Moonfall – Wenn der Mond zu Besuch kommt, ist Roland Emmerich nicht weit

Moonfall - Halle Berry und Patrick Wilson
Moonfall - Halle Berry und Patrick Wilson © LEONINE

Die Kritik:

Im Grunde lässt sich schon sagen, hat man einen Emmerich-Film gesehen, hat man alle gesehen. Sicher, durchaus hat der Schwabe auch den ein oder anderen sehenswerten Film gemacht, jedoch hat sich sein gigantomanisches, reichlich unsubtiles und holzschnittartiges Katastrophenkino schon lange abgenutzt. So verhält es sich auch mit seinem neuen 140 Millionen Dollar-Spektakel „Moonfall“: Mag der Film noch einigermaßen vielversprechend beginnen, rutscht auch dieser Der-Mond-rast-unaufhaltsam-auf-die-Erde-zu-und-kann-nur-von-wenigen-Auserwählten-gestoppt-werden-Streifen™ schnell in gewohnte Schablonen und offensichtliche Versatzstücke ab. Dem einen oder anderen Zuschauer mit heruntergesetzter Erwartungshaltung könnte dennoch vielleicht – aber auch nur vielleicht – von der bemerkenswert selbstbewusst vorgetragenen Doofheit und den leider reichlich künstlichen Schauwerten dieses absurden Sci-Fi-Katastrophenmix ein gewisser Spaß entlockt werden.

Moonfall - Hauptplakat
Moonfall – Hauptplakat © LEONINE

Die Prämisse lautet wie folgt: Bei einer Routine-Weltraummission im Jahre 2011 wird die NASA-Crew um Jocinda Fowler (Halle Berry) und Brian Harper (Patrick Wilson) von einer mysteriösen dunklen Masse überrascht, die Richtung Mond zusteuert und dabei das Shuttle aus dem Weg räumt. Ein Kamerad kommt bei dem verheerenden Einsatz ums Leben und Brian muss das Space Shuttle mit manueller Steuerung heldenhaft notlanden. Jedoch möchte dem Astronauten in der Folge niemand glauben, dass ihr Shuttle von einer scheinbar außerirdischen Entität angegriffen wurde. Zehn Jahre später ist Brian ein Schatten seiner selbst, bis ihn der weltraumbegeisterte Hobbyforscher K. C. Houseman (John Bradley) aufsucht, um ihn zunächst erfolglos von der abenteuerlichen Theorie zu überzeugen, dass der Mond seine Umlaufbahn verlassen hat und auf die Erde zusteuert. Zeitgleich stellt auch die NASA, bei der Jocinda nun administrativ arbeitet, ebenfalls fest, dass es tatsächlich gerade mal drei Wochen dauern könnte, bis der Planetennachbar auf die Erde kracht. Globale Panik macht sich rasch breit und es wird klar, dass das Schicksal aller in der Hände weniger liegt…

Betrachtet man sich „Independence Day“, seine missglückte Fortsetzung oder auch „2012“, erkennt man alle Muster, die sich auch in „Moonfall“ wiederfinden. Kurz gesagt, Überraschungen sucht man hier vergebens. Emmerich hat ein ganz ordentliches Gespür für gute Schauspieler, so profitiert auch dieser Film in Ansätzen vom Charisma eines Patrick Wilson oder einer Halle Berry, während jedoch vor allem John Bradley als sympathisch-verschrobener Weltraum- bzw. „Megastrukturen“-Nerd jede Szene an sich reißt und dem Film willkommene Anflüge von Leichtigkeit und einige recht gelungene humorvolle Momente verleiht. Diesen Figuren folgt der Film hauptsächlich, während diverse weitestgehend überflüssige Ehemänner, Ehefrauen und Kinder in verstreuten Subplots auftauchen. Gerade diese verlangsamen einen ohnehin überfrachteten Film oft, insbesondere weil man diesem Wettkampf gegen die Zeit leider recht gleichgültig zuschaut und eigentlich nur passiver Beobachter von leerem und zunehmend abgehobenem Getöse bleibt. Dass die Nebendarsteller mit wenigen Ausnahmen auch noch äußerst hölzern agieren, macht ihre Anwesenheit definitiv nicht besser.

Alle Figuren entsprechen hier Emmerich-typisch schablonenartigen Archetypen, die in bekannte und zusammengeschusterte Versatzstücke tappen. Man muss es dem „Master of Disaster“ dennoch eingestehen, er macht seine Filme konsequent, mit spürbarer Leidenschaft, „Moonfall“ ist wie auch schon sein letzter Film „Midway“ sogar unabhängig (u.a. wohl zu großen Teilen aus China, aber auch mit offensichtlicher Unterstützung von Elon Musk) finanziert und produziert. Umso bedauerlicher ist es, dass der gebürtige Schwabe nicht mehr Finesse in seine Filme stecken kann oder will und sich letztlich spätestens jetzt nur noch wiederholt. Er verzichtet in „Moonfall“ auf allzu viel Exposition, hält das Tempo zu Beginn hoch und lässt es schnell eskalieren, wodurch sich der Film allerdings auch merkwürdig gehetzt anfühlt und kaum Luft zum Atmen hat. So spielen die Menschen frühzeitig verrückt, es kommt zu massenhafter Panik, Plünderungen und sonstiger Kriminalität.

