We almost lost Bochum – Die Geschichte von RAG: Blu-ray Kritik

We almost lost Bochum - Pahel / Aphroe / Wiz
We almost lost Bochum - Pahel / Aphroe / Wiz © mindjazz pictures

Die Kritik:

We almost lost Bochum - Blu-ray
We almost lost Bochum – Blu-ray © mindjazz pictures

Die Dokumentation „WE ALMOST LOST BOCHUM“ von Julian Brimmers und Benjamin Westermann erzählt die Geschichte der deutschen Hip-Hop Gruppe RAG, die Ende der 1990er bis Anfang der 2000er deutschen Rap maßgeblich geprägt hat.

In 9 Kapiteln erzählt der Film die Geschichte der vier Ruhrgebiet-Rapper Karsten Stieneke „Aphroe“, Pahel Schulinus Brunis „Pahel“, Michael Galla „Galla“ und DJ Gabriel Saygbe „Mr. Wiz“. Dabei bildet den Rahmen ein „20-Jahre“- Jubiläums-Konzert von drei der vier Bandmitgliedern aus dem Jahr 2018. Man gewinnt zu Anfang den Eindruck die Rapper untereinander hätten einander lange nicht gesehen, vielleicht sogar aus den Augen verloren und sie würden sich aber jetzt für ein letztes großes Konzert zusammenraufen. Was darauf folgt, ist Nostalgie pur und versetzt deutsche Hip-Hop-Fans der 1990er Jahre zurück in ihre Jugend und schafft gleichzeitig für spätere Generationen einen Rückblick auf das, was vor ihrer Zeit war.

Denn dieses Hip-Hop Deutschland ist zweifellos ein anderes, als wir es heute vorfinden. Das Land scheint musikalisch in unterschiedliche Teile gespalten zu sein; Hamburg hat ihre „Beginner“, Berlin seinen „Kool Savas“, Stuttgart seine „Fantas“, Heidelberg die „Stieber Twins“ und Bochum eben die „RAG“ – die „Ruhrpott AG“. Es ist auch eine Zeit, in der VIVA und MTV die Musiklandschaft bestimmen und es beginnt das Phänomen der großen Major-Labels, die Emporkömmlinge, wie die genannten Bochumer Jungs unter Vertrag nehmen und mit sechsstelligen Vorschüssen ködern.

We almost lost Bochum - Konzert
We almost lost Bochum – Konzert © mindjazz pictures

Aber der Reihe nach. Aphroe, Pahel, Galla und Mr. Wiz sind wie alle Musik-Gruppen zunächst einfache Jungs aus einfachen Verhältnissen. Rap-Musik ist anfangs nur ein Ventil. Texten und Beats werden produziert, um den Gedanken und Gefühlen Ausdruck zu verleihen. Erst ihr Auftritt bei VIVA, gefolgt vom ersten, noch selbst produzierten Album „Unter Tage“ mit dem Hit „Kopf Stein Pflaster“ bringen den Stein ins Rollen. Durch den großen Erfolg unterschrieb die Gruppe ihren ersten Major-Vertrag und gab letztlich den Startschuss für den Niedergang von RAG. Das zweite Album P.O.T.T.E.N.T.I.A.L. wurde zum kommerziellen Flop und die Bandmitglieder gingen von nun an getrennte Wege.

Nachdem sich sowohl Pahel und Galla, als auch Aphroe Soloprojekten widmeten, kam es im Jahr 2018 ganze fünfzehn Jahre nach ihrer Auslösung für das besagte Jubiläumskonzert zur Wiedervereinigung, ganz nach dem Motto „Let’s do this one more time“. Allerdings diesmal ohne Galla, der bereits 2011 an einem Hirninfarkt verstorben war, weshalb dieses letzte Konzert ganz im Zeichen von Galla, dem herausragenden Texter von RAG stand. Brimmers und Westermann inszenieren ein selten so dagewesenes Meisterwerk einer Hip-Hop Doku, die den Aufstieg und den Fall derer zeigt, die eine ganze Generation an deutschen Rap-Fans begeistert haben. Dabei wollen die Macher weder künstliche Rivalität, noch Rassismus-Debatten, noch die Übermacht der großen Major-Labels zum großen Thema machen. Dies sind alles Randnotizen eines Gemäldes, bei dem der Rahmen durchweg klar ist: Die Musik und ihre Wirkung.

We almost lost Bochum - RAG Splash
We almost lost Bochum – RAG Splash © mindjazz pictures

Bild:

Die stilistische Darstellung der Malocher aus dem Ruhrgebiet und der dichte schwarze Rauch aus den Schornsteinen gepaart mit den Konzertaufnahmen und Einzelinterviews der Bandmitglieder und ihren ehemaligen Kollegen drückt der kompletten Doku ihren Stempel auf und funktioniert hervorragend. Für die Nostalgie sorgen alte Auftritte bei VIVA und MTV, sowie Kameraaufnahmen von RAG während den Studio-Sessions zu beiden Alben.

Ton:

Highlights im Ton-Segment sind neben im Hintergrund laufenden Instrumentalbeats vor allem Aufnahmen der Songs von RAG, die zwar im Vergleich zu heutigen Aufnahmen wesentlich schlechter sind, jedoch dem Stil der Doku treu bleiben.

Extras:

Auf der Blu-ray befinden sich im „Bonus“-Bereich zahlreiche Specials, unter anderem ein Einblick in Gabriels Leben in New York, oder aber Aufnahmen von Gallas Beerdigung.

Blu-ray Kritik
  • 9/10
    Film - 9/10
  • 9/10
    Bild - 9/10
  • 8/10
    Ton - 8/10
  • 10/10
    Extras - 10/10
9/10

Kurzfassung

Starke, nostalgische Dokumentation über die längst vergessenen Ruhrpott-Rap-Pioniere der RAG!

Fazit:

„WE ALMOST LOST BOCHUM“ ist eine mehr als gelungene Nostalgie-Doku über die deutsche Hip-Hop Gruppe RAG, deren Musik eine ganze Generation geprägt zu haben scheint, deren Niedergang jedoch schneller erfolgte als erwartet. Die Rap-Community, egal ob alt oder jung kommt jedenfalls voll auf ihre Kosten und bekommt einen 100-minütigen Einblick in eine Zeit, die so wohl niemals wieder kommt.


von Torge Christiansen

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