Filmkritik zu Outlaws – Die wahre Geschichte der Kelly Gang

Die Kritik:

„Outlaws – Die wahre Geschichte der Kelly Gang“ stellt gleich im Intro (trotz des Titels) klar, dass es hier nicht gänzlich biografisch zugeht und somit einiges erfunden wurde. Wenn man sich mit der Thematik um den „Robin Hood Australiens“ nicht auskennt, also umso besser. Der Film basiert auf dem gleichnamigen Bestseller von Peter Carey. Die Blu-ray dazu erscheint am 20.08.2020.

Jener Robin Hood-Faktor, wonach die Reichen bestohlen und die Armen beschenkt werden, kommt in Regisseur Justin Kurzels Thriller-Drama etwa gar nicht zum Einsatz. Vielleicht wäre das aber auch etwas zu kitschig geworden und um diesen Wahrheitsgehalt der Gegebenheiten Ende des 19. Jahrhunderts ranken sich sowieso viele Mythen. Sicherer ist, dass Kurzel die Authentizität der Figuren wichtig erschien, durchtrieben von einem Schuss Wahnsinn oder zumindest Unberechenbarkeit. Die Gut oder Böse-Frage der einzelnen Personen rund um die Kelly-Gang muss man sich gar nicht erst stellen. Vielmehr sollte der Zuschauer sich einfach auf das packende Drama einlassen, was man von der ersten Minute an gerne tut.

Die „Los Angeles Times“ lobt laut Cover-Zitat explizit Altmeister Russel Crowe. Dass ist nicht ohne Weiteres nachvollziehbar. Nicht, dass der Oscar-Preisträger seine Rolle schlecht spiele, aber einerseits hat er wenig Screening-Time und andererseits macht der restliche Cast einen genauso tollen Job. George MacKay wurde nach seiner Darbietung im gefeierten Kriegsfilm 1917 zum Star. Hier zeigt er als Haupt-Verbrecher Ned Kelly nicht nur einen gestählten Körper, sondern auch sein emotionales Schauspiel gemischt mit rauem Ernst. Ein genauso ambivalentes Schauspiel trifft auf Essie Davis als seine Mutter Ellen zu. Wie vielfältig der Mutter-Instinkt ausfallen kann, bündelt sich in einer ihrer Aussagen im Film: Demnach könnten nämlich die Erziehungsmethoden einer Mutter danach bewertet werden, wie bereitwillig die Kinder für sie in den Tod gehen würden. Auch die Nebenrollen sind (neben dem erwähnten Russel Crowe) hervorragend besetzt. Von Charlie Hunnam als Sergeant O’Neil hätte man beispielsweise gerne noch mehr gesehen. Ganz besonders muss ansonsten noch Nicholas Hoult als Constable Fitzpatrick hervorgetan werden.

Dank der durchweg interessanten aber dennoch recht unnahbaren Figuren, gerät der Streifen unvorhersehbar. Wo man eben noch ausgetretene Pfade erkennen will, schlägt „Outlaws“ einen raschen Haken (oft durch irgendeine recht brutale Tat) und das meist ohne an Glaubwürdigkeit zu verlieren. Nur bei der Hauptfigur ist irgendwann ein Bruch zu erkennen und das Ende will etwas zu viel. Dies alles wird in teils kuriose Bilder oder Dialoge gepackt – so einige Szenen lassen einen schon Stirn runzeln, wodurch sich eine gewisse Handschrift und ein Widererkennungswert offenbart.

Bild:

Das Bild der Blu-ray ist grandios. Argumente für eine 4K-Veröffentlichung hätte das Thriller-Drama auch gehabt. Spannende Luftaufnahmen der Landschaft, ungewöhnliche Blickwinkel oder Slow-Motion-Sequenzen sind hier nämlich zu nennen.

Ton:

Hier gefällt der stimmige Soundtrack, der schmutzig-rockig daherkommt. Die Dialoge und Wortgefechte reichen von kurios bis spannend. Die Action ist toll vertont.

Extras:

Das Bonusmaterial schlägt mit einem halben Dutzend Interviews des Stabs zu Buche, die ordentlich Laufzeit bieten. Neben dem Trailer gibt es sonst noch ein schönes „Behind the Scenes“.

Fazit:

„Outlaws – Die wahre Geschichte der Kelly Gang“ ist kein typischer Kinofilm (der zumindest bei uns auch gar nicht in den Lichtspielhäusern anlief), aber der Streifen wird vermutlich zurecht eine Schar an Fans bekommen, vielleicht erreicht er gar einen kleinen Kultstatus.

Der Film gehört zu den besten Filmen aus Australien. Hier gibt unsere Übersicht anderer toller australischer Filme.