Filmkritik zu Madame Web

Dakota Johnson in Madame Web
Dakota Johnson in Madame Web © 2024 Sony Pictures

Die Kritik:

Das Jahr ist noch jung, doch die Dichte an wirklich schlechten Filmen ist bereits erschreckend hoch: „The Beekeeper“, „The Palace“, „Argylle“ oder „Lisa Frankenstein“ waren da schon einige nennenswerte filmische Tiefschläge, wobei ersterer zumindest noch auf seine sehr spezielle Weise verdammt viel Spaß macht. Das alles toppt nun aber der nächste Superheldenfilm über eine Figur, die wohl kaum obskurer im Marvel-Kanon versteckt sein könnte – „Madame Web“. Wer gedacht hätte, dass das bereits angezählte Genre nicht noch tiefer sinken könnte, der hat sich getäuscht. Bei der zur Vorlage stark abgewandelten Story über die 1980 erstmals in Comics erwähnte Figur kommen sogar unmissverständliche „Catwoman“-Vibes hervor. Doch auch, wenn „Madame Web“ einige unfreiwillig komische Momente bereithält, wiegt am stärksten, dass der Film eben auch einfach sehr, sehr langweilig und lahm ist.

1973, der peruanische Amazonas: Die hochschwangere Constance Webb (Kerry Bishé) ist auf der Suche nach einer sagenumwobenen und äußerst seltenen Spinne, die unschätzbaren medizinischen Wert haben soll. Über den Nutzen der achtbeinigen Wunderkreatur weiß aber auch Constances Schutzgesandter Ezekiel Sims (Tahar Rahim) Bescheid, der die junge Frau nach ihrem Spinnenfund ermordet und sich dem Tier ermächtigt. Einem einheimischen schamanischen Stamm gelingt es dann in einer Art mystischen Wassergeburt sogar noch das Cassandra getaufte Kind aus dem Mutterleib zu retten.

Celeste O'Connor, Dakota Johnson, Anya Corazon und Sydney Sweeney
Celeste O’Connor, Dakota Johnson, Anya Corazon und Sydney Sweeney © 2024 Sony Pictures

Dreißig Jahre später rast Cassie (Dakota Johnson) mit ihrem Partner Ben (Adam Scott) als Rettungssanitäterin durch die Straßenschluchten New Yorks. Als es zu einem Unfall und Cassandras Beinahetod kommt, beginnt sie seltsame Erscheinungen zu erleben, die sich wie Déjà Vus anfühlen: Scheinbar hat die junge Frau die Macht eines Spinnensinns, der sie ermächtigt, ein paar Momente in die Zukunft sehen zu können. Derweil hat sich auch Spinnendieb Ezekiel in New York City eingelebt. Dieser hat sich scheinbar – keinen Tag gealtert – die Spinnenkräfte gewinnbringend angeeignet und lebt als reicher Schnösel in der oberen Elite der Metropole eingenistet. Von Visionen seines Todes im hohen Alter durch die Hände dreier unbekannter junger Frauen gepeinigt, nutzt er seine Superüberwachungstechnologie, um die zukünftigen Täter ausfindig zu machen. Dabei handelt es sich um das Trio um Julia (Sydney Sweeney), Mattie (Celeste O’Connor) und Anya (Isabel Merced), die Ezekiel ausschalten will, bevor es zu der schicksalhaften Tat kommen kann. Hier kreuzen sich nun die Wege zufällig mit Cassie, die die drei Mädels gerade noch vor dem Fiesling retten kann…

Fasst man die Prämisse von „Madame Web“ zusammen, wird unzweifelhaft deutlich, dass man hier eine komplett absurde Story zusammengeschustert hat, die einfach nicht den geringsten Sinn ergibt. Logische Zusammenhänge, plausible Charakterentwicklung oder auch ein effektiver Spannungsaufbau entpuppen sich hier als waschechte Fremdwörter. Alles hier ist reine Behauptung, während auch der expliziteste und ungelenkste Expositionsdialog keine Klarheit verschaffen kann. Das beginnt im Amazonas und führt sich konsequent bis zum Pepsi-Werbebanner-einstürzenden Ende fort.

