Possessor – intelligenter Science Fiction-Horror

Possessor - Andrea Riseborough
Possessor - Andrea Riseborough © Kinostar

Die Kritik:

Possessor - Filmposter
Possessor – Filmposter © Kinostar

Okay, was war das gerade? Nach den Credits musste ich mir erst einmal etwas Zeit nehmen, um meine Gedanken zu sortieren und den Film wirklich zu verstehen. Doch eines war mir fast von der ersten Einstellung an klar. Possessor ist harter, brutaler, aber auch durch und durch intelligenter Science Fiction-Horror, den Genre-Fans und Cineasten auf jeden Fall sobald wie möglich auf der großen Leinwand erleben müssen.

Dabei eröffnet Regisseur und Drehbuchautor Brandon Cronenberg innerhalb Sekunden eine faszinierende Welt, wirft zahlreiche Fragen auf und zieht so die Aufmerksamkeit des Publikums vollkommen auf seine Seite, wenn man sich auf diese Art Film einlassen kann. Possessor ist dabei durch und durch klassischer Body-Horror. Ein Genre, das einst durch Brandons Vater und Regielegende David Cronenberg gegründet wurde. Erneut wird mit dem Kontrollverlust über den eigenen Körper gespielt, mit tiefsitzenden menschlichen Urängsten, dabei wird die aber Thematik aber merklich in das 21. Jahrhundert geholt. Motive wie die allumfassende Überwachung und der Eingriff in die Privatsphäre sind allgegenwärtig.

Possessor - Christopher Abbott
Possessor – Christopher Abbott © Kinostar

So würzt Cronenberg seine schaurige Narrative, rund um die Auftragskillerin Tasya Vos (Andrea Riseborough), die dank Implantaten die Kontrolle über andere Menschen übernehmen kann, und so ihre Ziele ausschaltet, mit einer gehörigen Portion Kapitalismus- und Konsumkritik. Unsere Protagonistin findet in der normalen Welt nicht die Aufregung, die sie wirklich erfüllt. So ergötzt sie sich lieber an einer Welt voller Gewalt (die immer wieder eine sexuelle Konnotation erhält), in der sie sich zunehmend verliert. Die Ablenkung bzw. die Flucht aus der monotonen, alltäglichen Welt bestimmt zunehmend ihr gesamtes Leben. Dabei arbeitet sie für ein beinahe gesichtsloses Unternehmen, das die Kontrolle über ein ähnlich gesichtsloses Unternehmen zu erhalten versucht, welches sich wiederum in der Überwachung seiner Kunden spezialisiert (was in einer beinahe orwellianischen Szene gezeigt wird). Dafür sollen der CEO (Sean Bean) und dessen Tochter (Tuppence Middleton) ermordet werden, indem man den Körper von deren Freund (Christopher Abbot) übernimmt, der wiederum für die Firma ihres Vaters arbeitet und so ebenfalls durch das Eindringen in die Privatsphäre anderer Menschen seine Brötchen verdient.

Possessor - Sean Bean
Possessor – Sean Bean © Kinostar

Bis zum Finale, das mit einem cleveren Zirkelschluss verstörende Implikationen in sich birgt, ergibt sich so ein komplexes Zusammenspiel aus Body-Horror, Gesellschaftskritik und Psychogramm. Immer wieder wird dabei diese ohnehin harte Welt von grausamen Ausbrüchen von ungefilterter Brutalität durchbrochen, ohne dabei aber zum Selbstzweck zu verkommen. Cronenberg sagt uns dabei etwas über die Figuren, deren Beziehungen untereinander und vor allem deren Menschlichkeit. Die Leben die Vos dabei zerstört, werden zwar von allem andere als perfekten Menschen geführt, sind aber dennoch voller Liebe und Zuneigung. Emotionen, die ihr zunehmend fremd sind. Leider funktioniert diese so aber mit zunehmender Laufzeit als Ankerpunkt für den Zuschauer immer weniger, was durchaus etwas als Kritik zu verstehen ist. Dabei spielt Cronenberg aber stets clever mit den Sympathien des Publikums.

All das (und so vieles mehr) wird dabei aber stets clever mit der Kamera erzählt. Cronenberg verzichtet auf dümmliche Exposition, sondern erzählt stets visuell in beeindruckenden, oft alptraumhaften Bildern, die noch lange nachwirken, fordert aber eben auch den Zuschauer etwas. Nicht jeder wird dafür bereit sein. Dabei stört es nur ein wenig, dass die Kameraführung in einigen Momenten etwas zu verwackelt gerät, und so das grandiose Schauspiel (allen voran Riseborough und Abbot) etwas undeutlich einfängt.

Filmkritik
8.5/10

Kurzfassung

Verdammt intelligentes Stück Genre-Kino.

Fazit:

Brandon Cronenbergh tritt mit Possessor, seinem gerade einmal zweiten Film, in die Body-Horror-Fußstapfen seines Vaters und modernisiert das Genre. Possessor ist ein unbarmherziges, düsteres, aber eben auch verdammt intelligentes Stück Genre-Kino, das eure Aufmerksamkeit und Liebe mehr als verdient hat.


von Sebastian Stegbauer

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