M3GAN – Filmkritik: Nur eine weitere Horrorpuppe?

M3GAN in M3GAN
M3GAN in M3GAN © 2022 UNIVERSAL STUDIOS

Die Kritik:

Vor ein paar Jahren gelang mit dem „Chucky“-Remake eine überraschend gelungene wie hintersinnige Parabel auf verantwortungslosen Umgang mit künstlicher Intelligenz wie auch die Auswüchse des allgegenwärtigen Konsumwahns. So erscheint nun die weibliche Variante „M3GAN“ zwar als weiteres durchaus unterhaltsames Spiel mit dem Thema, riesige Glaubwürdigkeitsprobleme und ein unentschlossener Grundton sorgen letztlich aber eher für gleichgültiges Schulterzucken als Überraschungen und vor allem echte Spannung.

M3GAN - Filmplakat
M3GAN – Filmplakat © 2022 UNIVERSAL STUDIOS

Nachdem die kleine Cady (Violet McGraw) durch einen tragischen Unfall beide Eltern verliert, geht das Sorgerecht an ihre Tante Gemma (Allison Williams). Die alleinstehende Robotiks-Ingenieurin zeigt sich jedoch durch ihre plötzliche Verantwortung eher überfordert, weil weder eigene Kinder in der Planung waren, noch der Arbeitsstress bei ihrem Spielzeugunternehmen aktuell private Ablenkung zulässt. So erwartet ihr unter Dauerstrom stehender Choleriker-Chef David (Ronny Chieng) schleunigst die Präsentation einer neuen Version der beliebten „PurRpetual Pets“ (eine Art gruseliges Furby-Update), während Gemma mit ihren Kollegen eigentlich an einem viel ambitionierteren Geheimprojekt arbeitet: der fast lebensechten Puppe M3GAN (Amie Donald). Der Clou dieser weitestgehend menschenartigen Kreation ist jedoch nicht ihr Aussehen, sondern ihre lernfähige KI. Wer wäre für Testzwecke dann nicht besser geeignet als Cady, zu der ohnehin gerade kein rechtes Näherkommen möglich scheint? In der Tat funktioniert M3GAN erstaunlich gut und Cady blüht mit ihrer künstlichen neuen Freundin und überraschend einfühlsamen Bezugsperson wieder richtig auf. Doch wie auch kaum anders zu erwarten, entwickelt diese Figur ein immer eigenwilligeres Eigenleben, wodurch ihr eingebauter Beschützerinstinkt zu einer immer größeren Gefahr wird…

Im Grunde ist so gut wie nichts an „M3GAN“ überraschend. „Housebound“-Regisseur Gerard Johnstone inszeniert durchaus gefällig und in ansprechenden wie passenden Hochglanzbildern, während vor allem Hauptdarstellerin Allison Williams („Get Out“, „Girls“) interessante Akzente setzt. Doch schon mit dem unmittelbar zu Beginn einsetzenden Werbespot der fiktiven PurRpetual Pets fragt man sich, welche Art von Film hier eigentlich beabsichtigt ist: Mit bewusst überspitzter Inszenierung von ganz offensichtlich fürchterlich gruseligen Monster-Furbys kann „M3GAN“ ja eigentlich nur Satire sein. Denn welches Kind würde schon Gefallen an diesen als putzig verkauften Horrorfellwesen finden? Doch das ist die durchaus ernst gemeinte Realität, die Johnstone und seine Autorin Akela Cooper hier verkaufen wollen, bei der die eigenen Charaktere von Natur aus nicht ernstgenommen werden.

M3GAN, Gemma (Allison Williams) und Cady (Violet McGraw) in M3GAN
M3GAN, Gemma (Allison Williams) und Cady (Violet McGraw) in M3GAN © 2022 UNIVERSAL STUDIOS

In dieser Realität ist es dann eben auch möglich, dass die unmittelbar nach Horroralbtraum schreiende M3GAN für alle Beteiligten, auch ihren Chef David, wie eine richtig gute Idee erscheint. Interessant wird es dann durchaus mit der Figurenzeichnung von Gemma, die als junge Frau mit Bindungsängsten angedeutet wird, die in ihrem sehr akkurat organisierten Leben nur sehr ungerne jede Kontrolle abgibt und stattdessen eben ihren eigenen Menschen erschafft. Hier setzt der Film recht spannende Akzente, ohne sie aber glaubwürdig fortzusetzen. Spannend und überhaupt nicht plump ist es dann aber noch zu beobachten, wie Gemma fürsorglich mit Cady umgeht, aber insgeheim mit diesem anspruchsvollen und traumatisierten Lebewesen überfordert ist. Das wird dann eben auch thematisch ausgedehnt, denn M3GAN erweist sich als hervorragende Alltagshilfe, wenn sie Cady auch mal daran erinnert, den Klodeckel runterzuklappen und die Hände zu waschen. Betrachtet man manche überforderte Eltern, wie sie gerne jede Verantwortung abgeben und dem bewährten Langweilestiller iPad die Erziehung überlassen, ist hier eine zweifelsohne interessante Parabel auf unsere schnelllebige Realität zu erkennen.

