The Night Eats The World – Blu-ray Kritik: Zombies in Paris

The Night eats the World - Zombies in Paris
The Night eats the World - Zombies in Paris © 2018 EuroVideo Medien GmbH

Die Kritik:

The Night eats the World Bluray Cover
The Night eats the World Bluray Cover © 2018 EuroVideo Medien GmbH

Das Zombiegenre beschert dem Zuschauer oft ein relativ gleiches Handlungsmuster: Das Virus befällt die Welt, die menschlich-soziale Ordnung gerät aus den Fugen und es bilden sich verschiedene Gruppierungen heraus. Gezeigt werden oft jene, die aktiv und offensiv gegen die Untoten vorgehen, Überlebenstaktiken herausarbeiten und einen möglichst hohen Bodycount verzeichnen möchten. Ganz anders soll die Geschichte von THE NIGHT EATS THE WORLD an diese überlaufene Thematik herangehen. Isolation, Psyche und Passivität stehen hier im Vordergrund und prägen die Geschichte des Hauptprotagonisten.

THE NIGHTS EATS THE WORLD ist ein neuer und relativ klein produzierter Beitrag zum Zombiegenre, der am 06.06.2018 für das deutsche Heimkino erscheint. Der Film geht 93 Minuten und ist ab 16 Jahren freigegeben.

Der Anfang des Films dient als Vorgeschichte zur Zombieinvasion und zeigt eine Party in der Wohnung von Hauptprotagonist Sams (Anders Danielsen Lie; PERSONAL SHOPPER) Ex-Freundin Fanny (Sigrid Bouaziz; PERSONAL SHOPPER), die zusammen mit dem Haus und den Pariser Straßen das Hauptsetting des Streifens bildet, das sich vornehmlich durch ein blau-weißes Farbdesign, das sich auch in der physischen Blu-Ray zeigt, das architektonische helle Art Deco der Gemäuer und vielen stark verwüsteten Szenarien im wolkigen Paris definiert.

Nachdem persönliche musikalische Hintergründe Sams gezeichnet werden, wird akustisch am Ende dieser Einführung die Invasion angedeutet. Es folgt das Erkennen der Gesamtsituation seitens Sam und somit auch das Erkunden des Hauses und die Suche nach brauchbaren Dingen. Viele unterschiedliche Räume und mehrere Stockwerke bieten hier hervorragende künstlerisch-kreative Möglichkeiten zur Einbindung interessanter Requisiten. Leider wählt der Film hier einzig und allein ein Paintball-Gewehr, das ihm als unübliches Gimmick zur Verfügung steht.

The Night eats the World - Party
The Night eats the World – Party © 2018 EuroVideo Medien GmbH

Ab diesem Punkt nimmt der Film sodann seinen Lauf und lichtet den Überlebenskampf des angenehm bodenständigen Sams ab, der in den ersten Minuten sogar ein Flair à la 28 DAYS LATER schaffen kann, dieses aber aus den verschiedensten Gründen nur sehr kurz Auftritt genießt. Neben Sam und zahllosen Schaustellern für die Zombiemassen trifft man nur auf wenige weitere castbildende Personen wie Sarah (Golshifteh Farahani; FLUCH DER KARIBIK: SALAZARS RACHE), die durch jeweils eigene kleinere oder größere handlungsrelevante, aber teils überzeichnete Aspekte die pfiffige Wortkargheit, die sich durch gelegentliche Ausschreie einzelner Worte bestätigt, brechen. Auch eine intensive Verwendung des Scores findet man nicht, da dieser meist feinfühlig und bewusst ausgelassen wird und sich nur in wenigen, aber berechtigten Szenen mit seinem sentimentalen und fast schon geistlich angehauchten Grundton meldet.

Schnell offenbart THE NIGHT EATS THE WORLD die hinter ihm stehende Intention und das Hauptmerkmal, das sich durch den Film transportieren soll: Eine Schere aus melancholisch-ruhigem dramaturgisch geprägtem Existenzfilm und einem klassisch-depressiven Zombiefilm, die Kontrast schaffen und dadurch kontrovers beeindrucken soll. In den Vordergrund soll nicht ein verbissener und unerbittlicher Überlebenswille, sondern die einhergehende Einsamkeit und Verzweiflung gestellt werden, die durch emotionale Ausbrüche (vgl. Balkonszene und musikalische Einstreuungen) und einen weiteren Darsteller in Person von Denis Lavant (MICHAEL KOHLHAAS) übertragen werden soll.

