The Last Duel – Filmkritik: Spannendes Historiendrama

Jodie Comer in Last Due
Jodie Comer in Last Duel © Disney

Die Kritik:

Ridley Scott wandelt nur zu gerne zwischen Genie und Wahnsinn. Mit „Blade Runner“ oder „Alien“ hat er zwei der einflussreichsten und besten Filme aller Zeiten erschaffen, während er sich bei „Alien: Covenant“ oder „Exodus: Götter und Könige“ nicht gerade mit Ruhm bekleckert hat. Nun erscheinen dieses Jahr direkt zwei Filme von ihm: „The Last Duel“ und „House of Gucci“. Mit „The Last Duel“ lässt der Filmemacher verlauten, dass er, genauso wie das Genre des Historienepos, noch lange nicht abgeschrieben werden sollte.

The Last Duel
The Last Duel – Plakat © 2021 20th Century Studios.

„The Last Duel“ ist eine Adaption des gleichnamigen Buches und handelt von dem letzten legalen Duell in der Geschichte Frankreichs. Die schöne Marguerite de Carrouges (Jodie Comer), Ehefrau des Ritters Jean de Carrouges (Matt Damon), beschuldigt den früheren Freund Jacques Le Gris (Adam Driver), sie vergewaltigt zu haben. Um den Streit der Männer zu schlichten, wird ein Duell gefordert, dass einem der Ritter den Tod bringen wird. Besonders ist vor allem die Erzählweise des Historiendramas, denn Scott unterteilt den Film in drei große Abschnitte und lässt aus der Sicht der drei Protagonisten, ihre Wahrheit erzählen.

Diese Erzählweise wurde bekannt durch Akira Kurosawas Meisterwerk „Rashomon – Das Lustwäldchen“, in welchem ebenfalls verschiedene Hauptfiguren die Geschichte aus ihren Augen wiedergeben. In „The Last Duel“ werden die Geschehnisse dreimal ausführlich wiederholt, wobei in jeder Sichtweise neue Details auffallen. Zwischendurch kommt es dennoch immer wieder zu Längen, denn mit seinen 150 Minuten ist das Historiendrama wirklich lang, ausführlich und etwas wiederholend. Spätestens in der dritten Nacherzählung aus der Sicht von Marguerite versteht man aber, warum die beiden vorherigen Sichtweisen so lang sein mussten.

The Last Duel
The Last Duel: Jean de Carrouges (Matt Damon) und Jacques Le Gris (Adam Driver) © 2021 20th Century Studios.

Ben Affleck und Matt Damon haben zum ersten Mal seit „Good Will Hunting“ das Drehbuch geschrieben und die Begeisterung der beiden für das Projekt spürt man in jeder Zeile. Co-Autorin Nicole Holofcener darf man in diesem Zusammenhang natürlich ebenfalls nicht vergessen. Den Autoren gelingt es, dass man sich als Zuschauer omnipräsent an unsere Zeit erinnert fühlt, obwohl das Duell vor über 600 Jahren stattgefunden hat. An dem Fakt, dass das System immer noch die falschen Menschen schützt, hat sich seitdem leider wenig verändert und das macht vor allem eins – traurig. Frauen sind in dieser männerdominierten Mittelalter-Welt nicht mehr als Besitz und werden von allen Seiten, so gut es geht, unterdrückt. Erschreckend ist vor allem die Bosheit der Richter, wenn Marguerite ihre Erlebnisse schildern muss und von privilegierten Männern schon im Vorhinein verurteilt wird. Dies ist nur einer der Fälle, in welchen man die Parallelen zu unserer heutigen Zeit spürt. Wir, als Gesellschaft, sind nämlich nicht viel weiter gekommen und wie das Autorenteam diese Assoziationen einfängt, ist wirklich große Kunst.

Matt Damon und Ben Affleck waren jedoch nicht nur für das Drehbuch verantwortlich, sondern spielten auch noch im Film mit. Die Rolle des Ehemannes von Marguerite übernimmt Matt Damon („Der Marsianer“) und er überzeugt vor allem durch sein Außenseitertum. Jean wird am Hof nicht akzeptiert, teils sogar ausgegrenzt, was den Stolz des Ritter sehr verletzt. Er wird durch sein stumpfes Auftreten immer wieder belächelt, Damon fängt dieses Bild sehr gut ein. Ben Affleck („Gone Girl – Das perfekte Opfer“) hingegen verkörpert Pierre d’Alençon, welcher der Graf ist, der Jean de Carrouges Gespött inszeniert und zudem mit dem potentiellen Vergewaltiger Jacques Le Gris befreundet ist. Jacques Le Gris wird von Adam Driver („Marriage Story“) geschauspielert, der sich momentan in den Schauspiel-Olymp arbeitet. In jeder Rolle spielt Driver ganz groß auf und in „The Last Duel“ untermauert er seinen Status als neues großes Gesicht in Hollywood. Der Star des Filmes ist nichtsdestotrotz Jodie Comer, welche man beispielsweise aus der Erfolgsserie „Killing Eve“ kennen könnte. Ihre Rolle ist die zärtlichste und wichtigste im gesamten Film und Comer brilliert insbesondere im letzten Drittel von „The Last Duel“. Ihre Performance ist nicht nur eine Bewerbung für noch größere Projekte, sie ist des Weiteren eine Kampfansage für die Oscars 2022. Der Cast reißt vollkommen mit, genauso wie das überragende Produktionsdesign.

The Last Duel: Jacques Le Gris (Adam Driver)
The Last Duel: Jacques Le Gris (Adam Driver) © 20th Century Studios.

Im Gegensatz zu vielen anderen Vertretern zeigt Ridley Scott keine romantisierte Version des Mittelalters, sondern er zeigt dieses in roher und brutaler Realität. Schlachten und Action-Elemente werden nur sehr spärlich eingesetzt, die dafür aber eine schiere Begeisterung durch den dreckigen Realismus auslösen. Das Duell zwischen Jacques Le Gris und Jean de Carrouges wirkt ähnlich echt und ist zudem außerordentlich spannend. Außerdem fühlt man sich immer wieder erschlagen von dem riesigen Produktionsdesign und den monumentalen Bildern, die Kameramann Dariusz Wolski („Fluch der Karibik“) einfängt. Aus diesen Gründen verzeiht man auch die künstlichen CGI-Effekte, welche in Landschaftsaufnahmen klar zu erkennen sind. „The Last Duel“ ist somit ebenfalls ein erster Einblick, wie Scotts Napoleon-Verfilmung „Kitbag“ aussehen könnte und das macht Lust auf mehr.

Filmwertung
8/10

Kurzfassung

Ein spannendes Historiendrama, dessen Handlung bis heute wichtig ist.

Fazit:

„The Last Duel“ ist kein kurzweiliger Film, den man direkt noch einmal sehen möchte. Er ist anstrengend, gar kräftezehrend und lässt den Zuschauer noch lange über das Gesehene nachdenken. Scott erzählt eine Geschichte, die bis zum heutigen Tag wichtig und aktuell ist. Mit genialen Schauspielern, tollen Bildern und einer interessanten Erzählweise hält uns der Meisterregisseur einen Spiegel ins Gesicht und offenbart, dass manche Probleme selbst nach Jahrhunderten noch nachklingen.


von Lukas Weinandy

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