M3GAN wird dann allerdings auch zur großen emotionalen Stütze für Cady, die jeden Zugang von Gemma zu ihrer Nichte eigentlich im Keim erstickt. Und nicht vergessen, „M3GAN“ ist dann eben kein Drama über die Erziehungsprobleme überforderter Eltern, sondern eine Blumhouse- bzw. James Wan-Horrorproduktion für das größtmögliche Publikum, das nach Thrills sucht. Die immer cleverere M3GAN wird dann wenig überraschend zur Mörderpuppe, wobei es ihr ganz kalkuliert gelingt, den Verdacht immer von sich zu lenken und Todesfälle als tragische Unfälle erscheinen zu lassen. Hier wird der Film manchmal durchaus spaßig, wobei man sich oft fragen muss, ob „M3GAN“ unfreiwillig oder absichtlich komisch ist – gelacht werden kann hier durchaus regelmäßig. Besonders grafisch, konsequent oder gar kreativ sind die Kills dann allerdings auch nicht, Johnstone deutet immer nur an und schneidet schnell wieder weg. Zugegeben, Tod durch Hochdruckreiniger ist zumindest neu, Angst hat man hier aber nie.

M3GANM3GAN und Cady (Violet McGraw)
M3GAN und Cady (Violet McGraw) © 2022 UNIVERSAL STUDIOS

Größtes Problem des Films neben der wenig vorhandenen Spannung ist dann eben der Mangel an innerer Glaubwürdigkeit: In einer Welt voller mahnender Parabeln über den verantwortungslosen Umgang mit künstlicher Intelligenz (siehe natürlich „Black Mirror“) erscheint das Verhalten der Figuren hier mindestens unglaubwürdig und im schlimmsten Fall saublöd. Insbesondere das smarte Technikgenie Gemma müsste sehr frühzeitig die Warnzeichen erkennen, eine Fallhöhe für ihre eigene Verblendung im Stile eines Frankenstein sieht dieser leider sehr inkonsequente Film aber nicht vor. Auch in ihrem Umfeld müsste der Anblick dieser Horrorpuppe gepaart mit ihrem zunehmend unberechenbarem Verhalten ganz schnell für Alarmstufe Rot sorgen. Doch stattdessen schlittert man hier sehenden Auges in die Katastrophe. Und überhaupt, dass diese Hightech-Puppe als Nebenprojekt realisiert wurde, ist nur ein weiteres von zahlreichen Glaubwürdigkeitsproblemen.

Wenn der Film dann eben konsequent überspitzt und als Satire angelegt wäre, könnte man die vielen Unglaubwürdigkeiten vermutlich leichter verzeihen. Doch zu unentschlossen chargiert „M3GAN“ eben zwischen schwarzhumoriger Konsumsatire und einer doch eher menschlich nachvollziehbaren und sich ernst nehmenden Tonalität. Bestimmte Bälle wirft der Film dann auch noch in die Luft, ohne alle wieder auffangen zu können bzw. zu wollen. So ist hier ein insgesamt dennoch zwar kurzweiliger, aber letztlich primär frustrierender Film zu sehen, der immer wieder Potential aufweist, um wesentlich mehr zu sein als sein enttäuschendes und leider belangloses Endergebnis.

Filmwertung
5.5/10

Kurzfassung

Kurzweilige und harmlose, aber letztlich zu unausgegorene Technik-Parabel

Fazit:

„M3GAN“ überrascht mit durchaus intelligenten und hintersinnigen Gedanken und könnte fast als Parabel auf verantwortungslosen Umgang mit Erziehung, KI und Konsumwahn durchgehen. Doch eine sehr unstimmige Tonalität zwischen schwarzhumoriger Satire, Horrorthriller und Drama sorgt trotz Kurzweiligkeit letztlich für Enttäuschung.


von Florian Hoffmann

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