Violent Night: Stirb Langsam lässt grüßen – Filmkritik

Violent Night - Linda (Alexis Louder), Trudy (Leah Brady) und Jason (Alex Hassell)
Violent Night - Linda (Alexis Louder), Trudy (Leah Brady) und Jason (Alex Hassell) © Universal Studios

Die Kritik:

Alle Jahre wieder ist es soweit, spätestens Anfang Dezember rieseln neue Weihnachtsfilme ins Kino. Genau wie die vielen zuckersüßen Festtagsfilme gibt es dann aber fast genauso oft Filme zu sehen, die ganz bitter auf die Schattenseiten und dysfunktionalen Familien blicken, die Weihnachten auch so mit sich bringt. Wenig überraschend fällt auch „Violent Night“ in letztere Sparte, die zuvor „Bad Santa“, „Krampus“ oder auch „Fatman“ ausgefüllt haben: Hier hat man es direkt mal mit einem betrunkenen und aus seinem Schlitten in Gesichter armer Kneipenwirtinnen kotzenden Weihnachtsmann zu tun, der nach 1100 Jahren auf diesem Planeten reichlich verbittert von der alljährlichen Tradition ist. Als er dann bei der Bescherung in einer von paramilitärischen Gangstern überfallenen Villa einer versnobten Superreichenfamilie landet, muss er jedoch unerwarteterweise aus seiner Lethargie ausbrechen…

Violent Night - David Harbour als Santa
Violent Night – David Harbour als Santa © Universal Studios

So weit, so „Stirb langsam“. „Hänsel & Gretel: Hexenjäger“-Regisseur Tommy Wirkola macht hier keinen Hehl daraus, an welchem Festtagsklassiker er sich mit seiner augenzwinkernden Actionkomödie orientiert. Überall baut er kleine Versatzstücke ein, die das mal subtiler, mal direkter verdeutlichen. Alleine die von „Mr. Scrooge“ (John Leguizamo) angeführte Söldnertruppe, die es natürlich auf einen Safe im schwer bewachten Anwesen von Mrs. Taka… äh Gertrude Lightstone (Beverly D’Angelo) abgesehen haben, mag zwar nicht so distinguiert sein wie Hans Grubers Terroristenbande, grundlegende Ähnlichkeiten sind aber mehr als vorhanden. Dass sich Santa dann immer im Hinterhalt des riesigen Landhauses der Lightstones verschanzt, dabei einen Handlanger nach dem anderen abmurkst und Funkkontakt mit Mr. Scrooge, aber auch der süßen Trudy (Leah Brady) hält, ist mehr als eine Reminiszenz. Den überdeutlichen Wink, dass Santa bei der Suche nach Waffen in seinem magischen Geschenkesack im unpassendsten Moment eine „Stirb langsam“-Blu-ray rauszieht, ist dann aber schon fast zu viel des Guten.

Aber zum Wesentlichen: „Violent Night“ bietet letztlich genau das, was man erwartet: Eine kurzweilige, zynische und derbe Actionklamotte mit oft überraschend gelungenen Sprüchen und vor allem möglichst blutigen wie kreativen Wegen, Menschen zu verletzen und zu töten. Gerade bei Festivals wäre angesichts vieler spektakulärer Kills ein johlendes Publikum garantiert, aber auch so hat dieser Film die Lacher häufig auf seiner Seite. Dass das alles offen gewaltverherrlichend und menschenverachtend ist, muss man natürlich genauso hinnehmen, wie dass man es mit erzählerischer Logik nicht allzu genau nimmt.

Violent Night - Sugarplum (Stephanie Sy), Gertrude (Beverly D’Angelo), Alva (Edi Patterson), Morgan Steel (Cam Gigandet), Frosty (Can Aydin), Bert (Alexander Elliot), Linda (Alexis Louder), Peppermint (Rawleigh Clements-Willis), Scrooge (John Leguizamo) und Gingerbread (André Eriksen)
Violent Night
– Sugarplum (Stephanie Sy), Gertrude (Beverly D’Angelo), Alva (Edi Patterson), Morgan Steel (Cam Gigandet), Frosty (Can Aydin), Bert (Alexander Elliot), Linda (Alexis Louder), Peppermint (Rawleigh Clements-Willis), Scrooge (John Leguizamo) und Gingerbread (André Eriksen) © Universal Studios

David Harbour hat sichtlich Spaß an seiner grummeligen, saufenden, fluchenden und Vorschlaghammer-schwingenden Rolle, während auch der Rest dieser aus größtenteils ätzenden Archetypen bestehenden Familie durchaus spielfreudig agiert. Besonders Handlanger „Gingerbread“ (André Ericksen) und der opportunistische wie unterbelichtete Schwiegersohn Morgan (Cam Gigandet) ragen hierbei heraus. Kaum wiederzuerkennen ist Beverly D’Angelo als desillusionierte Matriarchin und eiskalte Geschäftsfrau, die eine Lebendreferenz an „Schöne Bescherung“ darstellt und von keinem ihrer gierigen Aasgeier-Kinder oder auch ihrem abscheulichen Influencer-Enkel Bertrude (Alexander Elliot) noch irgendetwas erwartet. Fast einziger Lichtpunkt in dieser Konstellation ist ihre Enkelin Trudy, die noch an den Weihnachtsmann glaubt und auch für Santa beim Anblick dieser scheinbar hoffnungslosen Familie der einzige Grund ist, nicht direkt zu flüchten. Überhaupt ist es Harbour zu verdanken, dass er dieser Figur immer die richtige Dosis Wärme und Menschlichkeit inmitten all der Bitterkeit und Gewalt gibt, wodurch der gesamte Film auch nie unangenehm wird, sondern irgendwie auch fast schon ganz süß und charmant ist.

Oberflächlich betrachtet und mit geringer Erwartungshaltung macht „Violent Night“ schon über weiteste Strecken Spaß. Dank des mittlerweile allseits bekannten 87North-Stuntteams von Produzent David Leitch („John Wick“, „Nobody“, „Bullet Train“) wird hier in Sachen Kampf- und Actionchoreografie durchaus etwas geboten, neben vielen stumpfen Sprüchen gibt es auch den ein oder anderen originellen Schlagabtausch zu hören und auch die Festtagsatmosphäre passt. Dadurch, dass sich Wirkola und seinen Autorenduo Pat Casey und Josh Miller so deutlich an besagten Klassikern orientieren, muss man sich natürlich auch ein wenig damit messen, womit man zwangsläufig qualitativ abfällt. Zugegeben, ein kleiner und ultrabrutaler „Kevin – Allein zu Haus“-Part gegen Ende gehört dann zu den stärksten Momenten im Film, denn hier wird endlich mal anschaulich gezeigt, was wirklich mit dem menschlichen Körper bei diabolischen Fallen geschieht, wenn die Jugendfreigabe höher angesiedelt ist.

Filmwertung
6.5/10

Kurzfassung

Kurzweilige, derbe und zynische „Stirb langsam“-Variante

Fazit:

„Violent Night“ nimmt sich nicht zu ernst und bietet dabei kurzweiligen wie derben Spaß für das alternative Weihnachtsprogramm. David Harbour als mürrischer, saufender, fluchender und desillusionierter Weihnachtsmann ist ein Highlight, während Regisseur Tommy Wirkola zahlreiche kreative Wege findet, Menschen körperliches Leid zuzufügen.


von Florian Hoffmann

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