Cocaine Bear: kurzweiliger Spaß – Filmkritik

Hannah Hoekstra als Elsa in Cocaine Bear
Hannah Hoekstra als Elsa in Cocaine Bear © Universal Studios

Die Kritik:

Dies ist eine wahre Geschichte: Der ehemalige U.S. Army Fallschirmjäger, Drogenbeamte, Anwalt und spätere Drogenschmuggler Andrew C. Thornton II (Matthew Rhys) muss Mitte der 80er Jahre über den Wäldern von Georgia eine gigantische Ladung 15 Millionen Dollar teures Kokain paketeweise aus seinem Privatflugzeug werfen, das er von Kolumbien in die Staaten transportieren will. Thornton will mit seinem Fallschirm hinterher, doch – so zeigt es zumindest der Film – stößt sich den Kopf, wird bewusstlos und fällt in Tennessee tot in die Einfahrt eines Einfamilienhauses. Das Kokain, nun, das ist eine andere Sache. Denn ein im Chattahoochee Naturschutzgebiet ansässiger 80 Kilogramm schwerer Schwarzbär findet die Ladung und macht sich genüsslich darüber her…

Was dann in „Cocaine Bear“ folgt ist schließlich reine Fiktion. Während der echte Kokainbär durch eine Überdosis einigermaßen schnell tragischerweise das Zeitliche segnete, wird er in Elizabeth Banks dritter Regiearbeit zu einem hyperaggressiven, umhertänzelnden und sich freudig über den Boden robbenden und damit merkwürdig liebenswerten Monster, das nach und nach alle Waldgäste dezimiert. „Cocaine Bear“ erweist sich in seiner erstaunlich effektiven Mixtur aus Monsterhorror, schlagfertiger Ensemblekomödie und Gangsterposse tatsächlich als eine der positivsten Überraschungen des bisherigen Kinojahres. Wer also einen richtig unterhaltsamen, gut gemachten und enorm spaßigen wie albernen (aber nicht doofen) Publikumsfilm sucht, der sollte hier fündig werden.

Abwechselnd folgt man unterschiedlichen farbenfrohen Figuren, deren Wege sich zumindest teilweise im Verlauf des Films überschneiden werden: Da sind zum einen die beiden ungleichen Gangster Daveed (O’Shea Jackson Jr.) und Eddie (Alden Ehrenreich), die von dem Besitzer des Kokains, dem Drogenbaron und Eddies Vater Syd White (Ray Liotta in seiner letzten Rolle), auf die Suche nach der pudrigen Ware losgeschickt werden. Zum anderen folgt der Film der 12-jährigen Dee Dee (Brooklynn Prince) und ihrem großspurigen besten Freund Henry (Christian Convery), die ebenfalls im Wald etwas von dem abgestürzten Kokain finden, davon etwas einnehmen und fortan auf der Flucht vor dem berauschten Bär sind, während Dee Dees Mutter Sari (Keri Russell) sich auf die Suche nach den beiden macht. Unterstützt wird sie dabei von den beiden chaotischen Forstbeamten Liz (Margo Martindale) und ihrem heimlichen Schwarm Peter (Jesse Tyler Ferguson). Auf der Fährte des Kokains und dem lange gesuchten Syd White ist auch der getriebene Polizeibeamte Bob (herrlich trocken: Isiah Whitlock Jr.), während die kriminelle Duchamps-Jugendgang (Aaron Holliday, J.B. Moore, Leo Hanna) auch noch zufällig in das chaotische Geschehen reinstolpern.

„Cocaine Bear“ findet seine Stärken darin, dass er genau weiß, was für ein Film er sein möchte: Banks inszeniert das pointierte Drehbuch von Jimmy Warden auf den Punkt und generiert eine perfekt ausbalancierte Mischung aus Spannung, Leichtigkeit, absurder Komik und sogar der nötigen Portion Herz. Sie gibt ihren Figuren Raum und vor allem einprägsame und oft sogar coenesque Charaktermomente, die man in dieser Art von Film nicht unbedingt erwarten würde. So hat hier jeder einzelne Charakter seine ganz eigene Motivation, einen klaren Hintergrund und damit auch die nötigen Sympathiewerte, um aus dem folgenden Gemetzel kein Spektakel der Belanglosigkeit zu machen.

Die eigentlichen Horrorszenen baut Banks überaus gekonnt auf, gibt ihnen einen Rhythmus mit Spannungsaufbau und echtem Payoff. Herzstück des Films ist dann ganz klar eine Ansammlung von Sequenzen, die zunehmend eskalieren und mit der mit Depeche Modes „Just Can’t Get Enough“ untermalten Flucht in einem Rettungswagen herrlich grotesk endet. Banks portioniert die Gore-Momente mit Bedacht, aber dafür mit umso mehr Gewicht. Hier gelingt auch immer eine gute Mischung aus Amüsiertheit, echter Anspannung, Schocks, Ekel und auch Tragik, da Banks trotz aller B-Movie-Thrills nie die Menschlichkeit ins Hintertreffen geraten lässt.

„Cocaine Bear“ mag dann am Ende sicher keine hohe Kunst sein, doch für das, was er sein will, liefert er mit großartig spaßigem und sehr kurzweiligem Resultat auf ganzer Linie ab. Was den Film dann wirklich deutlich über den Durchschnitt hebt, ist nicht nur seine überaus kompetente Inszenierung und freudige 80er Jahre-Atmosphäre, sondern eben auch die überzeugend gezeichneten und teils sogar erinnerungswürdigen Charaktere. Insbesondere Alden Ehrenreich als Gangster wider Willen mit Vaterkomplex, der nebenher ständig mit tiefer Trauer angesichts seiner verstorbenen Freundin kämpft, darf hierbei als ganz besonderes Highlight des sehr guten Casts hervorgehoben werden. Und ja, der überraschend überzeugend animierte Bär ist dann eben auch echter Star des Films und nicht nur Mittel zum Zweck, denn auch wenn man sich vor ihm fürchtet, findet man ihn auch immer irgendwie drollig, sympathisch und fühlt sogar mit ihm mit.

Filmwertung
7.5/10

Kurzfassung

Ein herrlich kurzweiliger, sehr amüsanter und pointierter Spaß mit überraschend starken Figuren.

Fazit:

„Cocaine Bear“ ist einer der positivsten Überraschungen des bisherigen Kinojahres: Überaus spaßig und kurzweilig balanciert Regisseurin Elizabeth Banks sehr gut inszenierte Schock- und Horrormomente mit leichtfüßiger und absurder Komik. So erschreckt man sich und johlt vor Lachen in diesem liebenswürdigen Killerbärspektakel oft gleichermaßen. Hinzu kommen überraschend pointierte Charaktermomente, die diesen Film neben seiner starken Inszenierung weit über den Genre-Durchschnitt heben.


von Florian Hoffmann

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