Die Frau im Nebel – Lieblicher Tod oder tödliche Liebe – Blu-ray Kritik

Die Frau im Nebel - Screenshot
Die Frau im Nebel - Screenshot © Plaion Pictures

Die Kritik:

Handlung:
Der Fund einer Leiche am Fuße eines Berges scheint für die ansässige Polizei nach kurzen Ermittlungen ein glasklarer Fall zu sein. Der Hobbybergsteiger sei beim Klettern abgestürzt. Der Kommissar Hae-joon (Park Hae-il) äußert jedoch Zweifel an dem vermeintlichen Unfall, da sich die hinterbliebene Witwe in seinen Augen auffällig verhält. Die Frau des Verstorbenen Seo-rae (Tang Wei) hat ein wasserdichtes Alibi, jegliche Vorwürfe kann sie mit stimmigen Argumenten widerlegen. Trotzdem untersucht er die Witwe weiterhin auf Auffälligkeiten, je mehr Zeit er aber dem Fall widmet, desto mehr ist er von Seo-rae angetan.

Kritik:
Wirft man einen Blick auf das südkoreanische Kino, so laufen einem einige großartige Filmschaffende über den Weg. Verschiedene Regisseure bewiesen bereits ihr unglaubliches Händchen für spannende Geschichten. Sei es Boon Joon-Ho, der mit Memories of Murder und dem Oscarprämierten Parasite sich weltweit einen Namen machte. 2018 lieferte Lee Chang-dong mit Burning einen der besonderen Filme des Jahres ab, über eine Frau, die von der Bildfläche verschwindet. Die Südkoreaner produzieren nicht ausschließlich Krimis und Polizei-Thriller, auf den ersten Blick liefert Park Chan-wook mit Die Frau im Nebel aber genau das. Er ist unter anderem für seine Rache-Trilogie bekannt, allen voran für Oldboy. Tonal liegt sein neuster Film in einem anderen Spektrum, auch sinkt der Gewaltgrad erheblich, was aber bleibt, ist die Finesse.

Die Frau im Nebel - Blu-ray
Die Frau im Nebel – Blu-ray © Plaion Pictures

Die Frau im Nebel ist ein Film, der den Zuschauer mit konventionellen Sehgewohnheiten herausfordert. Ein Paradebeispiel dafür ist der auffällig anders gestaltete Schnitt. Übergänge mit Match-Cuts, Szenen, die auf den ersten Blick kontraintuitiv wirken und Rückblenden mit völlig anderen Verläufen. Park Chan-wook überlässt keine Szene dem Zufall und lässt diesen Bildern auch reichlich Raum. Die Geschichte, die sich auf einer Gradwanderung zwischen Romantik und Krimi bewegt, wird auch nie voraussehbar. Ob, wie und wann die Auflösung des Falls stattfindet, bringt Spannung mit rein. Was auch funktioniert, ist die Chemie zwischen Park Hae-il (Memories of Murder, The Host) und Tang Wei (Gefahr und Begierde). Beide spielen vielschichtige Charaktere, deren Motive auf mehreren Ebenen interessant bleiben.

Aber gerade, weil die Geschichte und das Visuelle Konventionen sprengen, braucht es als Zuschauer Zeit, um abgeholt zu werden, was potenziell aber nie passiert. Ein weiterer Punkt, der den Zugang erschweren kann, ist das teils hohe Tempo. Selbst als Verfechter von Originaltonspur mit deutschen Untertiteln, empfiehlt sich aufgrund der ansonsten stattfindenden Überforderung die deutsche Synchro, die zwar eine gewohnt hohe Qualität aufweist und selbst kleine Details mit einarbeitet, die Authentizität aber einschränkt. Auch fällt das Sympathisieren mit den Figuren schwer, die zwar menschlicher nicht gezeichnet sein könnten, deren Taten aber teils nicht vertretbar sind. Park Chan-wook ist sich dieser Tatsache aber sichtbar bewusst, denn die Figuren reflektieren über deren Ambivalenz und thematisieren diese.

Die Frau im Nebel ist nicht, wie es die Medien versprechen, der neue Parasite, denn beide Filme sind auf ihre Weise unglaublich individuell. Park-Chan-wook gelingt es in einem Film, in dem die Prämisse ein Mordfall ist, seinen Höhepunkt in einem Moment zu finden, welcher nicht weiter von diesem anfänglichen Tod entfernt sein könnte. Nach 6 Jahren Stillstand in seiner Filmographie kommt er mit einem Film zurück, bei welchem nicht jeder den Anschluss finden wird. Wer sich aber darauf einlassen kann, den erwarten wirklich beeindruckende 138 Minuten.

Bild:

Diesen Film sollte man sich schon allein für den Schnitt und die Kamera ansehen. Ein Werk, bei welchem man sich jedes Standbild problemlos an die Wand hängen könnte.

Ton:

Während die deutsche Tonspur lediglich in Audio 5.1 enthalten ist, gibt es die Koreanische in Dolby Atmos. Die deutsche Synchronisation ist auf gewohnt hohem Standard und wird beim ersten Sichten empfohlen.

Extras:

Die Amaray kommt in schicker weiß-transparenter Optik daher, was manch einer als störend im Regal empfinden kann. Wirft man einen Blick auf die Extras, scheinen diese das Speicherlimit der Disc zum Platzen zu bringen. Highlights sind dabei die insgesamt 30 Minuten Interviewszenen in Cannes und New York, sowie das VFX-Reel. Neben Trailern in diverser Form sind außerdem noch mehrere kurze Clips enthalten. Das Behind the Scenes Material während der Dreharbeiten fällt leider etwas dünn aus, bei diesem Umfang an Extras will man sich aber keinesfalls beschweren. Ebenfalls erhältlich sind zwei Mediabooks zum Film, welche auch die 4K-Fassung beinhalten.

Blu-ray Wertung
  • 8/10
    FIlm - 8/10
  • 9/10
    Bild - 9/10
  • 8/10
    Ton - 8/10
  • 9/10
    Extras - 9/10
8.5/10

Kurzfassung

Romantischer Thriller über eine verdächtige Witwe.

Fazit:

Müsste man Die Frau im Nebel in einem Wort beschreiben, wäre es „edel“. Durch die Inszenierung, die Bilder und die wirklich ausgeklügelte Geschichte reiht er sich ein in die Vielzahl von sehenswerten koreanischen Filmen.


von Thomas Stadler

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