Home of Horror: German Angst in der Kritik

Szene aus German Angst
Szene aus German Angst © Neue Pierrot LeFou

Deutschland ist bekannt dafür, immer wieder die ein oder andere Horror-Überraschung abzuliefern.


German Angst - Cover
German Angst – Cover © Neue Pierrot LeFou

Eines der besten Beispiele dafür ist der wundervolle „Der Nachtmahr“ aus dem Jahr 2015 oder der an „The VVitch“ (Robert Eggers) erinnernde „Hagazussa“. Wenn man in Deutschland besonderes und experimentelles Kino sucht, dann findet man es auch und so ein Fall ist „German Angst“, welcher ebenfalls im Jahr 2015 erschienen ist. Diesen kann man momentan auf dem Streamingservice „Home of Horror“ sehen und wer brutales Horrorkino mag, ohne tiefen Sinn oder Verstand, wird mit diesem Werk seinen Spaß haben.

„German Angst“ besteht aus drei Geschichten, welche alle durch Liebe, Sex und Tod in der Hauptstadt Berlin thematisch verbunden sind. An sich sind die drei Geschichten aber komplett unterschiedlich, was daran liegt, dass jede Episode des Filmes von einem anderen Regisseur gedreht wurde. Die erste Geschichte wurde von Jörg Buttgereit („Green Frankenstein“, „Nekromantik 2“) gedreht, welcher sich mit dem Genre auskennt. Auch der Regisseur der dritten Geschichte, Andreas Marschall („Audition for Death“, „Tears of Kali“), ist kein Unbekannter. Nur Michel Kosakowski ist ein eher unbeschriebenes Blatt, dass man aber nachdem Film sicherlich im Blick behalten kann. Jeder Regisseur findet im Film seinen eigenen Stil und versucht nicht von seinen Kollegen etwas zu kopieren. Dabei sind die Geschichten jedoch von stark abweichender Qualität.

Szene aus German Angst
Szene aus German Angst © Neue Pierrot LeFou

Bei einem Anthologie-Film kommt es leider häufiger vor, dass nicht alle Kapitel überzeugen können und dieser Fall trifft auf auch „German Angst“ zu. Die erste Geschichte des Filmes besticht vor allem durch eine starke Folter-Szene. Es gibt viele Close-Ups, welche unheimlich wirken, da der Zuschauer auch gar nicht genau erfassen kann, was er gerade sieht. Insgesamt ist die Episode von Kälte geprägt, die man auch der Hauptdarstellerin anmerkt. Lola Gave spielt ihre Rolle hervorragend, da sie befremdlich und mysteriös wirkt. Spannung oder Interesse für die Figuren tritt aber nicht auf, da die Geschichte nur die Oberfläche ankratzt und dies ist schade, da Büttgereit sicherlich auch einen interessanten Langfilm aus der Thematik hätte kreieren können. So wirkt es wie ein nettes Konzept, welches so aber ihr Potential verschenkt hat. Da die Erzählweise auch sehr langsam und ruhig ist, wirkt so der Start des Filmes sehr eintönig.

Die zweite Geschichte des Filmes ist leider am schwächsten. Im Fokus liegt ein taubstummes Pärchen, dass von mehreren Nazis in einem verlassenen Industriegebiet gefoltert wird. Vor allem die Themen Magie, Rache und Verfolgung stehen im Mittelpunkt. Leider ist die Handlung sehr primitiv und dadurch sehr anstrengend. Insbesondere der Flashback zur Zeit des Zweiten Weltkrieges ist mehr als geschmacklos, da Vergewaltigungen und Judenverfolgung nur als bloßer Schocker genutzt werden. Das Thema wird überhaupt nicht respektvoll aufgegriffen, sondern es soll einfach nur den Zuschauer schockieren, jedoch haben in der Vergangenheit genügend Filme bewiesen, dass man diese Schockmomente auch viel genialer erzeugen kann, ohne dabei in die Pietätlosigkeit abzurutschen. Das beste Beispiel dafür ist wohl das französische Meisterwerk „Martyrs“ (Pascal Laugier) aus dem Jahr 2008. Diesen kann man sogar, wenn auch nur geschnitten, ebenfalls auf „Home of Horror“ sehen. Viele Schauspieler in der zweiten Geschichte sind auch stark am overacten, sodass die Glaubwürdigkeit der kompletten Geschichte einstürzt. Der Harley Quinn-Verschnitt der Nazi-Gruppe gehört sogar zu den nervigsten Horrorfiguren, die einem jemals begegnen werden. Dafür überzeugt aber die alptraumhafte Musik, welche in allen Teilen von Fabio Amurri komponiert wurde.

Szene aus German Angst
Szene aus German Angst © Neue Pierrot LeFou

Nach der schrecklichen zweiten Geschichte steigert sich der Film aber endlich wieder, was vor allem daran liegt, dass die dritte Geschichte mit Abstand am längsten dauert. So kann die Geschichte sich auch etwas entfalten und die Figuren nehmen die größte Entwicklung durch. Marschall wurde von Hanns Heinz Ewers Roman „Alraune. Die Geschichte eines lebenden Wesens“ inspiriert. Es ist auch die Geschichte, welches in Sachen Ambiente und Ausstattung am aufwendigsten war, aber es hat sich ausgezahlt. Die Body-Horror Effekte sehen sogar richtig gut aus und man empfindet Ekel. Im Endeffekt ist auch der dritte Teil keine erzählerische oder inszenatorische Offenbarung, aber es wurde in alle Bereiche viel Mühe investiert. Am Ende des Teiles wünscht man sich aber, dass alle Geschichten diese Zeit zum Entfalten bekommen hätten.

Fazit:

Wenn man besonderen deutschen Filmen eine Chance geben möchte, dann muss man sich mal „German Angst“ angucken, denn es gibt sehr interessante Momente in allen Geschichten und vor allem die dritte ist gut gelungen. Dennoch kann der Schocker viel zu wenig schocken und nutzt dafür, vor allem im zweiten Teil, pietätlose Mittel. Da wäre mehr gegangen!

Filmwertung
5/10

Kurzfassung

„German Angst“ ist ein dreiteiliger Horrorfilm, aber die Kurzgeschichten wären als Langfilm besser aufgehoben.

von Lukas Weinandy

Hinterlasse jetzt einen Kommentar

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht. (Kommentar wird erst geprüft)


*