Injustice 2 (PS4) Test

Supergirl, Batman und Superman
Supergirl, Batman und Superman in modifizierter Aurüstung © Warner Bros. Interactive, NetherRealm Studios

Während „Injustice: Götter unter uns“ eher ein Experiment war um eine Elseworldgeschichte zu etablieren, die eine neue Betrachtung aufweist und gewisse Dynamiken erforschen kann, bietet „Injustice 2“ andere Schwerpunkte und versucht das etwas stagnierte Kampfspielgenre mit einer RPG-Mechanik aufzufrischen.

Story:

Die Geschichte von Injustice 2 ist nicht wirklich eine richtige Geschichte. Es gibt eine Cutscene, die einen Kampf einleitet, dann kämpft man und dann geht es wieder in dieser Manier weiter – Cutscene, Kampf, Cutscene, Kampf, Cutscene, Kampf, Cutscene, Kampf, Cutscene Charakterwechsel.

Superman in Ketten
Superman liegt in Ketten nach den Ereignissen von „Injustice: Götter Unter Uns“ © Warner Bros. Interactive, NetherRealm Studios

Bei diesem Charakterwechsel besteht manchmal die Möglichkeit zwischen zwei Kämpfern zu wählen, was eine absolut grandiose Idee ist, wenn es nicht so schlecht inszeniert worden wäre. Es fühlt sich an wie ein unglaublich schlechter Martial-Arts Film aus den 70ern. Als Beispiel: Gorilla Grodd will Green Arrow und Black Canary ausschalten und schickt deswegen Catwoman und Bane in den Kampf, anschließend kann man entscheiden, ob man Black Canary oder Green Arrow spielen möchte, doch egal für wen man sich entscheidet Bane rennt aus dem Bild und der nicht gewählte Charakter rennt ihm hinterher. Warum würde Bane vor diesen beiden wegrennen? Es fühlt sich zu sehr inszeniert an und reißt einen aus dem Spielerlebnis heraus. Außerdem beeinflusst die Wahl des Charakters nicht die Story, sondern nur den Kampf. Das ist in meinen Augen verspieltes Potential, da während des letzten Kapitels auch gewählt werden kann und diese Wahl das Ende eben beeinflusst.

An sich macht die Story aber dennoch was sie soll, nämlich die Essenz der Charaktere zu veranschaulichen und einen Vorgeschmack zu bieten, wie sich diese im Kampf anfühlen. So spielt man in der Handlung zum Beispiel Kämpfer, die man nicht ausprobiert hätte und findet womöglich doch Gefallen daran. Außerdem werden die Kerne der Figuren bis auf Wonder Woman extrem gut übermittelt, ohne dass es niveauloser Fanservice zu werden droht.

Grafik:

Gesichtsanimationen von Harley und Superman
Die Gesichtsanimationen von Harley Quinn und Superman in „Injustice 2“ © 2017 Warner Bros. Interactive, NetherRealm Studios

Injustice 2 sieht für ein Kampfspiel phänomenal gut aus. Die Gesichter und Animationen durch Motioncapture geben den Charakteren die nötige emotionale Tiefe, die im ersten Teil fehlte und somit sieht Wonder Woman zum Beispiel nicht erneut wie Bruce Willis aus.
Auch die Hintergründe sind sehr schön entworfen und bieten durch die Arenaübergänge eine willkommene Dynamik fürs Auge. Der Arenahintergund wirkt mit im Wind wehenden Bärenfallen, Krokodilen, aufgehängten Puppen etc. und durch ein minimales Vorkommen von qualitätsniedrigen Texturen äußerst realistisch.

Joker's Playground
Ausschnitt aus der Arena „Joker’s Playground“ mit dem Puppenkarussel im Hintergrund aus „Injustice 2″© Warner Bros. Interactive, NetherRealm Studios

Der Lightengine ist ebenfalls hervorragend und so erhellt zum Beispiel ein im Hintergrund operierendes SWAT Team und ein Helikopter mit Scheinwerfern den Kämpfer im Vordergrund der Arena, was wiederum eine Immersion bewirkt.
Der benutzte Unreal Engine wird optimal eingesetzt und das Spiel läuft auch durchgängig außer bei bestimmten Cutscenes oder Supermoves mit 60fps, so dass sich die Kämpfe flüssig und actionreich anfühlen.

