Die Frau des Nobelpreisträgers – Blu-ray Kritik

Die Frau des Nobelpreisträgers – Joan (Glenn Close) und Joe Castleman (Jonathan Pryce) sind ein eingespieltes Team.
Die Frau des Nobelpreisträgers – Joan (Glenn Close) und Joe Castleman (Jonathan Pryce) sind ein eingespieltes Team. © SquareOne Entertainment / Graeme Hunter

Die Kritik:

Blu-ray Cover zu Die Frau des Nobelpreisträgers
Blu-ray Cover zu Die Frau des Nobelpreisträgers © capelight pictures

Auch bei der siebten Oscarnominierung – die vierte als beste Hauptdarstellerin – ging Glenn Close wieder einmal leer aus. Dagegen war sie diesmal mit dem Screen Actors Guild Awards als beste Hauptdarstellerin sowie mit einem Golden Globe als beste Hauptdarstellerin in einem Drama ausgezeichnet worden. Es war ihr dritter Golden Globe und der erste für eine Kino-Produktion. Sämtliche Nominierungen waren für ihre Rolle als die Frau des Nobelpreisträgers im gleichnamigen Film gerechtfertigt. Aber auch Oscarnominierungen für das beste adaptierte Drehbuch sowie für Jonathan Pryce wären mehr als verdient gewesen. „The Wife“, wie er im Original heißt, bietet Schauspielkino vom Feinsten und beeindruckt den Zuschauer mit dezenter Emotionalität in den richtigen Momenten sowie feinen Dialogen. Lediglich zu behaupten, dass hier die Chemie zwischen Glenn Close und Jonathan Pryce stimmt, wäre mehr als untertrieben. Denn was hier 94 Minuten (ohne Abspann) dem Zuschauer geboten wird, ist Schauspielerei von einem anderen Stern. Es ist ein Ehedrama, welches sämtliche Emotionen beim Zuschauer hinterlässt – Freude, Demut, Trauer, Wut – all das fühlt man in diesem Film. „Die Frau des Nobelpreisträgers“, was auf den Roman „Die Ehefrau“ basiert, ist ein kraftvolles Stück Kino, das nicht nur Arthouse-Fans begeistern wird.

Die Frau des Nobelpreisträgers – Joan Castleman (Glenn Close) mit ihrer Tochter und Sohn David (Max Irons)
Die Frau des Nobelpreisträgers – Joan Castleman (Glenn Close) mit ihrer Tochter und Sohn David (Max Irons) © SquareOne Entertainment / Graeme Hunter

Zwar geht es oberflächlich gesehen, um die eine lange Ehe und um Liebe. Es geht um Beziehungen, die Abhängigkeit von einer anderen Person sowie um zwischenmenschliche Sensibilität. Präziser ausgedrückt geht es um das Thema „Lebensentscheidungen einer Frau“. Es geht eng einher mit der Tatsache, dass mit einer Eheschließung Frauen, zumindest in den 50er und 60er Jahren, Zukunftsperspektiven geopfert haben und sich den Zielen und Träumen des Mannes untergeordnet haben. So wurde der Mann unterstützt und die eigenen Träume begraben. Ob das heute überhaupt nicht mehr existent ist, darf stark angezweifelt werden, weswegen die Relevanz des Films für die heutige Gesellschaft unbestritten ist. Der Film spielt im Jahr 1992, beinhaltet jedoch Flashbacks in das Ende der 50er und 60er. Im Jahr 1992 erfährt Joe (Jonathan Pryce), dass er den Nobelpreis für Literatur erhalten wird, woraufhin er mit seiner Frau Joan (Glenn Close) und seinem Sohn (Max Irons) nach Stockholm reist, wo jährlich die Preisverleihung stattfindet. In den Flashbacks wird von der Zeit vor der Ehe bzw. den Anfängen der Ehe dieses Paares erzählt. Diese Flashbacks haben jedoch einen genauen Zweck und sind höchst relevant für die Bedeutung der Geschehnisse der Gegenwart. Man erfährt nicht nur Zusatzinfos, sondern lernt die Charaktere sowie auch das Eheleben der Beiden besser kennen. Der Film zeichnet das Ehepaar mehr als realistisch. Man spürt in jeder Sekunde des Films die mehr als drei Jahrzehnte andauernde Ehe, was auch an den Schauspielern liegt, die jedoch später näher thematisiert werden.

Die Frau des Nobelpreisträgers – Joan (Glenn Close) ist für Joe jederzeit die perfekte Unterstützung.
Die Frau des Nobelpreisträgers – Joan (Glenn Close) ist für Joe jederzeit die perfekte Unterstützung. © SquareOne Entertainment / Graeme Hunter

