Der Mann mit den Röntgenaugen – Die Science-Fiction der Sechziger

Der Mann mit den Röntgenaugen: Dr. James Xavier (Ray Milland) möchte der menschlichen Sehkraft zu ungeahnter Stärke verhelfen
Der Mann mit den Röntgenaugen: Dr. James Xavier (Ray Milland) möchte der menschlichen Sehkraft zu ungeahnter Stärke verhelfen © Anolis Entertainment

Die Kritik:

Der Mann mit den Röntgenaugen - Blu-ray Cover A+B
Blu-ray Cover A+B © Anolis Entertainment

Der Wissenschaftler Dr. James Xavier (Ray Milland) hat einen großen Traum. Er will die Sehkraft der Menschen um ein Vielfaches steigern, nutzen wir doch gerade mal einen Bruchteil dessen, zu dem wir anatomisch in der Lage wären. Doch gerade als ihm im Zuge seiner Experimente ein neuer Durchbruch gelingt, gehen ihm die Fördergelder aus. Um zu beweisen, dass er auf dem richtigen Weg ist, testet er sein neues Serum an sich selbst – mit erstaunlicher Wirkung. Von nun an kann er durch Objekte hindurchsehen. Diese Fähigkeit beginnt allerdings schnell ihm stark zuzusetzen, sehr zur Beunruhigung seiner Kollegen.

Der Mann mit den Röntgenaugen: Der Röntgen-Partyblick
Der Röntgen-Partyblick © Anolis Entertainment

Die Science-Fiction war schon immer ein Genre, in dem der Grat zwischen visionär und naiv ziemlich schmal war. Das gilt vor allem für eine Zeit, in der der fiktionale Teil noch erheblich größer war als der wissenschaftliche, was entsprechend aber zu einer farbenfroheren Bandbreite an Beiträgen führte. Zu diesen zählt zweifellos auch vorliegender „Der Mann mit den Röntgenaugen“ von Kultregisseur Roger Corman. Dessen geradlinige Geschichte beginnt als wissenschaftliches Experiment und wird dann schnell zu einem fantastisch-skurrilen Abenteuer mit aus heutiger Sicht liebenswertem Trash-Charme. Der äußert sich u.a. unfreiwillig in der bierernsten Darstellung seiner oft abstrusen Ideen und in der einen oder anderen Logiklücke. So sind Grad und Funktionsweise von Dr. Xaviers Röntgenblick ähnlich wie die diversen Zeitreise-Paradoxen der Kinogeschichte nicht immer vollkommen nachvollziehbar. Das gleichen der Einfallsreichtum und die schnörkellose Inszenierung allerdings locker aus. Und schließlich ist es wohl auch eher liebenswertes Zeichen der Zeit als ärgerlicher Fehler, wenn Xavier durch die Kleidung der Stationshilfe hindurchsehen kann, aber nicht durch den Rezeptionstresen, hinter dem sie sitzt.

Große Freude bereiten aber nicht nur die fantasievolle Umsetzung der Geschichte, sondern auch Look und Besetzung. Ersterer kommt zwar immer ein wenig trashig daher, nutzt aber dabei sämtliche der bescheidenen zur Verfügung stehenden Mittel, wie man es von Corman kennt, bestmöglich aus. Die Darsteller und Darstellerinnen beweisen echte Spielfreude und legen eine Ernsthaftigkeit an den Tag, die geradezu mitreißend ist. Allen voran liefert Oscar-Preisträger Ray Milland eine Performance als ‚mad scientist‘ ab, die beispielhaft für das gesamte Verständnis dieser klassischen Filmfigur ist – ursprünglich motiviert von höchster Selbstlosigkeit, unbegrenzt besessen von seinem Ziel und unendlich tragisch in seinem unabwendbaren Schicksal.

Der Mann mit den Röntgenaugen:
Dr. Xavier lässt sich nicht aufhalten © Anolis Entertainment

All diese verschiedenen Elemente werden durchgehend zusammengehalten von dem Drehbuch der Autoren Robert Dillon („French Connection II“) und Ray Russell, das nicht nur den oben genannten Erzählbogen meistert, sondern diesen auch noch mit wuchtigen Worten anreichert. Alles Gesagte scheint ungemein bedeutungsschwanger und schwankt dadurch stetig zwischen poetischem Pathos und spaßiger Lächerlichkeit. Es ist ein weiterer schmaler Grat, den „Der Mann mit den Röntgenaugen“ entlang balanciert, den er aber bis zu seinem konsequenten Ende absolviert.

Bild:

Der Mann mit den Röntgenaugen: Röntgenbilder ohne Röntgengerät
Röntgenbild ohne Röntgengerät © Anolis Entertainment

Zu sagen, dass man dem Film seine 53 Jahre kaum ansieht, wäre wohl etwas übertrieben, doch die Full-HD-Konvertierung ist mehr als gelungen. Scharfe Konturen, klare Farben und eine hervorragende Bildtiefe machen „Der Mann mit den Röntgenaugen“ selbst mit der begrenzten Sehkraft eines gewöhnlichen Menschen zu einer echten Augenweide.

Ton:

Auch die Sound-Qualität kann sich hören lassen. Aussetzer, Knacken oder Rauschen – alles durchaus mögliche Macken von alten Filmen, die nicht gerade zu Hollywoods filmhistorischem Rettungsfundus gehören – gibt es quasi gar nicht und die Abmischung ist ausgezeichnet. Unterschiede in der Klangqualität zwischen deutscher und englischer Fassung gibt es nur ein paar wenige.

Extras:

Neben dem deutschen und dem amerikanischen Trailer bietet die Blu-ray außerdem einen alten Orion-Werbeflyer, den man sich in einer geführten Präsentation ansehen kann, sowie eine Bildergalerie mit Szenenfotos und Werbematerial zum Film. Das ist nicht unbedingt zufriedenstellend, aber wohl auch dem Underdog-Faktor des Films geschuldet.

Blu-ray Wertung
  • 8/10
    Film - 8.0/10
  • 9/10
    Bild - 9.0/10
  • 8/10
    Ton - 8.0/10
  • 4/10
    Extras - 4.0/10
7.5/10

Kurzfassung

Trotz einer gewissen zeitgemäßen Naivität ein grandioser Sci-Fi-Klassiker.

Fazit:

Ein durchaus unterschätzter Science-Fiction-Klassiker, der alles hat, was eine Geschichte um einen so besessenen wie tragischen Wissenschaftler braucht – plus eine gehörige Portion aus heutiger Sicht leicht trashigen Charmes. Die Blu-ray beeindruckt mit einwandfreier technischer Qualität.


von Matthias Pasler

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