Sound:

So zuerst wieder die Frage „Ist die deutsche Synchronisation gut?“ und die Antwort ist „Ja, bis auf ein paar Kleinigkeiten“.
Obwohl ich Riesenfan der Arkham-Reihe und derer deutschen Synchronisation bin, finde ich die Originalstimmen (aus den animierten Filmen und Zeichentricksendungen) auf Englisch phänomenal. Die Arkham-Reihe habe ich trotzdem auf Deutsch gespielt, da David Nathan dort wie in den Filmen Batman synchronisiert hat. In „Injustice 2“ wird Batman aber von Jaron Löwenberg gesprochen, der seine Sache nicht schlecht macht, aber einfach nicht an die dunkle Stimme der Originale kommt. Der Rest der Charaktere ist bis auf ein paar Ausnahmen auf Deutsch viel besser, während Bane im englischen grausig klingt, wird er im deutschen von Tobias Kluckert gesprochen, der ihm seine Stimme bereits in „The Dark Knight Rises“ geliehen hat. Doch bei vielen Charakteren kann man sich gar nicht entscheiden, was besser ist, was sehr für die deutsche Synchronisation spricht.

Ein weiterer Punkt der mir negativ aufgefallen ist ist der, dass manche Anfangskonversationen nicht aufeinander zugeschrieben zu sein scheinen und so kann es dazu kommen, dass Wonder Woman Cat Woman als ein „Er“ bezeichnet.

Ansonsten ist der Sound sehr gut gemischt und die Soundeffekte passend. Der Soundtrack ist für ein Kampfspiel ebenfalls gut und außer, dass mich „Brainiac‘s Theme“ zu sehr an das „Arkham City Theme“ erinnert hat, ist er mir nur positiv aufgefallen.

Gameplay:

BvS
Batman kämpft gegen Superman © Warner Bros. Interactive, NetherRealm Studios

Injustice 2 ist ein Kampfspiel und daher ist die Geschichte eher zweitrangig und kann somit als netter Bonus gesehen werden. Somit ist das, was das Spiel ausmacht, die Kämpfe und alles was mit diesen in Verbindung steht und da macht Injustice 2 nahezu nichts verkehrt.
Jeder Kampf beginnt mit einer Konversation die meistens perfekt auf beide Kämpfer zugeschrieben wurde und diese Interaktionen zwischen den Charakteren fühlen sich sehr organisch an. Außerdem verweisen diese Wortgefechte auch auf viele easter eggs, Hintergrundgeschichten und Witze, doch dazu mehr bei Sound und Spieltiefe.
Während beim Kampfbeginn durch das visuelle und auditive „Los!“ signalisiert wird, wann der Kampf beginnt, fehlt dieser Hinweis leider bei der zweiten Runde eines Kampfes und macht einem Oneliner des Gewinners Platz, der nicht wirklich als definitives Startsignal gewertet werden kann. Dies klingt jetzt eher wie Haarspalterei, aber ich musste leider am eigenen Leib erfahren wie diese Sekunde (vor allem gegen einen schweren KI-Gegner) darüber entscheiden kann wer die nächste Kombo trifft.

Das Kampfsystem ist an sich viel angenehmer, schneller, reagierender und dynamischer als im ersten Teil. Die größten Änderungen für das Kämpfen sind, dass sich alle Charaktere insgesamt schneller bewegen und dass es nun für einen Meterbalken die Option gibt eine Ausweichrolle in der Luft oder auf dem Boden zu tätigen. Diese Rolle ist besonders praktisch um aus einer Kombo oder dem Zoning (mit Fernkampfangriffen den Gegner in einer Ecke halten) herauszukommen.

Dr. Fates Spezialattacke
Der nicht so bekannte Dr. Fate führt seinen Specialmove aus © Warner Bros. Interactive, NetherRealm Studios

Die neuen wie auch die wiederkehrenden Figuren fühlen sich sehr gut an und selbst wenn man leicht Parallelen zwischen den Spielstilen der Charaktere von Mortal Kombat (z.B. Ermac und Dr. Fate) ziehen kann, sind sie in ihrer Handhabung verschieden genug. So fühlt sich zum Beispiel Dr. Fate viel strategischer und trickreicher als Ermac an.
Aber auch die wiederkehrenden Kämpfer fühlen sich anders an als im ersten Teil. An dieser Stelle sei aber entwarnt, denn um seinen Lieblingscharakter aus dem ersten Teil erneut perfekt in Injustice 2 zu beherrschen benötigt man nur ein bisschen Umgewöhnung und nicht monatelanges Training oder dergleichen.
An sich sind alle Kämpfer bis auf zwei (Deadshot und Supergirl) sehr gut ausbalanciert, aber ich vermute, dass speziell Deadshot in einem baldigen Update überarbeitet wird.

