Valerian – Die Stadt der tausend Planeten – Filmkritik

Laureline (Cara Delevingne) schreckt auch vor dem Gebraucht von Waffen nicht zurück.
Laureline (Cara Delevingne) schreckt auch vor dem Gebraucht von Waffen nicht zurück. © Universum Film

Die Kritik:

Valerian - Die Stadt der tausend Planeten Hauptplakat
Valerian – Die Stadt der tausend Planeten Hauptplakat © Universum Film

Gerade mal 10 Jahre war Kultregisseur Luc Besson alt, als er an einem Comicstand zum ersten Mal auf die Abenteuer der intergalaktischen Spezialagenten Valerian und Laureline stieß und umgehend mitgerissen wurde. Diese kindliche Begeisterung für Pierre Christins und Jean-Claude Mézières von 1967 bis 2010 anhaltende Science-Fiction-Reihe verlor der Erschaffer von modernen Klassikern wie „Nikita“, „Léon – Der Profi“ oder „Das fünfte Element“ nie, was zwangsläufig schließlich zu einer Adaption führte. Schon als er 1997 seine kultige Sci-Fi-Oper „Das fünfte Element“ erschuf (und von Mézières als Concept Artist unterstützt wurde), war Besson deutlich von der grellen und abenteuerlichen Tonalität von „Valerian“ inspiriert, lediglich begrenzte technische Mittel der damaligen Zeit verhinderten eine frühere Verfilmung. Fünfzig Jahre nach Erstveröffentlichung und fast ebenso lange Zeit nach Bessons erstmaliger Entdeckung der höchst einflussreichen Comics ist es nun soweit: Valerian – Die Stadt der tausend Planeten geht als mit Abstand teuerster europäischer Film in die Geschichte ein und ist zudem dadurch außergewöhnlich, dass Besson den mindestens 180 Millionen Dollar teuren Film mit voller künstlerischer Freiheit ohne den Einfluss großer Studios realisieren konnte.

Wer Bessons „Das fünfte Element“ gesehen hat, weiß ungefähr, was einen erwartet, wenn der Franzose einen Science-Fiction-Film inszeniert. Doch während besagter Film (der damals auch schon Maßstäbe in Sachen Effektarbeit aufgestellt hat) noch Bessons wilder Vorstellungskraft die Grenzen aufgezeigt hat, kann er bei „Valerian“ nun aus dem Vollen schöpfen. Hier ist wie schon in „Avatar“ kaum noch etwas echt, die an visuellen Details überbordenden und wirklich außerirdisch wirkenden Welten sind fast alle im Computer entstanden und erscheinen schier atemberaubend in ihrer überwältigenden Größe. Gerade Alpha, die titelgebende „Stadt der tausend Planeten“, erweist sich als durchgeknallter gestalterischer Triumph, den man unbedingt auf der größtmöglichen Leinwand erleben muss.

 Valerian (Dane DeHaan) und Laureline (Cara Delevingne)

Valerian (Dane DeHaan) und Laureline (Cara Delevingne) © Universum Film

„Valerian“ beginnt fantastisch mit Archivaufnahmen des in den 60er Jahren erschaffenen Sojus-Raumschiffs, bis sich das 4:3-Bild zu David Bowies „Space Oddity“ langsam öffnet und die sich immer weiter expandierende Entwicklung dieser schließlich gigantischen bemannten Weltraumstation über mehrere Jahrhunderte illustriert. Der schon oft verwendete Klassiker von David Bowie gibt dieser Eröffnungsszene eine erstaunlich berührende Qualität, wenn eine Besatzung nach der anderen auf der Station begrüßt wird und nicht nur unterschiedliche irdische Nationalitäten, sondern nach und nach zahlreiche außerirdische Rassen eintreffen. In dieser Montage ist Platz für amüsante Beobachtungen in Form der unterschiedlichen Hand- bzw. Tentakelshakes, wodurch der ein oder andere gelungene Schmunzler hervorgerufen wird und viel Lust auf mehr gemacht wird.

In der Filmgegenwart des 28. Jahrhunderts zeigt ein weiterer Prolog das Leben einer (an die Na’vi aus „Avatar“ erinnernden) außerirdischen Rasse auf dem farbenfrohen Planeten Mül, der eines Tages von herabfallenden Raumschiffen zerstört wird. Dabei stirbt ein Großteil der Bevölkerung, es gelingt neben wenigen Überlebenden nur Haban Limaï (Elizabeth Debicki) ihre Seele in die menschliche Form des Auserwählten Valerian (Dane DeHaan) zu transportieren. Dieser nimmt davon aber nur durch wiederkehrende Träume Notiz, die Erinnerungen dieser ihm fremden Rasse zum Inhalt haben.

 Laureline (Cara Delevingne) wird dem Kommandanten vorgeführt.