Dakota Johnson will man ja durchaus mögen, aber sie funktioniert scheinbar einfach als interessante Nebenfigur in exzentrischeren Filmen besser (Ihre Protagonistin in „Suspiria“ ausgenommen). In dieser undankbaren Hauptrolle fühlt sie sich sichtbar unwohl, so, als wolle sie gar nicht im Mittelpunkt stehen, geschweige denn diese Rolle verkörpern. Meistens muss sie in „Madame Web“ wegen der immer wiederkehrenden Zukunftsvisionen ohnehin nur verwirrt und bedröppelt aus der Wäsche schauen. Gerade diese oft unbeholfene Art macht aber auch einen gewissen Charme aus.

Sydney Sweeney
Sydney Sweeney © 2024 Sony Pictures

Eine liebenswürdige Glaubwürdigkeit strahlt die mit trockenem Augenzwinkern über allem stehende Johnson also aus, während ihr Antagonist wohl den lachhaftesten Vertreter seiner Zunft der letzten Jahre darstellen darf. Der sonst so still kraftvolle Tahar Rahim („Ein Prophet“, „Der Mauretanier“) portraitiert hier eine Bösewicht-Figur, die zu keiner Sekunde nachvollziehbar oder gar furchteinflößend ist. Er ist eine leere Hülle, die ausschließlich hölzerne Expositionsmonologe aufsagen muss und zu allem Übel auch noch offensichtlich in der Originalversion höchst plump nachsynchronisiert wurde. Was dieser Ezekiel eigentlich beruflich macht, warum er ausgerechnet in New York gelandet und dabei scheinbar keine Sekunde seit 1973 gealtert ist (Spinnenkräfte?) oder warum er über „The Dark Knight“-artige State-oft-the-Art-Überwachungstechnologie verfügt, erklären Debütregisseurin S.J. Clarkson und ihr Film einfach nicht.

Besser schneidet dann das besagte (alterstechnisch behauptete) Teenager-Trio um Shootingstar Sydney Sweeney ab: Alle drei Performerinnen gefallen mit Natürlichkeit und gegenseitiger Chemie, wodurch hier zumindest so etwas wie ein Anflug von Charme aufkommt. Die merkwürdig unfreiwillige mentorartige Beziehung mit Cassie, die dank ihrer Visionen die drei Mädels aus der U-Bahn rettete, hat dann aber auch etwas. Hier treffen sich vier verlorene Seelen, die zufällig eben alle aus dem Waisenhaussystem kommen und dadurch eine starke Verbindung aufbauen können.

Doch das hilft alles nichts und macht auch noch kein emotionales Zentrum, denn „Madame Web“ verfügt einfach über keinerlei innere Spannung oder erzählerischen Drive, sodass dieser Film einfach zwei Stunden lang nur leb- und antriebslos vor sich hin dümpelt. Er ist somit nicht mal die Art von so-schlecht-dass-er-wieder-gut-ist-Film, denn die unfreiwilligen Lacher sind dann auch wieder zu selten, um hier etwas rauszureißen. All das belanglose Getöse lässt einen schlichtweg komplett gleichgültig. Die Actioninszenierung von Clarkson ist darüber hinaus passenderweise so generisch wie lust- und einfallslos, der größte Clou ist dann wohl noch die nervig umherdrehende Kamera von Oscar-Preisträger Mauro Fiore.

Man könnte meinen, dass das ohnehin schon nahezu scheintote Superheldengenre so einen vorläufigen Todesstoß erhalten hat. Dafür ist dieser völlig belanglose Film dann aber auch wieder schlichtweg zu sehr eine Randnotiz, die ganz schnell auch wieder in Vergessenheit geraten wird. Die bereits in Ezekiels angeteasten und fremdschämigen Visionen von einem Spinnenfrau-Trio, die sich immer wieder im Verlauf des Films andeuten, wirken dann schon fast wie eine Drohung vor weiteren Fortsetzungen.

Filmwertung
3.5/10

Kurzfassung

„Madame Web“ bietet in nahezu allen Belangen unterdurchschnittliches Superheld(inn)enkino, das schon jetzt ein Top-Garant für einen der schlechtesten Filme des Jahres ist.

Fazit:

„Madame Web“ ist ein ärgerlicher weiterer Tiefpunkt im kriselnden Superheldengenre. Zu keinem Zeitpunkt gibt Debütregisseurin S.J. Clarkson dieser Figur oder diesem Film eine nachvollziehbare Existenzberechtigung. Stattdessen dümpelt hier ein belang- wie sinn- und zusammenhangloses Desaster vor sich hin, das wohl sehr schnell auch wieder in Vergessenheit geraten wird.


von Florian Hoffmann

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