Teen Spirit – Kritik zum Musikfilm

Elle Fanning in Teen Spirit
Elle Fanning in Teen Spirit © Eurovideo

Die Kritik:

Teen Spirit - Blu-ray Cover
Teen Spirit – Blu-ray Cover © Eurovideo

Violet (Elle Fanning) ist 17 Jahre alt und lebt gemeinsam mit ihrer Mutter Marla (Agniezka Grochoswka) ein tristes Leben auf dem heruntergekommenen Hof, den einst ihr abwesender Vater mit aufgebaut hat. Das introvertierte Mädchen geht zur Schule, kümmert sich aber auch um die Tiere und geht nebenher noch kellnern. Doch ihre allumfassend deprimierende Arbeiterklasse-Existenz wird von einer Sache noch einigermaßen am Leben gehalten: ihrem Traum, Popstar zu werden. In der britischen Provinz, wo sie höchstens in der lokalen Kaschemme, bei der die größtenteils betagte Kundschaft kaum aus ihren Gläsern hochschaut, findet sie jedenfalls keinen Ruhm. Einer gibt ihr jedoch Aufmerksamkeit, nämlich der abgehalfterte ehemalige kroatische Opernstar Vlad (Zlatko Buric), der sich spontan als Manager anbietet. Was könnte da noch praktischer sein, als bei der britischen Castingshow „Teen Spirit“ teilzunehmen, die zum ersten Mal auch auf Violets Heimatinsel Castings veranstaltet?

Sollte das alles zumindest in groben Ansätzen vertraut wirken, handelt es sich hier nicht um einen Zufall. Das Spielfilmdebüt von Schauspieler Max Minghella liefert exakt und zu jeder Zeit genau vorhersehbar die Geschichte vom aufstrebenden Popsternchen, wie man sie schon etliche Male gesehen hat. Minghella arbeitet förmlich alle Klischees des Underdog-Films ab: Das junge Mädchen, für das nur eine Sache existiert, das endlich ihrem traurigen und grauen Alltag entfliehen will. Das braune Wasser, das aus den Hähnen auf dem Hof in die Badewanne strömt, die unzufriedene Mutter, der unterfordernde Job, natürlich, als Kellnerin. Dann braucht es selbstverständlich einen Mentor, der hier in der wunderbar stereotypen Figur von Vlad auftaucht. Dass dieser, wie könnte es auch anders sein, einst ein großer Star in seinem Heimatland war und nun von seiner in Paris lebenden Tochter entfremdet ist, überrascht im Verlauf des Films nur wenig.

Auch ansonsten geht Minghella gänzlich uninspiriert und ohne einen Hauch von Originalität vor. Sicher, den Schauplatz Isle of Wight hat man nicht allzu oft, jedoch bleibt dieser lokale Bezug völlig austauschbar und beliebig (abgesehen davon, dass Minghellas berühmter Vater Anthony dort geboren wurde). Dass sich zwei scheinbar völlig gegensätzliche Figuren begegnen, um sich schließlich unwahrscheinlicherweise zu helfen und zu verstehen, aneinander zu wachsen, dann im dritten Akt bei einer obligatorischen Szene sich überwerfen, um sich im triumphalen Finish wieder zu verstehen, könnte kaum vorhersehbarer sein.

Teen Spirit: Violet (Elle Fanning)
Teen Spirit: Violet (Elle Fanning) © Eurovideo

Wenn „Teen Spirit“ dann wenigstens die so offensichtliche Formel mit echtem Leben oder gar Einsichtsreichtum füllen oder sogar Spaß machen würde, könnte man natürlich ein Auge zu drücken. Doch zur Ideenlosigkeit gesellt sich dann auch noch eine nahezu jederzeit verdrießliche Stimmung, die zumeist monoton erscheint und selbst die dankbar kurzen 90 Minuten Laufzeit viel länger erscheinen lässt als nötig. Dazu kommt nochmal erschwerend hinzu, dass nicht mal die Musikszenen trotz aller stylischer Spielereien und künstlich aufgesetzter Energie frisch oder mitreißend wirken. Leider ist Elle Fanning auch keine besonders gute oder gar außergewöhnliche Sängerin, sodass auch die letzte potentielle Erfolgszutat ausbleibt. Ihre ausdruckslose Figur hebt sich darüber hinaus in keiner Weise aus dem aus leeren Hüllen bestehenden Castingshow-Einerlei heraus. Violet will „einfach nur singen“ und hat selbst neben dem sogar immer wieder im Film bemängelten fehlendem Bühnenpräsenz kaum ein Fünkchen Originalität oder eine einzige herausstechende Eigenschaft zu bieten. Wer hier einen Kommentar zur gegenwärtigen meist geistlosen und oberflächlichen Popwelt sucht, wird leider nicht fündig, erhält aber zumindest das filmische Äquivalent eines leeren und anonymen Popsongs.