Laureline (Cara Delevingne) wird dem Kommandanten vorgeführt. © Universum Film

Valerian arbeitet als intergalaktischer Spezialagent, der gemeinsam mit seiner Partnerin Laureline (Cara Delevigne) durch das Universum reist, um für Recht und Ordnung in den menschlich besiedelten Territorien zu sorgen. Sie stehen dem Verteidigungsminister (Herbie Hancock) unter, der die Beiden beauftragt, eine Mission auf dem Wüstenplaneten Kirian anzuführen, die die Wiederbeschaffung eines sogenannten Transmutators (eine Art Weltraumigel, sehr putzig) von besagtem Planeten Mül beinhaltet. Doch schon bald wird klar, dass korrupte Mächte in ihren Reihen walten, die das Gleichgewicht der Galaxien bedrohen.

Es fällt nicht leicht, die Prämisse von „Valerian – Die Stadt der tausend Planeten“ verständlich zusammenzufassen. Tatsächlich erweist sich ein Großteil der Story des Films als recht verworren und nur schwer zu folgen. Der Film besteht im Grunde aus zahlreichen Miniepisoden, die sich in etwa wie Level in einem Videospiel anfühlen. Immer wieder gibt es abenteuerliche Aufgaben in einem neuen Umfeld für die Helden zu bewältigen, man muss bedrohlichen Situationen entkommen, sich gegen diverse Widersacher zur Wehr setzen kämpfen oder sich wilde Verfolgungsjagden liefern. Erzählerisch packend ist das nicht wirklich, viel mehr fühlt man sich schnell von diesem visuell überwältigenden Erlebnis und all seinen farbenfrohen Eindrücken erschlagen. Das Bild ist jederzeit vollgepackt mit liebevoll und sehr aufwändig gestalteten Details, wodurch zu jedem Zeitpunkt auch unzweifelhaft die riesige Ambition zu sehen ist, die hinter diesem Mammutprojekt steckt.

Valerian (Dane DeHaan)
Valerian (Dane DeHaan) © Universum Film

Es ist aber sicher nicht nur die endlos fantasievolle Vielfalt, die in der Erschaffung dieses gigantischen Universums mit ihren tausenden Alien-Zivilisationen stecken, sondern auch die wahnwitzigen und verschrobenen Ideen, die Besson hier reingepackt hat. Außer Frage steht, dass es ein Genie braucht, um so einen Film abzuliefern – sowohl in guter, als auch leider in schlechter Hinsicht. Kann man etwa der vergleichbaren (aber freudloseren und weit weniger selbstironischen) Weltraumoper „Jupiter Ascending“ absprechen, dass nur einzigartige und brillant-verrückte Individuen wie die Wachowskis dahinter stecken können? Wohl kaum, dennoch braucht es für einen guten Film mehr als eine überbordend fantasiereiche und eigenwillige Vorstellungskraft. James Gunn hat das mit „Guardians of the Galaxy“ eindrucksvoll vorgemacht, denn er hat mit seinem Überraschungserfolg nicht nur eine herrlich bunte und exzentrische Welt, sondern vor allem sympathische und dreidimensionale Charaktere erschaffen, die dem Zuschauer etwas bedeuten und denen man gerne folgt – auch wenn die Story weitestgehend Standardware war. Dennoch, „Guardians of the Galaxy“ erzählt seine Geschichte nachvollziehbar schlüssig und gut strukturiert, ein Umstand, den die chaotischen und verworrenen Plots von „Jupiter Ascending“ und nun eben „Valerian“ nicht unbedingt von sich behaupten können.

So lässt Bessons Leidenschaftsprojekt die meiste Zeit leider eher kalt, saugt einen nur bedingt in diese fremdartigen Dimensionen in ferner Zukunft mit all ihren wilden außerirdischen Kreaturen auf. Das liegt zum einen tatsächlich an besagter computergenerierter Fremdartigkeit, die auf Distanz lässt, entscheidend sind aber leider die menschlichen Figuren. Warum Besson auf die Idee gekommen ist, Dane DeHaan hier in der Hauptrolle als verwegenen Womanizer mit großem One-Liner-Potential zu besetzen, bleibt von Beginn an ein Mysterium. DeHaan ist von Natur aus schlichtweg eine zu verschrobene und eigentümliche Präsenz, um eine massive Produktion wie diese zu tragen, man hat regelrecht den Eindruck, dass er sich in seiner Rolle nicht wohl fühlt. Wie auch schon bei seiner Verkörperung von James Dean in Anton Corbijns „Life“ fehlt ihm einfach das nötige Charisma.

