Onward – Interview mit Dan Scanlon und Kori Rae

Sandy Kolbuch, Regisseur und Drehbuchautor Dan Scanlon und Produzentin Kori Rae

Filmproduzentin Kori Rae (*1962) und Regisseur und Storyboardkünstler Dan Scanlon (*1976) arbeiteten bereits zusammen an dem Pixar Animationsfilm „Die Monster Uni“. In Berlin stellten sie zusammen ihren neuen Film „Onward: Keine halben Sachen“, der auf der persönlichen Erfahrung des Regisseurs basiert.


Dan, für Sie ist dieser Film etwas ganz persönliches. Sie haben, genau wie die Hauptfigur Ian, Ihren Vater im Alter von einem Jahr verloren.

Dan Scanlon: Ja, die Geschichte ist etwas ganz besonderes, weil sie aus meinem ganz persönlichen Blickwinkel beginnt. Im Laufe der Produktion hat es sich etwas verändert. Nun basiert der Film nur noch auf einer Idee, die meinem eigenen Leben entspringt. Es kamen viele neue Ideen und Vorschläge der anderen Mitarbeiter hinzu, sodass der Film etwas von unser aller Leben erzählt.

Wie entstand die Idee zum Film?

Dan Scanlon: Nachdem Kori und ich gemeinsam an „Die Monster Uni“ gearbeitet haben, wollte wir beide einen Originalfilm machen. Wir haben uns über unser Leben unterhalten und versucht, einen emotionalen Punkt zu finden, den man als Ausgangspunkt einer Geschichte nutzen könnte. Uns war beiden wichtig, dass wir eine persönliche Beziehung zu der Geschichte besitzen. So ungefähr hat es begonnen. Ohne meinen Vater aufzuwachsen und sich nicht an ihn erinnern zu können oder zu wissen, wie er war, ließ die Idee aufkommen, wie es wäre, ihn ins Leben zurückzuholen. Kori teilte diesen Wunsch mit mir. Auch sie hat Menschen in ihrem Umfeld, die bereits verstorben sind und die sie gerne noch einmal treffen würde.

Kori Rae: Ganz genau. Egal, ob es sich um ein Geschwisterteil, einen Freund oder vielleicht um einen Lehrer handelt. Nur wenn man Erinnerungen oder Geschichten über denjenigen teilt, bekommt man ein Gefühl dafür, wie dieser Mensch gewesen sein könnte. Für uns war dies ein wichtiges, universelles Thema, das wir gerne behandeln wollten.

Dan Scalon: Wenn man ohne ein Elternteil aufwächst, ist alles, was man über ihn erfährt – die Lieblingsfarbe, das Lieblingsessen – wie ein Puzzlestück, dass ihn real werden lässt. In einem Animationsfilm kann man dies super umsetzen. Ganz zu Beginn der Arbeit war die Idee, den Vater Stück für Stück zurückkommen zu lassen. Erst die Schuhe, dann die Hosenbeine…wir haben diese Idee aber sehr schnell verworfen, weil es ansonsten zu absurd geworden wäre. Wir fanden aber die Hosenbeine weiterhin sehr lustig und haben sie beibehalten.

Wann entstand die Idee, die Handlung wie ein Roadmovie aufzubauen?

Dan Scanlon: Ich denke, die Idee kam zu dem Zeitpunkt auf, als wir uns entschieden haben, den verstorbenen Vater der Brüder auf eine besondere Art und Weise zurückzubringen. Wir wollten dies nicht nur auf eine magische Weise zeigen, sondern es sollte zugleich auch lustig sein. Daher haben wir uns dafür entschieden, ein völlig neue, magische Welt zu designen. Dazu passte perfekt eine individuelle Suche, die sich in Form eines Roadmovies ereignet.

„Onward“ wurde bei der Premiere auf der Berlinale sehr positiv aufgenommen. Was bedeutet dieses positive Feedback für Sie?

Dan Scanlon: Wir waren beide sehr bewegt. Die Berlinale ist für uns etwas sehr besonderes. Zu sehen, wie die Menschen und Kritiker unser Genre mit Respekt behandeln, ist für uns eine große Ehre. Natürlich habe ich nicht geweint, sondern hatte nur eine Wimper im Auge (lacht).