Teen Spirit: Violet (Elle Fanning)
Teen Spirit: Violet (Elle Fanning) © Eurovideo

„Teen Spirit“ bewegt sich roboterhaft durch die Rising-Star-Filmklischees (die skrupellose Vertreterin aus dem Musikbusiness in Form von Rebecca Hall darf auch nicht fehlen), kann sich aber zumindest ein wenig an der soliden Kameraarbeit von Autumn Durald („Palo Alto“) und mit Abstrichen an den beiden Hauptdarstellern hochziehen. Der aus Nicolas Winding Refns „Pusher“-Trilogie bekannte Zlatko Buric ist eine angenehm unkonventionelle Besetzung, der seiner Figur echtes Pathos und Glaubwürdigkeit entlocken kann. Elle Fanning hingegen, die sonst so ansteckend quirlig und lebensfroh daherkommt, fährt in dieser Rolle völlig herunter. Dieser Mangel an Lebensfreude und Enthusiasmus, der auch in Erfolgsmomenten kaum hervorkommt, sorgt leider dafür, dass Fanning eher blass bleibt und unberührt lässt. Man kann sich nicht mal mit dieser kaum entzifferbaren Figur freuen. So hat ein ohnehin schon kaum mitreißender Film natürlich wenig Chancen, packender zu werden. „Teen Spirit“ erarbeitet sich kaum emotionale Verbundenheit mit den distanziert erscheinenden Figuren und lässt schlichtweg kalt, bleibt ohne so essentielle Momente der euphorischen, elektrisierenden Begeisterung, die gute Filme dieser Art ausmachen.

Wer aber noch nicht mit den Versatzstücken des gerade in „A Star is Born“ oder „Wild Rose“ gesehen Subgenres vertraut ist und zusätzlich der Zielgruppe um das Alter der Protagonistin angehört, könnte auch „Teen Spirit“ etwas abgewinnen. Alle anderen können hier jedoch problemlos verzichten.

Bild:

Das Bild der DVD lebt von seinen Pastellfarben, die aber von dem insgesamt oft etwas verwaschenen Eindruck und den recht schwachen Schwarzwerten und weichen Kontrasten heruntergezogen werden. Der softe Bildeindruck mag aber auch gewollt sein, da so eine gewissermaßen traumartige und atmosphärische Wirkung entsteht. Der Schärfe- und Detailumfang ist für DVD-Verhältnisse solide. Bildfehler bleiben aus.

Ton:

Akustisch wird der Film dem Genre gerecht und bietet gerade bei den Musikszenen einige Highlights. Konstant werden hier die Surroundsprecher effektiv und lebendig angesteuert, während der hohe Dynamikumfang zusätzlich für Stimmung sorgt. Hier darf natürlich auch ein wuchtiger Bass nicht fehlen. Stimmen und Dialoge ertönen in beiden Sprachfassungen klar und verständlich.

Extras:

Beim Bonusmaterial überzeugt ein kurzweiliges und einsichtsreiches Making-of, während zwei ganz kurze Featurettes sich als völlig redundant erweisen. Hinzu kommen drei Musikvideos und ein Trailer.
• Hinter den Kulissen (21:33 Min.)
• Featurettes (01:50 Min.)
• Musikvideos (03:27 Min., 03:38 Min., 03:24 Min.)
• Trailer (01:56 Min.)

Filmwertung
  • 5/10
    Film - 5/10
  • 6.5/10
    Bild - 6.5/10
  • 8.5/10
    Ton - 8.5/10
  • 4.5/10
    Extras - 4.5/10
5.5/10

Kurzfassung

Formelhafte, seelenlose und uninspirierte Musikfilmkost.

Fazit:

„Teen Spirit“ bietet formelhafte, seelenlose und uninspirierte Musikfilmkost, die leider kaum mitzureißen oder die bekannten Versatzstücke frisch aufzubereiten weiß. Da hilft auch angesichts des eher deprimierenden Tonfalls kaum, dass eine leblos auftretende Elle Fanning mit dem überzeugenden Zlatko Buric ein ungewohntes Duo bietet.


von Florian Hoffmann

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