Der Spion: Ganz feines Spionage-Kino

CIA Agentin Emily Donovan (Rachel Brosnahan) und Greville Wynne (Benedict Cumberbatch)
CIA Agentin Emily Donovan (Rachel Brosnahan) und Greville Wynne (Benedict Cumberbatch) © Liam Daniel / Telepool

Die Kritik:

Der Spion - Poster
Der Spion – Poster © Telepool

Die Geschichte des alltäglichen Durchschnittsmanns, der durch unvorhersehbare Verstrickungen in eine größere Spionage-Geschichte gezogen wird, ist nun wirklich nichts Neues mehr. Schon Alfred Hitchcock hat damit des Öfteren gespielt (Die 39 Stufen; Der Mann, der zu viel wusste; Der unsichtbare Dritte). Auch Steven Spielberg leistete einen modernen Beitrag mit Bridge of Spies, der ja gerade einmal 6 Jahre alt ist. Man möchte meinen, dass hier eigentlich nichts mehr hinzuzufügen sei, dachte ich zumindest als ich von Der Spion zum ersten Mal hörte, auch weil genau wie bei Spielberg so eine Freundschaft zwischen zwei Menschen unterschiedlicher Nationalitäten entsteht, die den Lauf der Geschichte verändern sollte (hier sind es der westliche Kaufmann Greville Wynne und der sowjetische Würdenträger Oleg Penkowski, die jeweils fantastisch von Benedict Cumberbatch und Merab Ninidze verkörpert werden). Der Trailer weckte aber trotzdem mein Interesse. Nun muss ich immer noch sagen, dass die Geschichte hier keinen Preis für Originalität gewinnen dürfte, und dennoch ist Der Spion ein großartiges Stück modernes Spionagekino geworden, das mich von der ersten Sekunde bis zur letzten mitgerissen hat, und das ganz ohne größere Action-Szenen.

Das liegt vor allem daran, dass die Filmemacher stets die Menschlichkeit unserer Protagonisten in den Fokus stellen. Gerade die Familien der beiden Männer werden verwendet, um sie zu erden und greifbar zu machen. Das mag zwar simpel sein, aber gleichermaßen effektiv. Wo dies in anderen Filmen oft wie ein unnötiges Anhängsel wirken mag, kann man hier unmöglich darauf verzichten. Sie sind Motivation für unsere Helden, und für uns eine klare Erinnerung an die Menschen, für die gekämpft wird.

CIA Agentin Emily Donovan (Rachel Brosnahan)
CIA Agentin Emily Donovan
(Rachel Brosnahan) © Liam Daniel / Telepool

Dabei wird ein ungemein detailliertes Bild der Zeit zum Leben erweckt. Wir spüren die ständige Angst vor einem Atomkrieg, dadurch aber auch den Grund für das Handeln von Greville und Oleg. Cumberbatch kann hier in einer gleichermaßen kraft- wie gefühlvollen Performance wieder einmal zeigen, dass er einer der besten Darsteller unserer Zeit ist, während der mir bis dato unbekannte Ninidze den stolzen, wie auch idealistischen Oleg ungemein subtil zum Leben erweckt. Die Chemie der beiden verleiht dem Film dabei zusammen mit den Familien gerade im dritten Akt eine ungeahnte Emotionalität, die mich vollkommen überrumpelt hat. Zwar hätte man über die beiden Männer und einige Nebenfiguren noch etwas mehr verraten können, doch brilliert der Film mit seinen Figuren und bindet uns an sie, da er stets ihr Gefühlsleben in den Mittelpunkt stellt.

Regisseur Dominic Cooke positioniert die Kamera dabei immer wieder sehr nah an seinen Figuren, was eine sehr intime Verbindung zu ihnen erstellt. Es entsteht eine Grundspannung, die nie ganz verschwindet, eben weil wir uns um die Figuren sorgen. Egal ob Grevills Frau, die wunderbar von Jessie Buckley erkörpert wird, ihn einer Affäre verdächtigt oder dieser in Moskau sein Leben für die Abwendung eines Atomkriegs riskiert, sind wir voll dabei und leiden, lachen und weinen gleichermaßen mit ihm. Gerade weil er als Protagonist Ecken und Kanten hat, er eben nicht perfekt ist, sondern als Alltagsmensch mit Fehlern über sich hinauswachsen muss.

Der Spion: Greville Wynne (Benedict Cumberbatch)
Der Spion: Greville Wynne (Benedict Cumberbatch) © Telepool

In einigen Momenten hätte man die Spannung allerdings noch etwas mehr erhöhen können, wenn die Filmemacher der antagonistischen Kraft (also dem KGB, der den beiden natürlich irgendwann auf die Schliche kommt) ein klareres Gesicht mit mehr Persönlichkeit verliehen hätte.

Filmkritik
8/10

Kurzfassung

Der Spion ist ein großartiges Stück modernes Spionagekino.

Fazit:

Die Darsteller brillieren, die Figuren sind sympathisch, die Spannung und Emotionen sind greifbar. Der Spion ist ganz feines Spionage-Kino!


von Sebastian Stegbauer

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