The Night eats the World - Über den Dächern von Paris
The Night eats the World – Über den Dächern von Paris © 2018 EuroVideo Medien GmbH

Dieser Spagat glückt nicht immer, da zusammengefasst der emotionale Teil aufgrund fehlender oder unzulänglicher Charakterzeichnung durch wirres Verhalten und merkwürdige Aktionen des Hauptdarstellers und der Survivalteil wegen des zu zurückhaltenden Dosierungsumgangs mit dynamischen Elementen – trotz teils sehr ansehnlicher Gore-Elemente – nicht bedingungslos harmonieren und gemeinsam trotz kurzer Laufzeit und ebenso wegen eines behäbigen Erzähltempos vereinzelte Längen verursachen. Folglich fehlt dem Film an Substanz und Ziel. Innerlich hat THE NIGHT EATS THE WORLD aber auch durchaus einige Stärken. Auf akustische Reize wird besonders viel Wert gelegt und eine genretypische Einbindung der Zombies findet man nur fein gestreut vor. Die Untoten sind charakterlich nicht übermäßig blutrünstig gestaltet. Man setzte hier passend zum Grundgedanken des Films auf ein eher dezentes Make-Up, das die Zombies ungewollt und besonders zu Beginn des Films leider nur als geschminkte Menschen aussehen lässt. Vielmehr konzentriert man sich bei der Erstellung auf einen eruptiven Bewegungsablauf und ein unorthodoxes Sounddesign.
Dominique Rocher wählte für sein Langspielfilm-Debüt eine ruhige und dramahafte Kamera, die oft einfängt und fixiert, immer unterstützt, aber im übergeordneten Gesamtkonstrukt künstlerisch zu klanglos bleibt.

Die deutsche Synchronisation ist, wenn sie ihren Einsatz hat, zweckdienlich und akzeptabel. Der Titel ist interpretationstechnisch dahingehend, dass die dunkle Nacht als pejorativ-antagonistisches Element – stehend für die emotionale Lage der Menschen – die Welt samt ihres positiven Gegenstückes – des Tages – einnimmt, wunderbar geistreich und künstlerisch-metaphorisch gewählt.

Bild:

The Night eats the World - Sigrid Bouazi
The Night eats the World – Sigrid Bouazi © 2018 EuroVideo Medien GmbH

Das Bild weist an einigen Stellen leider eine deutliche und unangenehme Körnung auf. Das Full HD zeigt sich in helleren und besonders näheren Einstellungen am besten, wohingegen es in düstereren Bildern schlechte Kontrastwerte aufweist. Horizontale Kamerafahrten sind zudem zum Großteil etwas unflüssig und stockend. Insgesamt ist das Bild aufgrund der Thematik relativ unbunt gestaltet und zeigt wenig satte Farben.

Ton:

Ein technisch gelungener Ton ist bei THE NIGHT EATS THE WORLD essenziell, da er wie schon erwähnt vieles auf akustischer Ebene löst und diese deutlich stärker fokussiert als die visuelle. Ordentlich eingebrachte Soundeffekte werden gut transportiert und unterstützen die Handlung. Bei der technischen Verarbeitung melodiöser Passagen hat man das Gefühl, dass diese ein wenig zurückhaltender eingebracht wurden, um die Wirkung des Scores in keine ungünstige Richtung abdriften zu lassen.

Extras:

Extras sucht man vergeblich. Leidlich der Trailer, der durch einen schnellen Schnitt, höherer Score-Dichte und Actionszenen einen gänzlich anderen Film erwarten lies, ist vorhanden. Interessant wären an dieser Stelle tiefgreifendere Interviews mit der Filmcrew gewesen und Inhalte zum Zombiedesign.

Blu-ray Wertung
  • 5/10
    Film - 5.0/10
  • 5/10
    Bild - 5.0/10
  • 7.5/10
    Ton - 7.5/10
  • 0/10
    Extras - 0.0/10
4.5/10

Kurzfassung

THE NIGHT EATS THE WORLD möchte als Zombie-Drama andersartig sein, verliert sich aber und erschwert dem Zuschauer so den Zugang.

Fazit:

THE NIGHT EATS THE WORLD möchte als Zombie-Drama um jeden Preis andersartig sein, verliert sich zwischen Kunst, Emotion und der Suche nach Substanz auf seiner eigenen Metaebene und vergisst dabei, fortzuschreiten und erzählerische Harmonie zu schaffen, die dem Zuschauer den Zugang erschweren, aber sicher nicht unmöglich machen.


von Denis L. Klemm

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