Das kalte Herz – Filmkritik: Märchenverfilmung nach Hauff

Peter (Frederick Lau) und Lisbeth (Henriette Confurius) in Das kalte Herz
Seltene gemeinsame Zeit von Peter (Frederick Lau) und Lisbeth (Henriette Confurius) © Weltkino

Die Kritik:

Das kalte Herz - Teaserplakat
Das kalte Herz – Plakat ©Weltkino

Das deutsche Märchen „Das kalte Herz“ wurde 2016 abermals verfilmt und startet ab dem 20.Oktober in unseren Kinos. Der Streifen wird als „moderne Neuinterpretation“ verstanden und umfasst einige neue Figuren und Handlungsstränge. Die Grundthematik eines armen jungen Mannes, dem jedes Mittel Recht ist, um in einer unfairen Welt seine große Liebe zu erobern, bleibt jedoch bestehen.

Wenn man von einer modernen Verfilmung eines Klassikers hört, könnten Märchenliebhaber befürchten, dass viele Spezialeffekte der ursprünglichen Geschichte im Weg stehen. Doch keine Sorge, denn so modern ist „Das kalte Herz“ auch im 21. Jahrhundert nicht geworden. Künstliche Effekte erwarten einen hier kaum und wenn dann nur minimalistisch wie etwa in animierten Tieren. Eine liebenswürdige und zugleich kritische Erzählung wird aber auch nicht immer zu 100% geboten, was an ärgerlichen Kleinigkeiten liegt.

Das kalte Herz Szenenbild03
Die Köhlers bei der schweren Arbeit © Weltkino

Der Inhalt des Films hebt sich wie oben erwähnt nur geringfügig vom Original ab. Angesiedelt im Anfang des 19. Jahrhunderts, befindet sich Deutschland in der Industrialisierung. Die bringt der Bevölkerung aber nicht nur Arbeit und z.T. Wohlstand, sondern auch Gier und eine gewisse Herzlosigkeit. Zumindest sah das Wilhelm Hauff (1802-1827) so, der Schaffer dieses Märchens. Den Schwarzwald im Hintergrund, erzählt „Das kalte Herz“ nämlich vom jungen Peter Munk (Frederick Lau), der Sohn eines Köhlers (Holzkohle-Hersteller) ist. Dieser Beruf ist nicht nur anstrengend und wenig ertragreich, sondern schafft auch kaum mehr Ansehen als das eines Bettlers. Im Gegenteil: Die Köhlers werden von allen, die über ihnen stehen, verlacht und gedemütigt. Das ist für Peter besonders hart, da er so niemals seiner Lisbeth (Henriette Confurius) aus gutem Hause näher kommen kann. Obwohl sie dem etwas einfältigen und rußverschmierten Köhler ebenfalls Sympathie entgegenbringen kann, erstickt ihr herzloser Vater jede Annäherung im Keim. Irgendwann ist Peter so verzweifelt, dass er als letzten Ausweg die Waldgeister aufsucht, von denen er nicht einmal weiß, ob sie überhaupt existieren. Natürlich tun sie das im Märchen und als Sonntagsgeborener erfüllen sie ihm sogar drei Wünsche. Diese wählt er allerdings so unbedacht und aus dem Bauch heraus, dass sie ihm zwar kurzzeitig etwas mehr Geld, Anerkennung und einen neuen Beruf gewähren, doch bringt ihn das seiner großen Liebe kaum näher. Als letzten Ausweg sieht er dann nur noch den Gang zum zwielichtigen Holländer-Michel (Moritz Bleibtreu), der als Ausgleich für seine Dienste allerdings Peters gutmütige Herz verlangt.

Das kalte Herz Peter Munk (Frederick Lau)
Peter Munk (Frederick Lau) erlebt Wunder © Weltkino

Die 119 Minuten Spielzeit lassen einen schönen ruhigen Einstieg zu. Spätere Handlungsstränge sind allerdings zu zäh, während interessantere Erzählstränge zu schnell ablaufen. So findet Peter die Waldgeister zum Beispiel im Nu oder Schicksale von Personen (wie seinen Eltern) werden lange nicht mehr verfolgt. Auch Peters Typveränderung nach Verkauf des Herzens wird etwas zu lax abgehandelt. Ein anderer Knackpunkt ist, dass in der hier vorliegenden Verfilmung die Kritik Hauffs nicht genug zum Ausdruck kommt. Wie bereits erwähnt, erkannte er auch die Nachteile, die die Industrialisierung mit sich brachte und verarbeitete sie in diesem Märchen. So kritisierte er die Waldrodung in Deutschland aufgrund des florierenden Holzhandels mit Holland und die damit einhergehende Gier. Auf die Geschichte wird dies mit dem Verkauf des Herzens für Geld und Macht an den bösen Holländer-Michel übertragen. Weiterhin hätte das Märchen dem Schauspiel an einigen Stellen noch mehr Platz für Leidenschaft geboten, was enttäuscht, betrachtet man den guten Cast. Zuletzt fehlt es aufgrund der relativ kurzen Auftritte des Glasmännchens und Holländer-Michels auch an Mystik bzw. Gruselfaktor. Hingegen kommt die Herz-Symbolik am Ende sehr schön (bzw. eher eklig) rüber. Auch dass Frederick Lau (als Köhler-Peter) das zerzauste Haar und die schmutzigen Klamotten viel besser stehen, als die gestriegelte Frisur und piekfeine Verkleidung, passt wunderbar.

Filmwertung
6/10

Kurzfassung

Die deutsche Produktion „Das kalte Herz“ kann insgesamt überzeugen. An den richtigen Stellen modernisiert, bewahrt sie weitestgehend die wichtigen Charakteristika des Märchen-Genres.

Fazit:

Die Märchenverfilmung Hauffs anno 2016 findet trotz einigen Mäkeln seine Daseinsberechtigung, da sie gut unterhält und die richtigen Werte vermitteln kann. Zusammengefasst durch das Glasmännchen plädiert „Das kalte Herz“ an die Vernunft, das Mitgefühl und die Liebe gegenüber Mitmenschen und der Natur.


von Nicolas Wenger

Mehr zum Film:
Trailer: Filminfo:

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