Die Lebensweisheiten eines Mandalorianers

Mandalorian - Key Art
Mandalorian - Key Art © Disney

Ein Kopfgeldjäger geht in eine Bar. Alle Blicke sind auf ihn gerichtet. Schweigsam geht er zum Tresen. Es entsteht ein Kampf, in dessen ebenso kurzen wie brutalen Verlauf dieser seine Angreifer einen nach dem anderen ausschaltet. Er wendet sich seiner Zielperson zu. „I can bring you in warm or I can bring you in cold.” Dieser Mann ist ein Killer, ein Menschenjäger – er ist ein Mandalorianer, ein Mitglied jenes legendären, uralten Kriegervolkes, das in der gesamten Galaxis für sein Geschick bekannt ist. Bereits diese Szene sagt uns so vieles über das Wesen unseres Protagonisten aus. Was also sollten wir von solch einem Kerl für unser eigenes Leben lernen können?


Mando startet seine Reise isoliert, einsam und mit einer inneren Lehre, die nur durch das strenge Kredo seines Clans gefüllt werden kann – den Children of the Watch, eine selbst für Mandalorianer ungewöhnlich fanatische und extreme sektenähnliche Gruppierung. Von Kindesbeinen an wurde unsere Hauptfigur indoktriniert und als gewissenloser Jäger großgezogen. Seit damals bekam niemand mehr sein Gesicht zu sehen.

In vielen anderen Geschichten über die Mandalorianer stehen Zusammenhalt, Loyalität, Brüderlichkeit und Familie im Mittelpunkt ihres Lebensstils. Hier wirken all diese Werte mehr wie ein leeres Versprechen. Keiner dieser Krieger steht sich wirklich nah. Es ist eines einsames und isoliertes Leben. Als Mando schließlich auf den jungen Grogu trifft, erinnert ihn dieser sofort an sein eigenes Schicksal als hilfloses, alleingelassenes Waisenkind. Vielleicht zum ersten Mal in seinem Erwachsenenleben, trifft er eine eigene Entscheidung – die Entscheidung zu retten, statt zu töten. Und zum ersten Mal fühlt er wieder eine Verbundenheit mit etwas anderem als diesem Kredo. Der Killer wird zum Menschen. Er entwickelt eine eigene Moral und Persönlichkeit, unabhängig vom Schmerz seiner Vergangenheit (perfekt illustriert an seiner Beziehung zum Droiden IG-11).

Wo er anfangs noch aus Verbundenheit zu seinem Kredo die Avancen der Witwe Omera ablehnt, schließt Din Djarin im Laufe seiner Geschichte Freundschaften mit einigen Nicht-Mandalorianern, darunter Cobb Vanth, Cara Dune, Greef Karga und Boba Fett. All diese Beziehungen zeigen ihm, dass es auch ein Leben befreit von jenen Einschränkungen geben kann. Doch gerade das Aufeinandertreffen mit der Mandalorianerin Bo-Katan Kryze sollte sein Weltbild nachhaltig verändern.

Mandalorian - Ahsoka
Mandalorian – Ahsoka © Disney

Zum ersten Mal traf er hier auf Mandos, die ihre Helme abnahmen und nach ganz anderen Regeln leben. Die Serie lässt Din zunehmend seine eigene Biographie und wie sie ihn beeinflusst hinterfragen. Auch Ahsoka Tano und gerade Migs Mayfeld bilden wichtige Stationen auf dieser Reise. „If you´re born on Mandalore, you believe one thing. If you´re born on Alderaan, you believe something else.“ Zunehmend brechen Mandos Weltanschauungen auseinander, bis er schließlich im höchst-emotionalen Finale der zweiten Staffel seinen Helm abnimmt, um seinen Sohn zum ersten Mal mit seinen eigenen Augen sehen zu können. Eine simple Entscheidung, die jedoch so viel über seine Reise aussagt.

Die nachfolgende Tragödie liegt darin, dass Djarin nun den Auslöser für seine Charakterentwicklung verloren hat, und nachfolgend in seinem Schmerz und Einsamkeit erneut in alte Muster zurückfällt. Nun agiert er wieder als Kopfgeldjäger und kehrt zu seiner fanatischen Enklave zurück, nur um dieser verwiesen zu werden, weil er eben seinen Helm abgenommen hatte. Doch wie weit er inzwischen als Figur gekommen ist, wird uns gezeigt als er sich entschließt für Boba Fett und Fennec Shand ohne Bezahlung, als Gefallen für seine Freunde, zu arbeiten.

Bei einem simplen, aber wichtigen Gespräch in einer zerbombten Cantina zwischen Fett und Djarin, bemerkt man, dass er inzwischen an Werte wie Loyalität nicht glaubt, weil er dahingehend indoktriniert wurde, sondern weil er sich dafür entscheidet. Er entscheidet sich zu bleiben, zu kämpfen und für die Leute von Tatooine einzustehen. In diesem Moment steht er nicht nur für seinen Code, für seine Freunde oder sich selbst ein. Er steht für etwas Größeres ein – und das ohne Bezahlung. Und das wird ihm belohnt, indem er nach schier endlosem Trennungsschmerz mit seinem Ziehsohn Grogu wieder vereint wird.

Mandalorian - Boba Fett
Mandalorian – Boba Fett © Disney

Über zwei Staffeln „The Mandalorian“ und drei Folgen „The Book of Boba Fett“ entwickelt sich Din Djarin von einem gewissenlosen, bisweilen sogar grausamen Kopfgeldjäger (einige Andeutungen in der Folge „The Prisoner“ sind dabei besonders ausschlaggebend) zu einem liebevollen Vater, einem treuen Freund und einem selbstlosen Kämpfer. Dies gelingt nur durch die Leute denen er auf seiner Reise begegnet. Alte Feinde, neue Verbündete und langfristige Freunde halten ihm einen Spiegel vor, lassen ihn seine Entscheidungen und sein Weltbild überdenken und so zu einem besseren Menschen werden, der über die Indoktrinierung und den Schmerz seine Kindheit hinwegkommt. Wieso können wir das also nicht auch?

Wie viele Star Wars Geschichten gibt uns „The Mandalorian“ Hoffnung für unser eigenes Leben. Wir bestimmen unser Schicksal – alles, was es dazu braucht, sind die richtigen Freunde (oder ein zuckersüßes, grünes, 50-jähriges Baby).

von Sebastian Stegbauer

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