Die Maske – das limitierte Mediabook in der Review

Die Kritik:

Die Maske - Mediabook
Die Maske – Mediabook © justbridge entertainment

Rocky Dennis (Eric Stoltz) ist eigentlich ein ganz normaler, selbstbewusster und aufgeweckter Teenager. Nie um einen cleveren und schlagfertigen Spruch verlegen, ist Rocky eigentlich der ideale Kumpel. Doch Rocky ist anders, zumindest äußerlich. Denn seit seiner Geburt leidet der Junge an kraniodiaphysärer Dysplasie, einer extrem seltenen Krankheit, die dafür sorgt, dass sich unnatürliche Mengen Calcium im Schädel ablagern und zu einem stetigen Wachstum der Gesichtsknochen führen. Wenn Rocky einen Raum betritt, blickt er zwangsläufig in erschrockene Gesichter, denn sein großer Kopf mit den hervorstehenden, wulstigen Knochen erweist sich als ungewohnter und leider erst mal abschreckender Anblick. Schon als Kind hat man ihm und seiner Mutter Rusty (Cher) kaum Hoffnung auf ein normales Leben gemacht, seine Lebenserwartung wurde immer wieder gar auf nur wenige Monate beziffert. Doch entgegen aller Widerstände ging Rocky einen viel weiteren Weg als erwartet, was Peter Bogdanovich berührend, aufrichtig und erstaunlich lebensfroh in seinem 1985 erschienen Biopic „Die Maske“ schildert.

Es ist wirklich bemerkenswert, mit welcher Leichtfüßigkeit New Hollywood-Ikone Bogdanovich dieses zeitlose Drama inszeniert, das so leicht in falsche Sentimentalitätsschienen hätte abgleiten können. „Die Maske“ macht tatsächlich durchaus Spaß und begegnet seiner Thematik mit entwaffnender Menschlichkeit und großer Einfühlsamkeit. Das liegt auch an dem präzise und authentisch geschilderten Milieu, in das die Handlung eingebettet ist: Der Film spielt Ende der 70er Jahre in Kalifornien und ist im Bikermilieu angesiedelt, dem Rusty angehört. Die sympathischen Lederjackenträger mit ihren imposanten Schnurbärten (allen voran der legendärste aller Bartträger Sam Elliott) sind so etwas wie eine Ersatzfamilie für Rocky, die immer für ihn da ist und ihm im Notfall auch den Rücken freihält. Rocky ist überall akzeptiert, hat Träume und Hoffnungen, will mit seinem Freund Ben (Lawrence Monoson) bald Europa bereisen.

„Die Maske“ schildert Rockys Werdegang und seine Lebensrealität in lockeren, sympathischen, aber immer völlig real, lebendig und bodenständig anmutenden Tönen, die frei von jeden Hollywood-Klischees sind. Da wären die obligatorischen Arztbesuche, bei denen Rocky mit dem ihm vertrauten medizinischen Team scherzt oder der Wechsel in die neue Umgebung der Junior High School, wo er sich mit seiner coolen Art nach den anfänglich zu erwarteten irritierten Blicken schnell integriert und Freunde findet. Früh wird deutlich, dass „Die Maske“ kein Film wie David Lynchs „Der Elefantenmensch“ ist, der von all den schmerzhaften Widrigkeiten durch Ablehnung von Andersartigkeit handelt, hier geht es um nahezu beiläufige, aber umso gewichtigere Akzeptanz. Der Film handelt eben nicht von der Krankheit, sondern von den Menschen. Bogdanovich setzt seinen Fokus auf die Eigenschaften und das rege Innenleben seiner Figuren und beobachtet feinsinnig ihren fast normalen Alltag, ohne aber die Augen vor immer wieder aufflammender Intoleranz zu verschließen.

Sam Elliott in Die Mask
Cher und Sam Elliott in Die Maske © justbridge entertainment

Neben der sympathischen wie positiven Tonalität des Films erweisen sich die exzellenten Darsteller als große Stärke des Films: So ist Eric Stoltz unter der fabelhaften, Oscar-prämierten Maske nicht wiederzuerkennen, jedoch lässt er Rockys lebensfrohe und optimistische Seele mit begeisternder und liebenswürdiger Art zum Vorschein kommen. Es dauert wahrlich nicht lange, bis einem diese Figur ans Herz wächst, man kann Rocky einfach nur mögen.

In ihrer möglicherweise besten schauspielerischen Leistung brilliert jedoch die in Cannes ausgezeichnete Cher, die Rusty als facettenreiche und zutiefst menschliche Figur zum Leben erweckt. Rusty lässt sich von niemandem was sagen, man spürt, gegen welche Widerstände die alleinerziehende Mutter immer wieder ankämpfen musste und entsprechend gegen engstirnige Vorurteile abgehärtet ist. Sie ist Rockys liebender Fels in der Brandung, der alles für ihren Sohn tun würde. Doch ihre Darstellung gewinnt schließlich nicht nur durch ihre bemerkenswerte Stärke an Größe, besonders vieldimensional und erkennbar menschlich wird sie erst durch ihre Schwächen und Verletzlichkeit.

