Orphan: First Kill – Filmkritik zum Prequel

ORPHAN: FIRST KILL - Esther (Isabelle Fuhrman)
ORPHAN: FIRST KILL - Esther (Isabelle Fuhrman) © Studiocanal GmbH/Paramount Pictures/Steve Ackerman

Die Kritik:

Esther lässt das Morden nicht – nach 13 Jahren kehrt Isabelle Fuhrman als psychopathische Killerin auf die große Leinwand zurück.

ORPHAN: FIRST KILL - Filmposter
ORPHAN: FIRST KILL – Filmposter
Copyright: Studiocanal GmbH/Paramount Pictures

Story

Nach einer waghalsigen Flucht aus einer psychiatrischen Anstalt in Estland, begibt sich die kaltblütige Killerin Esther auf eine Reise nach Amerika, wo sie sich fortan als Tochter einer wohlhabenden Familie ausgibt. Esther muss allerdings bald feststellen, dass die Familie ein dunkles Geheimnis hütet.

Kritik

Prequels sind zurzeit wieder einmal schwer in Mode, besonders im Serienbereich: So feiern momentan HBO und Amazon weltweit große Erfolge mit ihren beiden episch angelegten Prequel-Projekten: „House of the Dragon“ fungiert dabei als Prequel zur Hitserie „Game of Thrones“, während „Der Herr der Ringe: Die Ringe der Macht“ zweihundert Jahre vor den Ereignissen der „Der Herr der Ringe“-Trilogie spielt. Auch Netflix konnte jüngst für die abschließende sechste Staffel von „Better Caul Saul“, welches ein Prequel zu „Breaking Bad“ darstellt und den Werdegang des Anwalts Saul Goodman in den Fokus nimmt, viel Kritikerlob und Publikumszuspruch einheimsen. Diesem Trend will sich auch die Kinolandschaft nicht gänzlich verschließen, weshalb mit „Orphan: First Kill“ nun ein Prequel zum Horrorstreifen „Orphan“ aus dem Jahr 2009 in die Lichtspielhäuser kommt. „Oprhan“ war zwar seinerzeit nicht wirklich ein großer Erfolg an den Kinokassen, hat sich aber über die Jahre in Horror-Kreisen einen Ruf als Geheimtipp mit Kultpotenzial erarbeitet, weshalb man sich entschloss, dem kaltblütig mordenden Waisenkind erneut einen Film zu spendieren. Ein Sequel wäre angesichts des Schicksals der Titelfigur Esther am Ende von „Orphan“ nicht wirklich logisch realisierbar gewesen, weshalb das Erzählen der Vorgeschichte in diesem Fall deutlich mehr Potenzial bot.

ORPHAN: FIRST KILL - Tricia (Julia Stiles) will ihre Familie um jeden Preis verteidigen
ORPHAN: FIRST KILL –
Tricia (Julia Stiles) will ihre Familie um jeden Preis verteidigen.
© Studiocanal GmbH/Paramount Pictures/Steve Ackerman

Der Clou an der ganzen Sache: Man verpflichtete als Esther erneut Isabelle Fuhrman, die 2009 als Zwölfjährige die kindlich aussehende Esther verkörperte. Nun ist Isabelle Fuhrman aber klarerweise im Jahr 2022 kein zwölfjähriges Mädchen mehr, sondern eine erwachsene Frau von 25 Jahren, soll aber immer noch glaubhaft ein Kind verkörpern. Dieser offensichtliche Widerspruch entwickelt sich zu einem gewissen Problem für den Film, da man nämlich kein Milliardenbudget für aufwendige CGI-Deaging-Effekte zur Verfügung hatte und sich stattdessen auf den geschickten Einsatz von Kamerawinkeln, passende Positionierungen der Darstellerin und aufwendiges Make-Up verlassen musste. Über weite Strecken funktioniert diese dadurch erzeugte Illusion auch überraschend gut (vorausgesetzt man kann als Zuseher:in hier und da mal ein Auge zudrücken), allerdings erweisen sich ausgerechnet die eingesetzten Doubles als großer Illusionszerstörer, da sie über keinerlei Ähnlichkeit mit Isabelle Fuhrman verfügen und einen somit immer wieder aus dem Geschehen rausreißen und die zuvor aufwendig aufgebaute Illusion kaputt machen.

Davon abgesehen präsentiert Regisseur William Brent Bell einen durchschnittlichen Horror-Streifen, dem es an inszenatorischen Highlights und konsequenten Spannungsmomenten mangelt. Von einigen optischen Spielereien im Atelierzimmers des Vaters abgesehen (das violette Farbenspiel war schon im Erstling präsent und entwickelt sich zu einem Markenzeichen des Films), bleiben keine denkwürdigen Szenen in Erinnerung und während „Orphan“ einen wirklichen gelungenen Twist am Ende bot, lässt „Orphan: First Kill“ bereits in etwa der Hälfte der Laufzeit die Hüllen fallen und präsentiert einen zwar durchaus überraschenden aber im Anschluss lieblos exekutierten Twist, der der sehr einfach gestrickten Handlung nicht wirklich auf die Sprünge hilft. Dies ist insofern bedauerlich, da die interessante Figur der Esther sehr viel Potenzial für eine spannende Geschichte böte, welches in „Orphan: First Kill“ allerdings zu keinem Zeitpunkt voll ausgeschöpft wird.

ORPHAN: FIRST KILL - Esther (Isabelle Fuhrman)
ORPHAN: FIRST KILL – Esther (Isabelle Fuhrman)
© Studiocanal GmbH/Paramount Pictures/Steve Ackerman

Auch im Hinblick auf die Darsteller:innen kann „Orphan: First Kill“ nicht mit „Orphan“ mithalten, denn Isabelle Fuhrman spielt zwar wieder einfach phänomenal (trotz der vorher thematisierten Altersproblematik), allerdings bleibt der restliche Cast sehr blass und austauschbar – kein Vergleich zu „Oprhan“, in dem etwa die grandiose Vera Farmiga (bekannt aus der Serie „Bates Motel“, welche passenderweise als Prequel zu Alfred Hitchcocks Klassiker „Psycho“ fungierte) als Ziehmutter von Esther brillierte. Von solchen einprägsamen Performances ist man in „Orphan: First Kill“ allerdings weit entfernt – ein weiterer Beleg für die Tatsache, dass das Prequel zu keinem Zeitpunkt an die Klasse des Ursprungswerks anknüpfen kann. Diesen Eindruck kann auch eine schwarzhumorig gestaltete und mit einem amüsanten Augenzwinkern versehene Hommage an den Slasher-Klassiker „Maniac“ (1980) bzw. dessen Remake mit Elijah Wood aus dem Jahr 2012 nicht wegmachen.

Filmwertung
5/10

Kurzfassung

Mittelmäßiger Horrorfilm.

Fazit:

Prequels genießen unter vielen Filmfans nicht unbedingt den besten Ruf und „Orphan: First Kill“ dürfte bekennenden Prequel-Hassern nun neues Futter liefern: Der in jeder Hinsicht mittelmäßige Horrorfilm kann zu keinem Zeitpunkt an die starke Atmosphäre des Vorgängers „Orphan“ anknüpfen, sondern verliert sich in einer banalen Handlung, beliebigen Schock-Effekten und einer austauschbaren Inszenierung. Lediglich die herausragende Performance von Isabelle Fuhrman als Esther und das mal mehr und mal weniger gelungene Bemühen um eine passende Verjüngung der Schauspielerin verdienen Lob.


von Niklas Klocker

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