The Lodge – Filmkritik: Die Psyche einer Patchworkfamilie

Draußen lauert das Unbekannte
Szene aus The Lodge © SquareOne Entertainment

Die Kritik:

The Lodge - Teaserposter
The Lodge – Teaserposter © SquareOne Entertainment

„The Lodge“ ist auf dem ersten Blick ein Horrorfilm über zwei Geschwister, die mit ihrer Stiefmutter alleine in einer Hütte im tiefen Winter Weihnachten verbringen. Einige Dinge laufen schief und man vermutet sofort etwas Übernatürliches. Man kennt die Geschichte…Personen, einsame Hütte, Übernatürliches.

Jedoch macht dieser Film einige Sachen grundlegend anders! Am Anfang wird eine drückende, fast schon melancholische Stimmung etabliert und der Zuschauer muss zwangsweise die Hoffnung haben, dass dieser Streifen nicht in den Horror abdriftet, nicht zum schlechten Splatter wird. Viel lieber würde man sich an einer fein inszenierten Familientragödie ergötzen. Sicherlich mit dem kürzlich erschienen „Marriage Story“ im Hintergrund freut man sich schon von den Qualen, welche ein Scheidungsdrama für den Zuschauer bereit hält verschlungen zu werden. Doch dann kommt eben trotzdem der Horrorteil und man ist hin und her gerissen. Denn auch die Stimmung in der einsamen Hütte und der (teils auch ganz weltliche) Konflikt scheinen die Szenerie zu überschatten. Spannend, mitreißend, aber definitiv noch nicht gruselig.

Überraschend gut nimmt dabei Kameramann Thimios Bakatakis das Geschehen auf. Man könnte meinen er orientiere sich am Stil eines „Hereditary“ – mit all seiner Puppenhausoptik und den sauberen, stillen Einstellungen. Dies ist jedoch wohl kaum möglich, da der Film bereits im jüngeren 2019 auf einigen Festivals gezeigt wurde und dementsprechend relativ parallel zum Horrormeisterwerk von Ari Aster gedreht worden dürfte.

„Grace (Riley Keough) erlebt ihren ganz persönlichen Horror
Grace (Riley Keough) erlebt ihren ganz persönlichen Horror © SquareOne Entertainment

Ein Großteil der Raffinesse ist sicherlich auch auf die teils jungen Schauspieler zurückzuführen – allen voran der noch sehr unbekannten Jungdarstellerin Lia McHugh, die wir heuer erneut im MCU-Blockbuster „Eternals“ bestaunen dürfen. Sie spielt alle anderen Darsteller an die Wand und hätte durchaus einige Preise für ihre Performance verdient. Aber auch Jaeden Martell, der bereits im Horrorerfolg „Es“ dem Losersclub beitreten durfte und dieses Jahr bereits im grauenvoll inszenierten „Knives Out“ mitspielte ist der schauspielerische Erfolg nicht von der Hand zu weisen. Er spielt großartig. Letztendlich gibt auch Riley Keough eine wunderbare Performance ab. Sie kennt man bereits aus „Mad Max: Fury Road“ oder dem abstrakten Meisterwerk „Under the Silver Lake“.

Leider verliert sich dieser Film am Ende in eine Idee, die er vielleicht nicht hätte treffen sollen. Die Charaktere benehmen sich plötzlich sehr unlogisch und es werden dem Zuschauer Informationen zurückgehalten, die er vielleicht lieber hätte erfahren sollen. Sehr gruselig wird dieser Horrorteil des Films dann leider auch nicht und so endet der Film zwar sehr, sehr spannend, aber der Weg zum Ende wirkt im Nachhinein sehr ermüdend.

Richard Armitage in The Lodge
Richard Armitage in The Lodge © SquareOne Entertainment

Schade für Regisseurin Veronika Franz und ihren Kollegen Severin Fiala, von denen man definitiv behaupten kann, dass sie rein aus dem Horrorsegment kommen. Die beiden sollten vielleicht einmal überlegen in eine andere Schiene zu wechseln. Dramen und Tragödien, Filme bei denen man kein gutes Gefühl haben möchte, Filme, die einem den Atem stocken lassen sollen.

Filmwertung
8/10

Kurzfassung

Eine Sehempfehlung für alle, die nicht den großen Horror brauchen und lieber eine wenig in die Psyche einer Patchworkfamilie abtauchen wollen.

Fazit:

Alles in allem ist „The Lodge“ ein wirklich guter Film, wenn er nicht versucht ein Horrorfilm zu sein. Genau dann, wenn das Zwischenmenschliche einsetzt und das Übernatürliche Pause hat – genau dann entwickelt der Film sein volles Potential und überzeugt auf ganzer Linie. Die Schauspieler liefern eine großartige Performance ab und ich bin überzeugt davon, dass in jedem Zuschauer ein kleiner Riley Keough-Fan steckt. Eine interessante, saubere Kameraarbeit vollendet den Look des Films und sorgt für ein beklemmendes Gefühl in der Magengegend. Eine Sehempfehlung für alle, die nicht den großen Horror brauchen und lieber eine wenig in die Psyche einer Patchworkfamilie abtauchen wollen.


von Jan Welsch

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