Spieltiefe:

Gear System
Batman im Gear System Menü © Warner Bros. Interactive, NetherRealm Studios

Die Tiefe die „Injustice 2“ alleine durch Kämpfe und nicht mit Minispielen oder Quicktimeevents erreicht ist überwältigend. Neben einem Arcade-Modus bietet es noch einen Multiverse-Modus und einen Multiplayer-Modus, doch das ist nicht wirklich die Ursache für den Wiederspielwert. Was bei anderen Kampfspielen der einzige Grund ist den Kontroller nach ein paar Wochen des nicht-spielens wieder aufzugreifen ist bei „Injustice 2“ der unwichtigste, nämlich das eigentliche Kämpfen.

Hier wird eine Spieltiefe geboten die weitaus reicher ist. Mit dem Gear System könnt ihr hunderte von Outfits freischalten, aufleveln, verbessern, angleichen und färben. Spezielle Events sorgen ebenfalls für den Ansporn das Spiel erneut aufzugreifen, sowie das Event „Ein Krieg, um alle Kriege zu beenden“ bei dem man ein exklusives legendäres Outfit für Wonder Woman freischaltet, dass ihrem Filmkostüm entspricht. So ein Event wird es bestimmt auch beim Start von „Justice League“ im November 2017 geben. Dazu sind die Titel der verschiedenen Rüstungsteile Hommagen oder direkte Referenzen an berühmte Comics wie zum Beispiel „Batman Beyond“, „The Killing Joke“ und „The Flashpoint Paradox“.
Da sich das Multiversum ständig erneuert und es jeden Tag neue Herausforderung gibt, fühlt es sich immer so an als gäbe es etwas zu tun.

Multiplayer:

Und nun zum Höhepunkt eines jedes Kampfspiels der Multiplayer. In Injustice 2 bietet der Multiplayer mehrere Modi: Ranked, mit Ausrüstung, ohne Austrüstung, King of the Hill, das Multiversum und die Möglichkeit die KI für euch kämpfen zu lassen. Da wie vorhin bereits erwähnt fast alle Charaktere sehr ausgewogen sind ist das Multiplayererlebnis ziemlich angenehm und nicht so spamlastig. Die Server waren am Veröffentlichungstag schon sehr stabil und seither hat sich daran nichts verändert. Matches werden auch erstaunlich gut zugeordnet und Spieleaussteiger sind auch selten aufzufinden. Injustice 2 bietet einen sehr soliden Multiplayer und im Vergleich zum ersten auch noch ein Multiversum, was am besten mit den lebenden Türmen aus Mortal Kombat X vergleichbar ist. In gewissen Zeitspannen entstehen stündlich oder täglich neue Herausforderungen, die nicht nur eine kleine Geschichte erzählen, sondern die euch auch nach Abschluss mit sehr seltener Ausrüstung, Motherboxes und Credits belohnen. Diese Motherboxes werden in einem Extramenü dechiffriert und geben euch neue Ausrüstungsteile, Shader und Fähigkeiten.

Pro:

  • Charaktere aus dem DC Universum fühlen sich organisch und real an
  • eine Vielzahl von Easter eggs, Hommagen und Referenzen
  • präzise Steuerung
  • gute Synchronisation
  • vielseitiges Gear System
  • Herausforderungen sind für Anfänger als auch für hardcore Gamer
  • Abwechslung im Multiversum

Kontra:

  • Handlung des Storymodus wird nicht gut präsentiert
  • kleine Wiederholungen oder Fehler bei den Konversationen

 

Spielwertung
  • 6/10
    Handlung - 6.0/10
  • 9/10
    Gameplay - 9.0/10
  • 9/10
    Multiplayer - 9.0/10
  • 8.5/10
    Grafik - 8.5/10
  • 9.1/10
    Spieltiefe - 9.10/10
8.3/10

Kurzfassung

„Injustice 2“ ist ein hervorragender Prügelspaß und bringt den Sammelwahn nach immer neuen Ausrüstungsteilen (Loot) in das Genre der Kampfspiele und trifft damit genau den richtigen Nerv.


Fazit:

„Injustice 2“ ist mit Abstand eines der besten Kampfspiele auf dem Markt und überzeugt durch die Weiterentwicklung der Onlinefunktionen, dynamischen Kämpfe, präzise Steuerung und ordentlicher Spieltiefe. Es hat sich zwar zum Vorgänger in allen Punkten verbessert, dennoch hat es Probleme mit der Präsentation seiner Handlung und stolpert hier und da mit der Freiheit die es einem lässt.
Alles in allem ist „Injustice 2“ aber ein grandioser Titel, den man sogar DC-Fans empfehlen kann, die nicht Kampfspiel-Enthusiasten sind.


von Daniel Engel

Mehr zum Spiel:
Spieltrailer: Spielinfo:

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