The Sadness – Filmkritik zum Zombie-Film

The Sadness - Mann mit Axt
The Sadness - Tzu-Chiang Wang © capelight pictures

Die Kritik:

„The Sadness“ hat in den letzten Monaten einen riesigen Hype generiert. Das Spielfilmdebüt des Kanadiers Robert Jabbaz feierte auf dem Fantasy Filmfest seinen Deutschland-Start und nun erscheint der taiwanische Horror-Splatter auch offiziell in den deutschen Kinos. Im Vorhinein hat man immer wieder Lobpreisungen über die Härte des Filmes gehört. Manche betiteln „The Sadness“ sogar als brutalsten Zombiefilm aller Zeiten. Während der Kino-Release ab 18 Jahren freigegeben ist, wird die Blu-ray, welche voraussichtlich im April erscheint, keine Freigabe der FSK erhalten. Ob dies wirklich das Spielfilmdebüt von Robert Jabbaz zum brutalsten Zombiefilm aller Zeiten macht, soll an dieser Stelle offen gelassen werden, aber eine Gewaltorgie sondergleichen bietet „The Sadness“ auf alle Fälle.

The Sadness - Filmplakat
The Sadness – Filmplakat © capelight pictures

Die Handlung des Filmes erinnert teilweise an unsere eigene Situation, die wir seit zwei Jahren erleben. In Taiwan verbreitet sich nämlich das mutierte Alvin-Virus. Wissenschaftler warnen vor der neuen Krankheit, jedoch will die Regierung aufgrund des Wahlkampfes erst einmal nichts unternehmen. Dies sollte sich aber schon bald als großer Fehler herausstellen, denn das Virus lässt die Infizierten zu grausamen Bestien werden. Es dauert nicht lange, dann werden die Straßen Taipehs von Massakern und Vergewaltigungen beherrscht. Mittendrin in diesem Wahnsinn folgt der Zuschauer dem Pärchen Kat und Jim. Jim (Berant Zhu) versucht zu seiner Freundin (Regina Lei) zu gelangen, die auf der anderen Seite der Stadt zur Arbeit gegangen ist, doch zuerst muss er an den unzähligen Zombies vorbei.

Die Parallelen zu unserer Pandemie sind selbstverständlich offensichtlich: die Politik hört nicht auf die Wissenschaft, die eine Katastrophe vorhersagt; die Menschen glauben, der Virus wäre nicht schlimmer als eine Grippe und einige weitere Andeutungen lassen keinen Zweifel zu. Dass „The Sadness“ sogar zeitgleich zu den Wahlen spielt und wir letztes Jahr in Deutschland ebenfalls während der Bundestagswahl eine Bundesregierung besaßen, die lieber tatenlos zusah, als etwas zu unternehmen, gibt dem Film nur weiteren Zündstoff. Mit „The Sadness“ will Jabbaz jedoch gar nicht die Politik Taiwans kritisieren, denn diese kamen, in Anbetracht der restlichen Welt, relativ gut mit der Pandemie zurecht. Viel mehr forderten die Produzenten, laut Jabbaz, diesen Zusammenhang, weshalb sein Film von einem fiktionalen Taiwan handelt. Aktuell bleibt „The Sadness“ dadurch dennoch.

The Sadness - Regina Lei
The Sadness – Regina Lei © capelight pictures

Natürlich interessiert die meisten aber die Brutalität, denn mit dieser wird der Film explizit beworben. Die FSK-18-Freigabe ist auf alle Fälle verdient, aber das macht „The Sadness“ noch lange nicht zum brutalsten Film aller Zeiten. Man sieht zwar sehr viel Blut und gebrochene Knochen, doch es gibt deutlich verstörendere Filme, die durch die psychische Gewalt mehr schockieren. Trotzdem sollte man schon einiges an Brutalität abkönnen, weil gerade die sexuelle Gewalt für manche Zuschauer eine Grenzüberschreitung sein könnte, da die Zombies ebenfalls vergewaltigen. Insgesamt ist die Darstellung der Zombies eine frische Abwechslung, diese können nämlich sogar sprechen, laufen und denken. Ihre Denkweise ist zwar extrem aggressiv, aber dennoch treffen sie bewusste Entscheidungen und folgen nicht nur ihrem Instinkt wie beispielsweise bei „The Walking Dead“. Auch das Make-Up ist wirklich gelungen, denn insbesondere die Blutfontänen und Wunden sehen sehr gut aus, wodurch diese vollkommen übertriebene Brutalität sogar ziemlich viel Spaß machen kann, wenn man sich darauf einlässt. Vor allem mit dem richtigen Publikum im Kino sollte „The Sadness“ ein unvergessliches Erlebnis werden.