Inszenatorisch ist der Film sehr bodenständig und schlicht gehalten. Es gleicht in den meisten Szenen einem Kammerspiel. Technisch ist das hier eine solide und souveräne Inszenierung der Geschichte. Viel wichtiger sind die Schauspieler und die Dialoge. Denn hier passt jeder Dialog, sowohl in den versöhnlichen Momenten als auch im Streit. Es ist ein Genuss dem Ganzen zu folgen und den verbalen Schlagabtausch zu beobachten. Teilweise kommt das Ganze an Richard Linklaters Meisterwerk „Before Midnight“ ran, auch wenn er nicht ganz in dieser Liga mitspielt, was jedoch an anderen Dingen liegt, auf die ebenfalls gleich eingegangen wird. Dem Film umgibt von Beginn an eine latente Spannung, die dazu führt, dass der Film äußerst kurzweilig ist sowie keinen einzigen Hänger hat, was die Dramaturgie angeht. Hier wird immer stärker an der latenten Spannungsschraube gedreht, was die Geschichte letztlich zu einem beinahe perfekten Ende bringt, aber leider nur beinahe. Denn mit diesem Ende mangelt es dem Streifen letztlich an Konsequenz in seiner Message und auch in seiner Story selbst. Dies ist sehr schade und verwehrt dem Film letztlich eine außerordentlich hohe Bewertung. Dies ist wohl dem Roman geschuldet, jedoch ist das Ende durchaus ein Manko, auch wenn es filmisch und schauspielerisch toll anzusehen ist. Möchte man dies kritisch würdigen, so muss man feststellen, dass Mut fehlt mit gewisser Härte einen Standpunkt zu festigen.

Die Frau des Nobelpreisträgers– Joe Castleman (Jonathan Pryce) genießt die Aufmerksamkeit.
Die Frau des Nobelpreisträgers– Joe Castleman (Jonathan Pryce) genießt die Aufmerksamkeit. © SquareOne Entertainment / Graeme Hunter

Das Prunkstück des Films ist natürlich Glenn Close. Doch was man nicht vergessen darf, ist die überragende Leistung von Jonathan Pryce. Wie schon eingangs erwähnt, ist dies Schauspiel der Extraklasse. Was beide von der ersten Szene an schaffen, ist, dem Zuschauer die Schwere einer langen Ehe aufzuzeigen, was ihnen mit ganz feinem Schauspiel gelungen ist. Man glaubt sofort, dass man hier einem Ehepaar zusieht, dass mehrere Jahrzehnte zusammen verbracht hat, sich in und auswendig kennt und vieles durchlebt hat. Es wirkt alles so natürlich und nicht gespielt. Die Darsteller hauchen ihren Figuren eine bemerkenswerte charakterliche Tiefe ein, die der Wertigkeit des ganzen Films zu Gute kommt. Besonders im letzten Viertel ist der Film gespickt mit schauspielerischen Glanzmomenten. Hier trumpft Glenn Close vollends auf. Die Wut, der Neid, die Trauer und Enttäuschung von Joan schafft sie mit sehr viel Feingefühl und ehrlichem Spiel, ohne zu overacten, darzustellen. Auch über den ganzen Film hinweg, schafft es Glenn Close minimalistisch lediglich mit feinfühlender Mimik Emotionen zu spielen. Man könnte hier noch ewig weiter schwärmen – zusammengefasst sind das hier von beiden Schauspielern Performances, die Schauspiel definieren.

Bild:

Bei der Bildqualität gab es im Hintergrund in der einen oder anderen Szene leichte Verzerrungen und Unschärfe, die irritierend wirkte, sobald es einem auffiel. Darüber hinaus war das Bild zufriedenstellend, jedoch nicht bemerkenswert.

Ton:

Die Frau des Nobelpreisträgers – Die jungen Joan (Annie Starke) und Joe Castleman (Harry Lloyd)
Die Frau des Nobelpreisträgers – Die jungen Joan (Annie Starke) und Joe Castleman (Harry Lloyd) © SquareOne Entertainment / Graeme Hunter

Der Film wurde in der deutschen Synchronfassung geschaut und es wurde nicht bereut, da hier die Synchronarbeit höchst gelungen ist und die Sprecher die Figuren toll einverleibt haben. Die DTS-HD MA 5.1-Kodierung ist in beiden Fassungen vorhanden. Die Dialoge sind allesamt akustisch verständlich und es gibt hier keine negativen Punkte aufzuzählen.

Extras:

Bei den Extras gibt es ein kleines Making-of, Interviews mit Cast & Crew sowie den Trailer. Bei den Interviews kommen die Produzenten, die Drehbuchautorin, der Regisseur sowie die Schauspieler zu Wort. Der sich in Grenzen haltende Werbecharakter sowie auch die Einblicke in die persönliche Sicht der Verantwortlichen in die Thematik des Films machen diesen 30-minütigen Zusammenschnitt der Interviews sehenswert. Das Making-of zeigt einen unkommentierten Blick hinter den Kulissen während des Drehs verschiedener Szenen sowie den Regisseur Björn Runge in Interaktion mit den Darstellern und der Crew.

Blu-ray Wertung
  • 8.5/10
    Film - 8.5/10
  • 6.5/10
    Bild - 6.5/10
  • 8.5/10
    Ton - 8.5/10
  • 6.5/10
    Extras - 6.5/10
8/10

Kurzfassung

Ein Drehbuch, gespickt mit starken Dialogen, und großartig aufspielende Darsteller bietet „Die Frau des Nobelpreisträgers“.

Fazit:

Vielleicht mag es eine subjektive Sicht der Dinge sein. Doch letztlich fehlt hier in den letzten Minuten des Films die Konsequenz in der Auserzählung seiner Geschichte. Natürlich liegt dies wohl am Roman. Ein anderes Ende hätte dem Film jedoch besser getan. Schließlich ist „Die Frau des Nobelpreisträgers“ Oscar- und Schauspielkino auf allerhöchstem Niveau, das grandiose Dialoge, eine wichtige Thematik sowie hervorragende Darsteller besitzt, welche insgesamt Teil eines brillanten Ehedramas sind.


von Morteza Wakilian

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