James Bond: Casino Royale – Filmkritik

James Bond: Casino Royale - Artwork
James Bond: Casino Royale - Artwork © MGM

Die Kritik:

Unser aller Lieblingsagent mit der Lizenz zum Töten hatte es Ende der 90er und Anfang der Nuller Jahre wirklich nicht einfach. Die Pierce Brosnan-Ära ließ viele Fans versauert zurück, gerade mit dem desaströsen Stirb an einem anderen Tag konnte sich niemand so wirklich anfreunden. So brauchte es nach einem unsichtbaren Auto, riesigen Wellen aus der CGI-Hölle und einer gesichtsverändernden Witzfigur eines Superschurken, der einen Laser aus dem Weltall abfeuern konnte und noch dazu Blitze mit seinem Anzug, eine deutliche Kurskorrektur.

Und bereits die Eröffnungssequenz in Casino Royale legt meisterhaft die Basis dafür. In atmosphärischem Schwarz-Weiß gehalten, wird eine Parallelmontage eröffnet, deren Spannung sich stetig steigert – zwischen einer knochenharten Schlägerei in einem Badezimmer und der eiskalten Ermordung eines korrupten MI6-Vertreters (als Bond hierbei den Abzug drückt, wird einige wenige Frames lang übrigens auf ein Familienfoto seines Opfers gehalten) – und sich schließlich in einem brillanten Übergang in die Opening Credits entlädt. Hierbei wird klar mit was für einer Art 007 wir es in dieser Neuinterpretation zu tun bekommen. Dieser Bond ist ein Killer! Die längst ikonische Parkoursequenz, die auf Chris Cornells „You Know My Name“ (einem meiner Favoriten unter den Bond-Titelsongs) folgt, unterstreicht dies noch zusätzlich und erweitert unseren Titelhelden dabei jedoch noch um weitere Facetten. Bond ist eine Waffe, wird von seinem Ego getrieben und ist doch auch so viel mehr als nur das.

Denn trotz all der Gewalt, dem Tod und seiner Kaltblütigkeit ist er noch immer ungemein verletzlich und greifbar. Er zieht einen Schutzpanzer um sich auf, der im Laufe der Handlung von einer großartigen Eva Green als Vesper Lynd durchbrochen wird. Denn James Bonds Charakter und seine Beziehung zu seinen Mitmenschen steht hier mehr im Mittelpunkt als üblich – und das zahlt sich auch aus. Casino Royale gestaltet sich in der Folge in seinen lauten Momenten gleichermaßen mitreißend, wie auch in den ruhigen und zärtlichen.

In der Action orientiert man sich offensichtlich etwas an der Bourne-Reihe, die zu dieser Zeit ihre Siegesrunden um die Welt zieht, ohne diese jedoch lediglich nachzuahmen. Man findet eben seinen eigenen Weg, die Action im richtigen Maße geerdet zu gestalten und stets praktisch umzusetzen, und sich dennoch zunehmend auf faszinierende Weise eskalieren zu lassen. Regisseur Martin Campbell weiß dabei genau, wann schneller geschnitten werden muss, um die Dynamik und Hektik der Szene einzufangen und wann ein atemberaubender Stunt auch einmal in einer weiten Einstellung einfach mal stehen darf. Wichtig ist dabei aber immer, dass es nicht nur knallt, sondern nebenbei auch über die eigenen Figuren erzählt wird und jede Szene eine in sich sinnvoll strukturierte Geschichte liefert.

Die bereits erwähnte Parkoursequenz beginnt dabei spannungsgeladen, und eskaliert zunehmend, bis sich schließlich 007 und der Bombenleger eine kurze atemberaubende Prügelei auf einem Kran liefern, was kurz darauf in der wenig subtilen Infiltration einer Botschaft endet. Die Handlungen unseres Protagonisten verraten uns nebenbei dann auch so vieles über seinen Charakter. Genau so funktioniert gutes Action-Storytelling! Und nach diesem Motto funktionieren alle Set-Pieces in Casino Royale. Abwechslungsreich, clever strukturiert und stets mit Fokus auf die Charaktere.

So wird Bond eben sowohl auf körperlicher Ebene, als auch auf emotionaler, auf Schritt und Tritt herausgefordert – und kein Mann dürfte diesen Aspekt des Films besser verkörpern als Le Chiffre, der gerade für Bonds Ego in den erstaunlich spannenden Pokerszenen eine echte Bedrohung darstellt. Während Daniel Craig stets Bonds menschliche Seite herausarbeitet, ergibt Mads Mikkelsens Schauspiel einen ungemein beängstigenden und doch so erschreckend greifbaren Gegenspieler, dessen Präsenz noch lange nachwirken darf – und das nicht nur dank einer der für alle Männer wohl schmerzhaftesten Szenen der Filmgeschichte.

Filmwertung
9.5/10

Fazit:

Casino Royale dekonstruiert James Bonds Charakter auf brillante Weise, und lässt ihn so umso greifbarer wirken. Erst durch die ruhigen Momente voller Verletzlichkeit und menschlicher Nähe wirken die großen und lauten umso mehr. Für mich ergibt diese Mischung dann auch meinen persönlichen Liebling unter den Bond-Filmen. Nicht zuletzt wegen diesem so niederschmetternden Finale…


von Sebastian Stegbauer

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