DC vs. Marvel im modernen Kino – Wie mich das eine Universum verlor und das andere zurückgewann (Teil 2 von 3)

DC vs. Marvel
DC vs. Marvel

Dass sich bei Marvel jeder Film so ähnelt hat letztlich aber doch einen großen Vorteil. Die Zuschauer wissen jedes Mal genau, auf was sie sich einlassen, während DC mit jedem neuen Film sogar in einem anderen Genre stattfindet. So spielten die letzten drei MCU-Filme allesamt über 1 Milliarde Dollar ein, während der ungemein charmante „Birds of Prey“ von DC fast als Flop zu verbuchen war. Man findet schwerer ein dauerhaftes Publikum, auch da man oft weniger auf die übliche Blockbusterunterhaltung zurückgreift. Ich will natürlich auch gar nicht abstreiten, dass das MCU abgesehen von dieser nichts zu bieten hat. Gerade Guardians of the Galaxy Vol.1 und 2 beweisen ein einmaliges Geschick den eigenen wunderbaren Humor mit emotionaler Tiefe zu verbinden, etwas das der Rest des MCU nicht all zu oft schafft. Hier behindern sie sich mehr in ihrer Entfaltung.


Fakt ist, dass Marvel immer wieder äußerst interessante Filmemacher anheuert ihre Filme umzusetzen. Diese Regisseure stammen oft aus dem Indie-Bereich, haben also wenig Erfahrung mit großen Effekten und astronomischen Budgets. Ein hervorragendes Beispiel ist Ryan Coogler, der zuvor mit „Fruitvale Station“ und dem Rocky-Sequel „Creed“ weltweit Kinogänger in seinen Bann zog. Und doch konnte das Finale von „Black Panther“ niemanden so recht überzeugen. Es ist offensichtlich, dass der Film nicht vollständig unter seiner Kontrolle stand. Der qualitative Fall von Cooglers bemerkenswerter One-Shot-Actionszene in „Creed“ zur finalen Schlacht in „Black Panther“ ist schmerzhaft und doch beispielhaft für das MCU.

Marvel Studios' AVENGERS: INFINITY WAR..L to R: Okoye (Danai Gurira), Black Panther/T'Challa (Chadwick Boseman), Captain America/Steve Rogers (Chris Evans), Black Widow/Natasha Romanoff (Scarlet Johansson) and Winter Soldier/Bucky Barnes (Sebastian Stan)
Die Avengers mit Black Panther/T’Challa (Chadwick Boseman), Captain America/Steve Rogers (Chris Evans), Black Widow/Natasha Romanoff (Scarlet Johansson) und dem Winter Soldier/Bucky Barnes (Sebastian Stan) © Marvel Studios 2018

So zeigt für mich der Umgang mit den eigenen Regisseuren viel darüber, warum das MCU zu solch einem Einheitsbrei verkam. Während der ersten Phase ihres Filmuniversums nahm man sich Regisseure mit starken eigenen Stilen heraus, ließ diese dann aber auch ihre Ideen ohne größere Eingriffe umsetzen. So entstand durch Kenneth Branagh ein shakespearhaftes Drama, durch Joe Johnston ein Kriegsfilm und mit Jon Favreau eine zeitlose Komödie in „Iron Man“. Das alles waren mutige Entscheidungen, die sich mehr als nur einmal als Flop erweisen hätten können (so wie „Der Unglaubliche Hulk“). Doch irgendwo auf dem Weg verlor Marvel diese Courage. So begann mit Phase 2 des MCU eine lange Geschichte an kreativen Kompromissen, die in meinen Augen hervorragend aufzeigen, was aktuell im MCU falsch läuft.

