The Banshees of Inisherin – Filmkritik

Colin Farrell und Brendan Gleeson in THE BANSHEES OF INISHERIN
Colin Farrell und Brendan Gleeson in THE BANSHEES OF INISHERIN. Photo Courtesy of Searchlight Pictures. © 2022 20th Century Studios All Rights Reserved.

Die Kritik:

Wie Martin McDonagh in The Banshees of Inisherin nun bereits zum vierten Mal Komödie und Tragödie miteinander verbindet, ist in der heutigen Kinolandschaft eigentlich unerreicht. Düstere Themen, wie die Furcht vor der eigenen Vergänglichkeit, werden kongenial in aberwitzigen Situationen und Dialogen aufgearbeitet. McDonagh versteht einfach wie nahe zwei so vermeintlich gegensätzliche Emotionen dann doch zusammenliegen.

Allgegenwertig ist hier die Trauer über eine alte Freundschaft, die im Laufe der Jahre zerbröckelte. Die Trauer über zwei Menschen, sich einst so sehr liebten, sich nun aber schlicht und ergreifend auseinandergelebt haben. Colin Farrell und Brendan Gleeson verkörpern dieses so ungleiche Duo an Protagonisten vor dem Hintergrund des Irischen Bürgerkriegs in den vielleicht besten Leistungen ihrer Karrieren.

Kerry Condon und Barry Keoghan in THE BANSHEES OF INISHERIN
Kerry Condon und Barry Keoghan in THE BANSHEES OF INISHERIN. Photo Courtesy of Searchlight Pictures. © 2022 20th Century Studios All Rights Reserved

Nach einer lebenslangen innigen Freundschaft beschließt Colm (Gleeson) scheinbar aus heiterem Himmel diese zu beenden. Oder geschieht das gar nicht so plötzlich wie es sich Pádraic (Farrell) ausmalt? Nach und nach arbeitet McDonagh auf, wie wenig diese beiden Menschen zusammengehören. Und so stellt sich die Frage … War diese Freundschaft je, was sich der gutmütige, aber einfache Pádraic eingebildet hat? Eine einfache Antwort gibt es darauf nicht. Ebenso wenig wie es sie im echten Leben gibt.

Da die fiktive Insel Inisherin als Schauplatz aber nur sehr wenig Raum bietet, um Abstand voneinander zu gewinnen, eskaliert die Situation wie es für McDonagh typisch ist eben auf aberwitzige und doch so tieftraurige Weise beinahe im Minutentakt zunehmend. Pádraics Unfähigkeit all dies zu akzeptieren, ist sicher bedingt durch die herzlose und beinahe schon grausame Art Colms, zeugt aber auch von einer tiefen Unreife. Die Entscheidung Colms, diese Freundschaft zu beenden, fußt dabei auf einem Trieb und einem Gefühl, das ein jeder Zuschauer nur allzu gut verstehen dürfte. Und so gewinnen beide unserer Hauptfiguren eine mitreißende Tiefe. Wir verstehen beide, fühlen mit beiden mit und können beide dennoch für ihr Verhalten ein Stück weit auch verurteilen.

Brendan Gleeson in THE BANSHEES OF INISHERIN
Brendan Gleeson in THE BANSHEES OF INISHERIN. Photo Courtesy of Searchlight Pictures. © 2022 20th Century Studios All Rights Reserved

McDonagh fängt dabei die Schönheit dieser Insel gleichermaßen gekonnt ein, wie die intimen Momente der Trauer und Reue, und kontrastiert all dies stets geschickt mit dem immer wieder anklingenden Kanonenfeuer des Krieges auf der irischen Hauptinsel. Anfangs noch verzaubert er uns mit der malerischen Landschaft Inisherins, doch zeigt er nach und nach auch die Gleichförmigkeit und Monotonie dieser auf (ganz ähnlich wie er es einst mit Brügge machte). Erneut vereint er zwei vermeintlich unvereinbare Gefühle miteinander.

Zunehmend wird dabei jedoch auch eine Reihe an denkwürdigen Nebenfiguren entwickelt, die sich narrativ und thematisch perfekt in den Film einfügen. Dabei stachen für mich gerade Kerry Condon als Pádraics intelligente aber auch still leidende Schwester Siobhan heraus und der einfältige, aber gequälte Dominic (Barry Keoghan) heraus. All diese Figuren haben sich den Herausforderungen des Lebens oft mehr schlecht als recht gestellt, werden nun aber endgültig vor die Frage gestellt, wie sie ihr restliches Leben führen sollen, und wie man sich nach ihrem Tod an sie erinnern wird. Es ist eine herzzerreißende Freude sie dabei zu beobachten.

Filmwertung
8.5/10

Kurzfassung

Wortwitz, brillante Situationscomedy und Kreativität.

Fazit:

Martin McDonagh gelingt in seinem vierten Film zum vierten Mal ein mitreißendes Kunstwerk über die kleinen und doch so wichtigen Dinge im Leben. The Banshees of Inisherin mag zwar sein vielleicht traurigster Film bisher sein, sprudelt dennoch wieder so vor Wortwitz, brillanter Situationscomedy und Kreativität. Besser als vielleicht jeder andere lebende Filmemacher versteht sich McDonagh darauf all das miteinander zu verbinden!


von Sebastian Stegbauer

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