Filmkritik zu „Immaculate“

Sydney Sweeney in Immaculate
Sydney Sweeney © Capelight

Die Kritik:

So eine christliche Ordensgemeinschaft wie eben ein Kloster mit seinen alten Mauern und strengen wie eremitischen Lebensregeln bietet von Natur aus schon Stoff für unheimlichen Grusel. Diesen melkt auch Regisseur Michael Mohan mit seinem Film „Immaculate“ genüsslich aus. Die Geschichte der jungen amerikanischen Ordensschwester Cecilia (Sydney Sweeney), die ihre Heimat in Michigan Richtung ländliches Italien verlässt, um dort ihr neues Zuhause in einem uralten Kloster zu finden, bietet betont klassische wie durchaus zünftige Horrorkost. Doch wer ernstzunehmende oder gar originelle Unterhaltung sucht, wird in diesem hochgradig hanebüchenen wie vor Klischees überbordenden Hochglanz-Schocker wohl kaum fündig werden.

Sie ist gerade überall und wird es wohl auch noch eine ganze Weile sein: Sydney Sweeney. Nach ihren TV-Erfolgen der letzten Jahre in „Euphoria“, „Sharp Objects“ und „The White Lotus“ wird Sweeney aktuell in kürzester Zeit in zahlreichen Filmen platziert, allen voran dem langlebigen Überraschungserfolg „Wo die Lüge hinfällt“ oder dem starken Kammerspiel „Reality“. Dass Sweeney wandelbar ist, hat sie mit ihren grundunterschiedlichen Parts bewiesen, doch die Rolle als fromme Nonne in „Immaculate“ erreicht dann nun wohl doch die Grenzen der Glaubwürdigkeit. Auch wenn der Film auf ihre Schönheit und körperlichen Reize dialogisch Bezug nimmt – so kommentiert einer der italienischen Zollbeamten, der sie zu ihrem Aufenthalt befragt „Was für eine Verschwendung“ – hängt ihre Präsenz immer über dem Gezeigten. Dennoch ist es ihr zu verdanken, dass dieser ziemlich alberne Horrorstreifen nicht ganz in sich zusammenfällt.

Sydney Sweeney
Sydney Sweeney © Capelight

In dem Erotikthriller „The Voyeurs“ konnte sich Regisseur Michael Mohan bereits vor ein paar Jahren (ebenfalls mit Sydney Sweeney) im totgeglaubten Hollywood-Großstadthriller stilistisch austoben. Doch dort wie nun auch in „Immaculate“ spürt man dem Filmemacher an, wie er sich respektvoll vor zahlreichen Vorbildern wie Adrian Lyne, Alfred Hitchcock, Brian De Palma, Dario Argento oder Paul Verhoeven verneigen möchte, dabei aber keine eigene Stimme findet. Handwerklich sind seine Filme gelungen, doch man spürt den Regisseur förmlich hinter der Kamera arbeiten, wie er versucht halbgare Ideen inszenatorisch interessant umzusetzen ohne dabei aber ein organisches Ganzes zu erschaffen. Heraus kommt insbesondere bei „Immaculate“ nun ein Film, der tonal äußerst unentschlossen wirkt – soll man hier lachen oder nimmt sich das Ganze doch einfach zu ernst?

Der Beginn ist noch ganz vielversprechend, da ernsthaft beklemmend: Hier versucht eine junge Ordensschwester nachts aus dem noch unbenannten Kloster zu entfliehen – warum, erfährt man nicht, doch es sollte wenig überraschend sein, dass es hier nicht besonders christlich zugeht. Auch wenn man so etwas nun schon in verschiedenen anderen Filmen gesehen hat, sollten Menschen mit Klaustrophobie hier schon eine erste Bewährungsprobe erwarten.

Álvaro Morte
Álvaro Morte © Capelight

Dann heftet sich der Film an Cecilia, die in das ihr unbekannte Land einreist und eher schroff in ihrer neuen und von Beginn an zwielichtigen Gemeinschaft empfangen wird. Sweeney portraitiert diese junge Frau sehr sympathisch mit großen Augen und einer süß-sympathisch-verletzlichen Naivität. Sie fällt so nicht nur wegen ihrer ausländischen Herkunft auf und es dauert ein wenig, bis sie Anschluss findet. Schnell geschehen in dem abgeschiedenen Konvent dann die genretypischen seltsamen Vorkommnisse, die Regisseur Michael Mohan mit ebenfalls obligatorischen, aber auch stellenweise durchaus gekonnt platzierten Jumpscares garniert. Albtraumhafte Visionen suchen Cecilia heim, während die Atmosphäre in den finsteren Gemäuern immer bedrückender wird. Mohan findet hier manche gute Bilder und generiert auch eine angenehm unwohle Atmosphäre, ohne aber wirklich jemals ein Gänsehautgefühl oder echten Grusel aufzubauen. Hier bleibt einfach alles frustrierend an der Oberfläche.

Wie so oft funktioniert das alles solange ganz gut, wie Geheimnisse noch welche sind und alles schön mysteriös ist. Was führen die Ordensväter und Ordensmütter hier wirklich im Schilde? Was hat es schließlich mit der sensationellen unbefleckten Empfängnis von Schwester Cecilia auf sich? Warum darf Cecilia das Gelände nicht verlassen, um etwa ein Krankenhaus aufzusuchen? Hier zieht Mohan durchaus die Temposchrauben an, aber natürlich wird es dabei auch zunehmend haarsträubend absurd. Richtige Spannung oder echter Horror kommen hier einfach nicht auf, da helfen auch manche deftige Splattereinlagen nichts. Wie eingangs erwähnt, ist Mohan ein technisch versierter, aber eben leider völlig durchschnittlicher Regisseur, der nur Versatzstücke aneinander klatscht, ohne aber ein echtes Gefühl von Beklemmung oder gar emotional-erzählerisches Gewicht aufzubauen.

Sydney Sweeney im Immaculate
Sydney Sweeney © Capelight

Sydney Sweeney macht mit ihrer Figur zumindest einen charakterlichen Wandel von der süß-liebenswerten Novizin zur knallharten Horror-Heroine durch. Insbesondere gegen Ende spielt sie sich hier im wahrsten Sinne des Wortes in einer bemerkenswerten langen Einstellung auf ihr blutüberströmtes Gesicht die Seele aus dem Leib. Dennoch ist „Immaculate“ dann eben nicht viel mehr wie gut produzierter Hochglanz-Trash ohne echte Seele, der, wo er dann eben schon keinen echten Horror entfachen kann, zumindest kurzweilig unterhält und den ein oder anderen – gewollten oder ungewollten – Lacher hervorrufen kann.

Filmwertung
5/10

Kurzfassung

„Immaculate“ bietet leider nur eher uninspirierte B-Horrorware, die trotz hochwertiger Bilder und einer tapfer aufspielenden Sydney Sweeney kaum Grusel oder Spannung erzeugen kann.

Fazit:

Shooting Star Sydney Sweeney ist noch das Beste an diesem leider sehr uninspirierten Kloster-Horrorstreifen, der nie echte Spannung aufbauen kann. Die klassische Aufmachung ist noch in Ansätzen lobenswert, der zunehmend völlig hanebüchene Handlungsverlauf zerstört dann aber jeden guten Willen seitens des Zuschauers.


von Florian Hoffmann

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