Moonfall - Space Shuttle
Moonfall – Space Shuttle © LEONINE

Trotz immer wieder großer Totalen voller Schauwerte, die gravitationsbedingte Verwüstung durch übertretende Ozeane und einstürzende Hochhäuser zeigen, kommt hier selten ein echtes Gefühl für Größe und Gewicht auf. Von einem Gespür für menschliche Schicksale angesichts unvorstellbarer Kollateralschäden muss gar nicht erst gesprochen werden. Auch hier, man mag es kaum glauben, fliegt mal wieder das Chrysler Building durch die Gegend und landet schließlich irgendwo in den verschneiten Bergen Colorados. Wow.

Emmerich kreiert also erneut erwartungsgemäß routiniert gigantische, aber auch generische Zerstörungsorgien, die im Großen und Ganzen allerdings genauso aus „The Day After Tomorrow“ oder „2012“ stammen könnten. Die greenscreenlastige und übermäßig farbkorrigierte CGI-Arbeit hat sich scheinbar leider seit besagten Filmen auch keinen Millimeter weiterentwickelt, was den Eindruck nur verstärkt, dass hier geschnittene Szenen aus Emmerichs vorangegangen Arbeiten recycelt wurden. Abgesehen von wenigen Ausnahmen fehlt es dem Film dann auch an dem gewohnt augenzwinkernden Spaß an der filmischen Zerstörung, wobei physikalische Gesetze immer wieder konsequent außer Kraft gesetzt werden.

Der Absurditätslevel steigt hier minütlich, während man mit großer Zuverlässigkeit das Katastrophenfilm-Dialogbingo spielen kann – „Alles, was wir bisher über das Universum zu wissen glaubten, war reine Makulatur“ ist nur einer von unzähligen klischeehaften Sätzen, die man unmöglich ernst meinen, geschweige denn spielen kann. Darüber hinaus ist der Film natürlich ein tonales Chaos, das sich im Großen und Ganzen ernst nimmt, aber immer wieder ohne den Hauch von Eleganz unangebrachten und fehlplatzierten Humor einsetzt. Dass es den meisten Figuren – erneut besonders den zahlreichen Nebencharakteren inklusive der lachhaft inkompetenten Befehlshabern – an jeder Glaubwürdigkeit fehlt und doofes Handeln Standard ist, macht die Sache wahrlich nicht besser und letztlich einfach nur anstrengend. Vielleicht ist das aber auch Emmerichs Art subversive Politkritik einzubauen.

Moonfall - John Bradle
Moonfall – John Bradley © LEONINE

„Moonfall“ ist zu allem Übel kein reiner Katastrophenfilm, er wird in seinem letzten Drittel schließlich zu einem pseudo-tiefgründigen Science-Fiction-Film, in dem offenbart wird, dass der Mond tatsächlich nicht das ist, was man bisher zu wissen vermochte. Hier, als unsere drei mutigen Helden Brian, Jocinda und K. C. schließlich ihre menschheitsrettende Reise zum Mittelpunkt des Mondes antreten, findet Emmerich tatsächlich durchaus originelle und große Bilder, die den Film zumindest oberflächlich betrachtet von dem abheben, was der Schwabe bisher inszeniert hat. Weniger absurd ist dieser schein-ambitionierte und bemüht philosophische und schließlich arg kitschtriefend menschelnde Mix aus „2001“ und „Elysium“ dann aber wahrhaftig nicht. So erreicht „Moonfall“ an seinem Höhepunkt dann schließlich derart wahnwitzige Höhen der Dämlichkeit, weshalb man sich dann doch wünscht, dass die Erklärung für diese Mondkatastrophe dann doch zumindest ein wenig bodenständiger geblieben wäre.

Filmwertung
4.5/10

Kurzfassung

Ein waschechter Emmerich.

Fazit:

„Moonfall“ ist durch und durch ein waschechter Emmerich, was leider kein Kompliment ist. Der „Master of Disaster“ inszeniert mit gewohnter Größe und Lust an gigantomanischem Spektakel, jedoch bleibt in diesem absurd wie schnell ermüdendem Schauspiel die menschliche Dimension auf der Strecke. Die Ambition, den Film mit übernatürlichen und pseudo-philosophischen Erklärungen anzureichern, sorgt dann für seinen endgültigen Untergang.


von Florian Hoffmann

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