Kori Rae: Ja, das erzählt er laufend (lacht). Wir haben sehr viel Zeit in die Produktion dieses Films verwendet. Ihn zusammen mit den Festivalbesuchern zu sehen, ist eine große Ehre.

Tom Holland („Spider-Man: Homecoming“) und Chris Pratt („Guardians of the Galaxy“) leihen den Brüdern Ian und Barley ihre Stimmen. Wie kam es zu dieser Zusammenarbeit?

Kori Rae: Als wir mit dem Film begonnen haben, hatten wir keine Intention, so bekannte Stimmen zu finden. Wir haben zuerst Ian gecastet und es hat eine Weile gedauert. Wir haben nach einer Stimme gesucht, die seinen schüchternen Charakter als Teenager unterstreicht. Tom meistert dies fabelhaft. Für Barley waren wir auf der Suche nach jemanden, der überheblich und zuversichtlich ist, aber zugleich Herz und Humor besitzt. Chris war ein Glücksfall.

Dan Scanlon: Manchmal braucht es eben Zeit. Die beiden sind perfekt für diese Rollen und es hat ihnen auch sehr geholfen, dass sie sich bereits vorher kannten. Sie gehen sehr brüderlich miteinander um, was den Stimmen zuteil wird. Ihre Performance reflektiert ihre Beziehung zueinander.

Dan, Sie haben Ihre Stimme bereits Figuren aus „Die Monster Uni“ und „Cars“ geliehen. Haben Sie daran gedacht, auch in „Onward“ eine Figur zu sprechen?

Dan Scanlon: Es ist so lustig, weil wir den Stimmen bei Pixar oft vorübergehend unsere Stimmen leihen, wenn wir etwas an den Dialogen verändern. Ich habe zeitweise Ian eingesprochen, um als Autor zu testen, ob die Dialoge funktionieren. Ich hatte Spaß dabei, einfach ein paar Stufen hinunter ins Studio zu gehen und die Ideen einfach ins Mikro zu sprechen. An einem sehr stressigen Tag ist es unglaublich befreiend, sich alles von der Seele zu schreien (lacht). In „Onward“ habe ich nur eine einzige Sprechzeile, aber selbst das ist unglaublich spaßig gewesen.

Einhörner sind normalerweise schöne, anmutige Fantasiewesen. In „Onward“ wirken sie eher wie lästige und reudige Ratten. Wie kam es dazu?

Dan Scanlon: Die Designer hatten die Aufgabe, magische Wesen, die jeder kennt, in einer ganz anderen Art und Weise darzustellen. Jeder hatte Ideen. Irgendwann haben wir uns gefragt, was passiert, wenn diese einzigartigen Einhörner ihren Glanz verlieren. Wir haben uns vorgestellt, sie sind eher wie Waschbären oder Ratten. Irgendwann tauchte eine Zeichnung auf, wie sie Müll fressen und DAS war es. Wir haben die Zeichnung ans Board gepinnt und waren uns einig, diese Szene muss in den Film.

Welche Zielgruppe hatten Sie im Kopf, als Sie an dem Film gearbeitet haben?

Dan Scanlon: Ich habe den Film für meinen Bruder gemacht. Bis zu dem Tag, an dem er den Film gesehen hat, habe ich ihm nichts darüber erzählt. Ich habe mir bei jedem Gag vorgestellt, wie er reagieren wird, wenn er ihn sieht. Sich vorzustellen, wie die Welt reagieren wird, wäre zu abstrakt gewesen. Mein Bruder hat den Film vor einigen Wochen im Rahmen einer Pixar Veranstaltung gesehen und war unglaublich bewegt. Er hat ihn auf der Premiere ein zweites Mal gesehen und konnte sich erst da wirklich darauf konzentrieren. Er ist wirklich wie Barley und ich denke, ich habe ihn emotional gebrochen, was so cool ist. Er ist in all seinen Emails jetzt so einfühlsam und nett. Wie standen uns schon immer nahe, aber jetzt ist es noch enger (lacht). Der Film war für ihn ein Geschenk, mit dem er nie gerechnet hätte. Ich hoffe, dass sich viele Menschen den Film zum Anlass nehmen und den Leuten, die sie lieben, dies sagen, eh es eines Tages zu spät ist.

Vielen Dank für das tolle Interview und die persönlichen Einblicke.

von Sandy Kolbuch

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