass unsere Antagonistin jede einzelne, der eigentlich gut gemachten (wenn auch unnötigen) Flashbacks in Wandas Vergangenheit wieder in Worte fassen muss (also genau das wiederholt, was wir gerade gesehen haben) und so den Impact stiehlt. Im Finale selbst ändert sich an „Miss Exposition“ nichts. Dieses unstete Pacing ist gerade dann ein Problem, wenn in der letzten Folge aus dem Nichts ein Handlungsstrang um Wanda als Hexe und ihre Rolle im Untergang der Welt entsteht, der nicht die Zeit bekommt die er benötigt, um wirklich einen Eindruck auf den Zuschauer machen zu können. Das wirkt an den Haaren herbeigezogen und bricht die Immersion.

WandaVision: Paul Bettany als Vision
WandaVision: Paul Bettany als Vision © Disney/Marvel

Ich bin es so leid, mich immer und immer wieder über dieselben Probleme im MCU aufzuregen, und doch muss ich es noch einmal machen. Marvel bekommt einfach zu selten wirklich gute dritte Akte hin. „WandaVision“ ist in seinem eigenen nicht mehr als eine Kopie der Kinofilme. Statt stimmungsvollem Mystery und witziger Comedy, mit der uns die Serie lange unterhielt, erwarten uns hier schon wieder nur mittelmäßig animierte CGI-Eskapaden mit schwacher Action, die üblichen motivations- und persönlichkeitslosen Antagonisten (ich bin mir nicht einmal über deren Pläne wirklich im Klaren), während selbst emotionalere Szenen von dämlicher Exposition und schwülstigen Dialogen Teil ihrer Wirkung verlieren. Viele Figuren, die wir bereits in anderen Projekten kennengelernt haben, sind hier nur als Fanservice verbaut, auch wenn schwer zu verstehen ist, warum ausgerechnet diese Charaktere die Rolle erfüllen sollen. Jede Figur handelt nur im Sinne der Handlung, hat aber keine eigene Geschichte, die auserzählt wird. Keiner wächst, hat mit wirklichen Problemen zu kämpfen und steht vor schwierigen Entscheidungen. So funktioniert Drehbuchschreiben nicht! Am schlimmsten finde ich dabei sogar noch, dass WandaVision nicht einmal die ganze Geschichte erzählt, sondern letztlich wieder einmal nur existiert, um in Zukunft noch mehr Filme vorzubereiten. Konsequenzen, wenn man sie als solche bezeichnen will, existieren wie immer nur, um Sequels aufzuziehen. So hat Monica Rambeau im Kontext dieser Geschichte keine wirkliche Existenzberechtigung, ihr aufgebauter innerer Konflikt verläuft ins Nichts, sie kommt aber trotzdem vor, damit man Captain Marvel 2 teasern kann. White Vision fliegt sogar direkt davon in seinen nächsten Film. Jimmy Woos Rolle fällt zwar größer aus, soll aber vor allem unsere wohligen Erinnerungen an Ant-Man and the Wasp wecken, wenig überraschend konnte ich die bei mir allerdings nicht finden.

WandaVision: Elizabeth Olsen als Scarlet Witch
WandaVision: Elizabeth Olsen als Scarlet Witch © Disney/Marvel

Warum also enttäuscht „WandaVision“ so sehr? Nun ja. Es liegt vielleicht an dem wissentlichen Enttäuschen der Hoffnungen vieler Fans. Was nicht so schlimm wäre, wenn das Endprodukt selbst überzeugen könnte. Denn aus der mutigen und spannenden Idee wird zunehmend der übliche Marvel-0815-Kram, während das Pacing zum Teil erliegt, dann aber wieder auf Lichtgeschwindigkeit erhöht wird. Und dennoch, nach all dieser Kritik, habe ich viele Etappen dieser Reise sehr genossen, nur das Ziel selbst eben nicht wirklich.

von Sebastian Stegbauer

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