Neben diesen vielen heftigen Momenten herrscht aber ebenso Ruhe. Jabbaz versteht, dass man nicht über 99 Minuten nur Grausamkeiten zusehen kann, weshalb „The Sadness“ immer wieder intime kleine Momente einbaut. Jim fährt in einigen Szenen einfach durch die wunderschönen Landschaften Taiwans, um schnellstmöglich zu seiner Freundin zu kommen. Trotzdem wissen wir als Zuschauer, dass diese Ruhe nur vorübergehend ist und an jeder Ecke eine neue Bedrohung auftreten kann. So bieten selbst diese kleinen Momente etwas Spannung. Zudem ist „The Sadness“ sicherlich nicht der Film mit der besten Charakterisierung der Figuren und dennoch folgt man Jim und Kat ganz gerne. Gerade Kat, welche von Regina Lei verkörpert wird, ist die große Sympathieträgerin des Filmes, da sie sich absolut menschlich verhält und selbst in den schrecklichsten Momenten den Menschen helfen möchte. Dazu benehmen sich die Figuren auch clever und große Logiklöcher, wie man es im Horror-Genre ansonsten gerne kennt, bleiben aus. Der große Star des Filmes ist jedoch Tzu-Chiang Wang, der den großen Antagonisten des Filmes spielt, welcher als Axt-schwingender Zombie immer wieder Gänsehaut bereitet. Seine Figur ist ohne Zweifel das pure Böse und deswegen ist es mal eine schöne Abwechslung, sogar einem Infizierten zu folgen.

The Sadness - Berant Zhu
The Sadness – Berant Zhu © capelight pictures

In jeder Faser von „The Sadness“ merkt man einfach, dass Jabbaz keinen Standard-Horrorfilm kreieren wollte. Er geht zurück zu den Wurzeln des Zombie-Genres, die in den frühen Klassikern von George A. Romero liegen, bei denen der Horror immer etwas Gesellschaftskritisches an sich hatte. Man muss dafür nur an den legendären „Dawn of the Dead“ und seine Konsumkritik zurückdenken. So findet man nicht nur Parallelen zur Pandemie, sondern ebenfalls zur MeToo-Bewegung. Nicht zu vergessen ist zudem der Soundtrack, welcher, genauso wie der Film, wild und ungebändigt wirkt. Anstatt einer klaren Melodie hört man häufig nur lautes nicht-identifizierbares Gekreische, das die wahnsinnige Atmosphäre perfekt unterstreicht. Es ist nur etwas schade, wie im letzten Drittel „The Sadness“ etwas die Puste ausgeht und sich der Film zu stark auf Exposition versteift. Das wäre in dieser Form nicht nötig gewesen und sorgt schließlich dafür, dass die hervorragende erste Stunde viel mehr in Erinnerung bleibt als das dialoglastige Ende.

Filmwertung
8/10

Kurzfassung

Eine ultra-brutale Gewaltorgie, die aktuelle Themen verarbeitet und das Zombie-Genre bereichert.

Fazit:

„The Sadness“ ist natürlich extrem brutal. Nur selten sieht man im Kino solch blutige Bilder. Trotzdem gibt es immer noch Filme, die vor allem durch ihre psychische Gewalt deutlich verstörender sind. Man sollte „The Sadness“ aber gar nicht auf die Gewalt reduzieren, denn das Spielfilmdebüt von Robert Jabbaz bietet außerdem eine aktuelle Meta-Ebene, die unsere Pandemie teuflisch weiterdenkt. So ist der taiwanische Horrorfilm ein bemerkenswertes Ereignis im Zombie-Genre.


von Lukas Weinandy

1 Kommentar zu The Sadness – Filmkritik zum Zombie-Film

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