Joss Whedon bescherte Marvel mit dem ersten Avengers-Film ihren bis dato größten finanziellen Erfolg. Der Film trägt dabei unübersehbar seine Handschrift. Eine Gruppe an beschädigten Individuen kommt zusammen, überwindet ihre Differenzen und wächst im Angesicht der Gefahr über sich hinaus. Die Ähnlichkeiten zu Whedons vorherigen Projekten wie „Firefly“ sind dabei kaum zu übersehen. „Avengers“ ist unübersehbar ein Joss Whedon-Film. So ist es schon überraschend, dass ausgerechnet Whedon beim Sequel zu seinem Megahit stark in die Parade gefahren wurde. Der fertige Film ist ein einziger Kompromiss und von der Qualität seines Vorgängers weit entfernt. Dennoch blieb für mich gerade noch genug von Whedons ursprünglicher Vision übrig, um ihn doch aus dem restlichen Einheitsbrei herausstechen zu lassen.

Scott Lang (Paul Rudd) alias Ant-Man
Scott Lang (Paul Rudd) alias Ant-Man © 2018 MARVEL

Für Kultregisseur Edgar Wright war es noch vor dem Beginn des MCU sein größter Wunsch einen Film über Ant-Man zu drehen. Nach achtjähriger Arbeit an seinem Herzensprojekt stieg er aber enttäuscht wieder aus. Der Grund? Kreative Differenzen. In einem Interview mit CinemaBlend verriet er: „[…] I wanted to make a Marvel movie but I don’t think they really wanted to make an Edgar Wright movie.”

Die argentinische Filmemacherin Lucrecia Martel gab einen weiteren interessanten Einblick hinter die Kulissen des Megakonzerns. Ursprünglich sollte sie den anstehenden Black Widow-Film inszenieren. Bis ihr Kevin Feige und co. sagten: „Don’t worry about the action scenes, we will take care of that”, woraufhin sie schweren Herzens das Projekt verließ. Scheinbar ist das kein Ausnahmefall. Da viele dieser Regisseure keine vorherige Erfahrung mit Blockbustern haben, führt dazu, dass die Actionszenen oft von Pre-Visualisation-Teams und VFX Supervisors geschaffen werden, was viel über die kreative Kontrolle und die Qualität einiger Actionsequenzen aussagt.

Chris Hemsworth in Thor
Chris Hemsworth in Thor © Disney/Marvel

Meine Lieblingsgeschichte hier ist allerdings die von Regisseurin Patty Jenkins. Diese sollte einst den zweiten Thor Film „The Dark World“ inszenieren, verließ das Projekt aber, da sie sich nach eigener Aussage, zu eingeengt in ihrer Vision sah. Jahre später übernahm sie ein Projekt für die Konkurrenz. „Wonder Woman“ wurde für DC auf kommerzieller wie künstlerischer Ebene zum größten Erfolg seit dem Ende der Batman-Trilogie. Scheinbar sah sie sich bei Warner weniger eingeschränkt.

Guardians Of The Galaxy
Guardians Of The Galaxy © Disney / Marvel

Die große Ausnahme bei Marvel waren für mich dabei eben immer die Guardians-of-the-Galaxy- Filme. Hier zeigte man in der Chefetage bei Disney ungewohnt viel Mut. So ließ man James Gunn genug Freiraum, um seine eigene Vision umzusetzen. So überrascht es wenig, dass diese meiner Meinung nach die beiden besten MCU-Filme sind. Doch zeigt man eben diesen Mut nicht mehr all zu oft, optisch noch narrativ. So gerieten die meisten der Phase 1 Filme optisch ansprechender als die späteren. Es ist schon erstaunlich wie wunderbar der erste Thor-Film noch aussah verglichen mit dem hochgelobten „Civil War“. Kreative Filmemacher wie Whedon wurden ausgetauscht für Leute wie die Russos, die wie nicht nur ich vermute, einfacher zu kontrollieren sind und kaum so etwas wie einen eigenen, visuellen Stil haben. Hier zeigt sich ganz klar, wie der künstlerische Anspruch dieser Filme mehr und mehr zurückging. DC hingegen ist in dieser Hinsicht zweifellos im Aufstieg. Doch darauf werde ich das nächste Mal etwas mehr eingehen…

von Sebastian Stegbauer

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