Krieg in der Galaxie.
Krieg in der Galaxie. © Universum Film

Als draufgängerischer Weltraumheld und personifizierter Filmstar à la wie Bruce Willis kann er jedenfalls nicht überzeugen. Da hilft es dann auch nicht, dass man mit der hauptsächlich als Model bekannt gewordenen Cara Delevigne („Suicide Squad“, „Margos Spuren“) eine bislang eher unerprobte Hauptdarstellerin besetzt. Sie ist dennoch das kleinere Problem, ihr fehlt es zwar oft an nötigem Ausdruck und auch Bessons typisch oft hölzernen Dialoge tun ihr Übriges, um Delevigne nicht unbedingt glänzen lassen. Dennoch scheint sie zumindest Spaß mit ihrem Part zu haben. Abgesehen von DeHaans und Delevignes schauspielerischem Potential ist ihre Besetzung angesichts der optisch sehr unterschiedlichen Comicvorlagen in zweifacher Hinsicht fragwürdig.

Dennoch keimt immer wieder so etwas wie spielerische Chemie zwischen den über lange Zeit getrennten Akteuren auf, die oft dann aber auch erzwungen wirkt. Man ist allerdings über jede sich gegenseitig neckende Interaktion und amüsanten Schlagabtausch froh, denn hier wird „Valerian“ lebendig und die sonst oft drohende große Leere weicht. Auch dann, wenn der Film in seiner CGI-Extravaganz zu ersticken droht, platziert Besson wieder den ein oder anderen für ihn typischen exzentrischen Moment, der die Handschrift seines Machers spürbar macht. Mit am erinnerungswürdigsten ist da etwa ein überraschend greller Auftritt von Ethan Hawke in der von Dennis Hopper inspirierten Rolle eines futuristischen Zuhälters namens Jolly. Der sonst meist eher zurückhaltend agierende Hawke überrascht hier mit einem exzentrischen Part, der am ehesten an Chris Tuckers kontroversen und schrillen Sonderling Ruby Rhod aus Bessons „Das fünfte Element“ erinnert. Hawke hat hier jedoch letztlich nicht mehr als einen ausgedehnten Cameo-Auftritt, der so irritierend und unpassend erscheint, dass er schon wieder gut ist. Es folgt zudem ein bemerkenswerter Auftritt von Rihanna, die den gestaltwandlerischen blauen Außerirdischen Bubble spielt, der von Jolly als Sklave gehalten wird und Valerian eine wahrlich bemerkenswerte Nachtclub-Tanznummer aufführt. Hier ist eine der wenigen Sequenzen zu bewundern, bei denen man ganz deutlich den alten augenzwinkernden Luc Besson mit all seiner Magie aus „Das fünfte Element“-Zeiten wiederzuerkennen glaubt.

Valerian (Dane DeHaan) und Laureline (Cara Delevingne) auf dem Weg zu einer neuen Mission.
Valerian (Dane DeHaan) und Laureline (Cara Delevingne) auf dem Weg zu einer neuen Mission. Photo credit: Domitille Girard © Universum Film

„Valerian“ ist ein wahnwitziger und wilder Film, der vergleichbar ausgerichtete Filme wie „Guardians of the Galaxy“ fast schon zahm aussehen lässt. An Originalität und ungestümer Eigenwilligkeit mangelt es dem Film nicht, zudem spürt man Bessons kindliche und verspielte Begeisterung für das Material in jedem Bild. Doch diese übersetzt sich nicht immer in richtigen Spaß, was gerade der Faktor ist, den „Valerian“ im Überfluss bieten müsste. Die Figuren bleiben hierfür zu farb- und identitätslos, wodurch auch jede noch so erfindungsreiche Actionsequenz letztlich verpufft. Auch verliert man schnell das Interesse an dem eigentlichen Plot, der das Geschehen nie so richtig vorantreibt. Dennoch, bei all dem offen vorgetragenen Fantasiereichtum und den hervorragend gestalteten und sehr kreativen außerirdischen Lebensformen fällt es schwer, „Valerian“ nicht zumindest zu bewundern und damit auch irgendwie zu mögen. Ein einziges Ansehen reicht hier eigentlich nicht, um dem Film gerecht zu werden, schade, dass es einem die menschlichen Figuren aber so schwer machen, hier richtig mitgerissen zu werden.

Filmwertung
6/10

Kurzfassung

Luc Bessons exzentrisches Leidenschaftsprojekt muss alleine für seine gigantischen Bilder und immense Ambition auf der größtmöglichen Leinwand gesehen werden, auch wenn nicht die Magie seines Kultfilms „Das fünfte Element“ evoziert werden kann.

Fazit:

Luc Bessons gigantische Weltraumoper „Valerian“ bietet jede Menge erfindungsreiches und aufwändig inszeniertes Spektakel voll überbordender Vorstellungskraft und unzähliger faszinierender außerirdischer Spezies, jedoch fällt der Spaßfaktor durch seine farblosen menschlichen Akteure und eine verworrene Story ab. Wegen seiner spürbar riesigen Ambition und jugendlicher Begeisterung dennoch eine Empfehlung wert.


von Florian Hoffmann

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