The Nightingale – Blu-ray Kritik zum Rachewestern

The Nightingale: Clare (Aisling Franciosi) mit ihrem Pferd
The Nightingale: Clare (Aisling Franciosi) mit ihrem Pferd © Koch Films

Die Kritik:

The Nightingale - Schrei nach Rache - Blu-ray
The Nightingale – Schrei nach Rache – Blu-ray © Koch Films

Jennifer Kent hat im Jahr 2014 einen absoluten Überraschungshit hingelegt. Mit der Horrorperle und ihrem Debütfilm „Der Babadook“ konnte die Australierin weltweit für Aufmerksamkeit sorgen, weshalb ihr zweiter Film „The Nightingale – Schrei nach Rache“ auf große Erwartungen stieß. Nachdem der Film 2018 bei den Internationalen Filmfestspielen von Venedig debütierte, erscheint Kents historischer Rache-Thriller nun endlich in Deutschland.

Der Film handelt von der jungen Irin Clare (Aisling Franciosi), die zu Beginn des 19. Jahrhunderts in der britischen Strafkolonie Van Diemen´s Land lebt, welches dem heutigen Tasmanien entspricht. Sie jagt einen britischen Offizier (Sam Claflin) und seine Kumpanen, die ihre Familie ausgelöscht und sie vergewaltigt haben. Stets auf der Suche nach Rache gerät sie auch noch zwischen den Konflikt der Ureinwohner Tasmaniens und den britischen Kolonialisten.

Schon in den ersten zehn Minuten des Filmes wird eine Frau vergewaltigt. So soll dem Zuschauer schon früh gezeigt werden, dass der bevorstehende Film kein leichter Tobak wird. Die folgenden 136 Minuten wollen ein extrem düsteres, bestialisches, aber vor allem realistisches Bild zeichnen, dass sich nicht davor scheut, auch explizite Gewalt zu zeigen. Im Mittelpunkt dieser steht natürlich die Protagonistin Clare, welche phänomenal von Aisling Franciosi (Game of Thrones) verkörpert wird. Ihre Performance ist wirklich emotional und man verspürt permanentes Mitleid mit ihr. Herausragend ist auch ihr Gesang, welcher einen großen Teil der musikalischen Untermalung einnimmt. Im Fokus stehen aber auch noch drei weitere Darsteller, die sich nicht hinter Franciosi verstecken müssen. Sam Claflin, den viele aus „Peaky Blinders“ oder „die Tribute von Panem“ kennen könnten, spielt den Antagonisten Hawkins, der den Mord an der Familie Clares befahl.

The Nightingale: Aisling Franciosi rennt durch den Wald
The Nightingale: Aisling Franciosi rennt durch den Wald © Koch Films

Er verkörpert das pure Böse und schafft es immer wieder durch seine Gewaltakte, den Zuschauer zu schockieren. Sein ganzes Verhalten schafft ihm eine undurchdringliche Autorität, die seine Soldaten nicht in Frage stellen können. Darunter auch „Once Upon a Time in Hollywood“-Darsteller Damon Herriman, den viele als Charles Manson noch im Kopf haben werden. Als einzige Hilfe steht Clare Billy bei, einer der letzten Überlebenden des Genozids an die Tasmanier durch die Kolonialisten, der ihr hilft, die Fährte der Briten zu lesen. Erst durch seine Figur wird, die sonst raue Atmosphäre, ab und zu etwas aufgelockert.

Der Grundton des Filmes bleibt aber, abgesehen von einzelnen Szenen, rau und authentisch. Diese Authentizität wird auch durch die Dialoge verstärkt, die immer wieder rassistisch und sexistisch sind. Im Hinblick auf die aktuellen Ereignisse in den USA schafft es der Film, das Thema Rassismus und Ausgrenzung anzusprechen, ohne dabei in einer Moralkeule zu versinken. Durch die grausamen Aufnahmen der letzten Wochen schockt der Film vielleicht noch mehr und führt uns vor Augen, dass Rassismus in keiner Gesellschaft jemals Platz finden darf.

Kent schafft es dabei, sich bei Gewaltszenen nicht auf den Akt der Gewalt selber zu konzentrieren, sondern auf die Auswirkungen dieser, auf die Leidenden. Wie es sich für einen guten Historien-Film gehört, sind auch die Kostüme realitätsgetreu. Das einzige Problem des Filmes ist die Länge. Vor allem im letzten Drittel nimmt „The Nightingale“ einige Umwege, die er gar nicht gebraucht hätte. Der Film ist zwar durchgehend ruhig und etwas träge, störend ist dies aber leider erst am Ende.

The Nightingale: Baykali Ganambarr und Aisling Franciosi
The Nightingale: Baykali Ganambarr und Aisling Franciosi © Koch Films

Bild:

„The Nightingale“ ist im Seitenverhältnis 1,37:1 gedreht, weshalb man ihn direkt mit „der Leuchtturm“ vergleicht. Auch wenn die Bilder in dem schwarz-weiß Horrorfilm beeindruckender sind, kann auch die Kameraarbeit von „The Nightingale“ überzeugen. Vor allem die Natur Tasmaniens erzeugt mit vielen hohen Bäumen und wenig Blickfeld, ein klaustrophobisches Gefühl. Aber auch die vielen Szenen bei Nacht sehen hervorragend aus. Nur die Farbkorrektur sieht in einigen Szenen am Tag etwas minderwertig aus und erinnert mehr an eine TV-Produktion.

Ton:

Der Sound des Filmes kann mit realistischen Waldgeräuschen glänzen. Auch die Gesangseinlagen von Hauptdarstellerin Aisling Franciosi klingen richtig gut. Das Tonformat DTS HD-Master Audio 5.1 kann also durchaus überzeugen, auch wenn es keine direkten Highlights gibt.

Extras:

Die Blu-ray des Filmes enthält nicht nur den englischen und deutschen Trailer, sondern auch noch zwei interessante Videos über die Produktion des Filmes. Insgesamt kommt das Bonusmaterial auf eine Länge von etwa 50 Minuten.

Blu-ray Wertung
  • 8/10
    Film - 8/10
  • 8/10
    Bild - 8/10
  • 7/10
    Ton - 7/10
  • 7/10
    Extras - 7/10
7.5/10

Kurzfassung

Starker historischer Rache-Thriller, der aber die ein oder andere Länge besitzt.

Fazit:

Jennifer Kent erschafft nach „Der Babadook“ die nächste kleine Genreperle. „The Nightingale“ schockiert vor allem durch eine unangenehme und böse Atmosphäre. Dabei werden keine Blutfontänen gezeigt, sondern purer Realismus, der einen bis ins Mark erschüttert, wenn man sich, auf die sonst eher ruhige Atmosphäre einlassen kann.


von Lukas Weinandy

Hinterlasse jetzt einen Kommentar

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht. (Kommentar wird erst geprüft)


*