Victoria & Abdul – Filmkritik: Indischer Diener trifft britische Königin

Victoria & Abdul Abdul (Ali Fazal) und Queen Victoria (Judi Dench) © 2017 Universal Pictures
Victoria & Abdul Abdul (Ali Fazal) und Queen Victoria (Judi Dench) © 2017 Universal Pictures

Die Kritik:

Victoria & Abdul Queen Viktoria (Judi Dench) beim Teetrinken © 2017 Universal Pictures
Victoria & Abdul
Queen Viktoria (Judi Dench) beim Teetrinken © 2017 Universal Pictures

2006 inszenierte Regisseur Stephen Frears mit „Die Queen“ ein hochspannendes und atmosphärisches Biopic über Queen Elizabeth II, welcher sich ausschließlich auf das Jahr 1997 konzentrierte, dem Jahr in der Prinzessin Diana bei einem Autounfall verstarb. In den letzten Jahren standen in seinen großartigen Streifen wie „Philomena“ oder „Florence Foster Jenkins“ immer starke Frauen im Zentrum. Ähnlich ist es auch in seinem neusten Streifen. Hier handelt es sich wieder um eine britische Königin, nämlich Königin Victoria. Zeitlich ist der Film im Jahr 1887 angesiedelt und erzählt eine Geschichte über die britische Monarchin, welche erst zufällig 2010 an die Öffentlichkeit kam, als eine indische Journalistin bei ihrer Recherche für ein Buch über Curry über die in Urdu verfassten Tagebücher der britischen Königin stolperte und dort auf die Geschichte von Victoria und Abdul gestoßen ist, was sie dazu brachte, diese Geschichte in einen Roman namens „Victoria & Abdul: The True Story Of The Queen’s Closest Confidant“ niederzuschreiben, welchen nun Stephen Frears auf einer sehr sympathische und charmante Art und Weise verfilmte.

Victoria & Abdul Abdul (Ali Fazal) begleitet Queen Victoria (Judi Dench) bei einer Kutschfahrt © 2017 Universal Pictures
Victoria & Abdul
Abdul (Ali Fazal) begleitet Queen Victoria (Judi Dench) bei einer Kutschfahrt © 2017 Universal Pictures

Victoria und Abdul ist von grundauf ein äußerst sympathischer Film mit schönem Humor, das in vielen Situation perfekt getimed ist. Der Humor ist stets weit oberhalb der Gürtellinie und das über die ganze Lauflänge und das macht den Streifen sehr charmant und liebevoll. Man bekommt zwar keine großen Megalacher, doch trotzdem verfolgt man den Streifen stets mit einem Lächeln und kommt auch aus diesem Grinsen nicht raus. Lediglich im letzten Drittel wird der Film etwas ernster und dramatischer und auch melancholischer, doch auch hier schafft es Frears ohne die Stimmung zu kippen für den ein oder anderen Schmunzler. Was man dem Film ankreiden muss, ist die Tatsache, dass er doch sehr klischeebehaftet ist und eine deutliche Schwarzweiß-Malerei betreibt bei seinen Charakterzeichnungen. Praktisch keiner vom königlichen Hof ist irgendwie sympathisch. Alle sind die Miesepeter und nur Abdul und die Königin sind in gewisser Weise den anderen überlegen. Das mindert zwar nicht den Unterhaltungswert des Films, sind jedoch Kritikpunkte, die eine höhere Bewertung des Films nicht zulassen.

Victoria & Abdul Abdul (Ali Fazal) und Queen Victoria (Judi Dench) bei einem gemeinsamen Spaziergang © 2017 Universal Pictures
Victoria & Abdul
Abdul (Ali Fazal) und Queen Victoria (Judi Dench) bei einem gemeinsamen Spaziergang © 2017 Universal Pictures

Das Szenenbild und die Köstume sind bis auf eine Ausnahme gelungen. Es ist bis zu einem gewissen Grad fast schon ein klassischer britischer Köstumfilm , wenn man sich die Gewänder von den Personen am Hof und vor allem von Königin Victoria anschaut. Ebenfalls authentisch gekleidet ist Abdul selber in seinen traditionellen indischen Kleidern. Was etwas seltsam war, war die schwarzen Burka-ähnlichen Kleider der Frau und Schwiegermutter Abduls. Zwar gab es dadurch die eine oder andere sehr amüsante Szene, doch wirkte dies etwas zu dick aufgetragen und auch nicht ganz glaubwürdig, zumal es auch bei den indischen Moslems solch eine Verschleierung in der Form nicht gab. Der Soundtrack von Thomas Newman hingegen ist wunderschön anzuhören und unterstrich die monarchische und zugleich orientalische Atmosphäre des Filmes.

Victoria & Abdul Abdul (Ali Fazal) und Mohammad (Adeel Akhtar) © 2017 Universal Pictures
Victoria & Abdul
Abdul (Ali Fazal) und Mohammad (Adeel Akhtar) © 2017 Universal Pictures

Schauspielerisch ist der Film auf einem ganz hohen Level. Judi Dench ist für die Rolle nahezu prädestiniert. Sie spielt hier von der ersten Szene, in der sie auftritt, bravourös und mit sehr viel Liebe und Leidenschaft. Sie ist wirklich mit der Figur verschmolzen und liefert eine tadellose Performance ab. Dench schafft es Königin Victoria authentisch und glaubwürdig zu porträtieren. Eine äußerst sympathische Performance zeigt auch Abdul-Darsteller Ali Fazal, der sich in dieser Rolle sichtlich wohlfühlt. Wer für viele lustige Momente sorgt, ist Adeel Akhtar, der die Figur des Mohammads spielt und Abdul nach England begleitete. Die Figuren sind zwar recht einseitig skizziert, doch sind sie für den Zuschauer greifbar und man kann eine gewisse emotionale Bindung im Laufe des Films zu den Charakteren aufbauen. Hier liegt auch die Stärke im Drehbuch. Denn dem Film ist es vor allem gelungen mit sehr viel Herz, netten Dialogen und auch einer gewissen inszenatorischen Ruhe die Beziehung von Abdul und Victoria zu erzählen. Auch in den tristen Momenten im letzten Drittel des Films, überzeugt der Streifen. Es ist letztlich auch ein sehr schöner Film geworden über eine außergewöhnliche Freundschaft, die einen zum Lachen bringt und unterhält.

Filmwertung
  • 7.5/10
    Film - 7.5/10
7.5/10

Kurzfassung

Kurzweiliges und witziges Biopic über eine ungewöhnliche Freundschaft, die der Öffentlichkeit lange verborgen blieb.

Fazit:

Victoria & Abdul ist unter dem ein Strich ein stark gespielter Film. Vor allem Judi Dench könnte hier bei den Golden Globes in 3,5 Monaten als beste Hauptdarstellerin in der Comedy-Sparte nominiert werden. Der Film besitzt Herz und ist in großen Teilen ein Feel-Good-Movie, der auch in seinen traurigen Szenen einen mitnehmen kann. Trotz etwas stereotypenhafter Charakterzeichnung, bleibt Stephen Frears neuester Film, ein sympathischer Streifen mit tollem Humor und einer schönen Geschichte.


von Morteza Wakilian

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