Ihre im Hintergrund stets lodernde Drogenabhängigkeit sorgt auch für Spannungen zu ihrem besorgten Sohn und erlaubt immer wieder Momente, bei denen Rusty eben nicht auf der Höhe ist und durchaus selbst Hilfe benötigt. Cher ist hier dermaßen ausdrucksstark, echt und natürlich, dass man kaum die Augen von ihr nehmen kann. Ihre endgültige Meisterklasse offenbart sie in einer wahrlich inspirierten Schlussszene, die schließlich auch die berührendste in einem Film ist, dem es an derartigen Szenen sicher nicht mangelt.

Besonders feinfühlig und ergreifend sind die Szenen zwischen Rocky und seiner großen Liebe Diana (Laura Dern), die er als Betreuer in einem Sommercamp für blinde Kinder und Jugendliche trifft. Die damals 17-jährige Laura Dern ist wahrhaft eine strahlende, engelsgleiche Erscheinung, die so sanft und lieblich daherkommt, das man dahinschmelzen möchte. Die unbegreiflich zarten Momente zwischen ihr und Rocky gehören zu den Highlights des Films und könnten kaum berührender sein. Hier wird eine junge, völlig unverdorbene Liebe geschildert, eine Seelenverwandtschaft errichtet, die völlig autark von äußeren Kriterien existiert. Die Zeit scheint still zu stehen, wenn Rocky Diana anhand unterschiedlich temperierter und beschaffener Steine Farben erklärt, Diana Rockys Gesicht ertastet und ihm sagt, dass er für sie gut aussieht oder sie sich einfach nur ganz still im Arm halten und die Flüchtigkeit des geteilten Augenblicks genießen. So lässt sich der Film auch ganz kurz zusammenfassen, denn trotz aller Lebensfreude und Hoffnung verdeutlicht er eben auch Vergänglichkeit und lässt einen den Wert des Lebens auf bemerkenswerte Weise schätzen.

Bild:

Das Bild der Blu-ray sieht dankbarerweise nicht hochpoliert aus, sondern verheimlicht seine Herkunft aus den 80er Jahren nicht. Körnung ist jederzeit erkennbar, wodurch das Bild über eine schöne und authentische Textur verfügt. Kleine Verschmutzungen sind selten zu erkennen. Die Schärfe- und Detaillevel gehen in Ordnung. Ansonsten mutet das Bild sehr natürlich an, die Farben sind dezent und ausgewogen. Kontraste und Schwarzwerte sind ebenfalls auf anständigem Niveau, verlieren jedoch gerade bei dunklen Szenen deutlich an Kraft. Alles in allem ein würdiger und den Film originalgetreu repräsentierender Transfer.

Ton:

Akustisch geht es bei den beiden DTS-HD 5.1-Spuren recht dezent und zurückhaltend zu. Die Abmischung ist deutlich front- und dialogorientiert, wobei die Stimmen in beiden Versionen jederzeit klar und verständlich ertönen. Dynamisch wird es meist am ehesten bei den Musikszenen, der Subwoofer hält sich insgesamt jedoch sehr zurück. Auch Räumlichkeit kommt hier nie wirklich auf, was jedoch angesichts der originalen Mono-Abmischung nicht negativ ins Gewicht fällt.

Extras:

Streng genommen kommt das Mediabook ohne jegliches Bonusmaterial aus. Dafür spendiert justbridge den bislang in Deutschland unveröffentlichten Director’s Cut, der nicht nur sieben Minuten länger als die Kinofassung ist, sondern auch Bob Segers Songs mit den ursprünglichen vorgesehenen Titeln von Bruce Springsteen ersetzt. Hinzu kommt ein informatives Booklet, das in das hübsch aufgemachte Mediabook wie gewohnt integriert ist.

Blu-ray Wertung
  • 8.5/10
    Film - 8.5/10
  • 8/10
    Bild - 8/10
  • 7/10
    Ton - 7/10
  • 2.5/10
    Extras - 2.5/10
8/10

Kurzfassung

Wunderbarer, sensibler, hochgradig empathischer Film.

Fazit:

„Die Maske“ ist ein wunderbarer, sensibler, hochgradig empathischer Film mit großen universellen Qualitäten, die eigentlich jeden Zuschauer ansprechen müssten. Eine bemerkenswerte, glaubwürdig und unaufgeregt erzählte Geschichte, die sich langsam aber sicher ins Herz schleicht und sich da auch festsetzt, gepaart mit wunderbaren Darstellern, die ganz und gar menschliche und sympathische Figuren perfekt portraitieren.


von Florian Hoffmann

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