Lovelace – Filmkritik: Doppelbödiges Porträt einer 70er Jahre Legende

Lovelace: Die junge Linda (Amanda Seyfried) wird von ihrem Mann Chuck (Peter Sarsgaard) genötigt, einen Porno zu drehen
Lovelace: Die junge Linda (Amanda Seyfried) wird von ihrem Mann Chuck (Peter Sarsgaard) genötigt, einen Porno zu drehen © Planet Media Home Entertainment

Die Kritik:

Es gab einmal eine Zeit, da war Porno noch nicht gleichbedeutend mit wackeligen Nachtsichtaufnahmen aus den Schlafzimmern der eigenen Nachbarn. Markenzeichen dieser goldenen Ära des Porno waren hohe Produktionskosten und teils aufwendige Handlungsrahmen, die die Sexszenen miteinander verbanden. Eine Notwendigkeit, die die Filme erfüllen mussten, um in den Mainstream-Kinos gezeigt zu werden. Einer der berühmtesten Filme dieser Zeit war Deep Throat. Eine der berühmtesten Darstellerinnen bis heute war Linda Lovelace.

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Premiere von „Deep Throat“ © Planet Media Home Entertainment

Florida, 1970: Seit einer frühen Schwangerschaft wird Linda trotz ihrer 21 Jahre von ihrer Mutter strengstens kontrolliert und von Männern ferngehalten. Trotzdem begegnet sie dem so charmanten wie undurchsichtigen Chuck. Beide verlieben sich ineinander und heiraten kurz danach. Als Chuck wegen seiner kleinkriminellen Geschäfte in Geldnot gerät, überredet er Linda, bei einem Pornofilm mitzuspielen. Deep Throat wird schnell zu einem Riesenerfolg und Linda Lovelace über Nacht zum Superstar der Branche.

Im Jahr 2005 nahm sich die Dokumentation „Inside Deep Throat“ bereits dem Phänomen Linda Lovelace und dem Kultporno, der sie zum Star gemacht hat, an. Mit „Lovelace“ nähern sich die beiden Regisseure Jeffrey Friedmann („Paragraph 175“) und Oscar-Preisträger Rob Epstein („Wer war Harvey Milk?“) dieser wahren Geschichte mit Erzählkino – ironischerweise bekam Epstein seine beiden Oscars für Dokumentarfilme. Was die beiden hier erzählen, ist in gewisser Weise zweimal die gleiche Geschichte. Zuerst erleben wir die gutgelaunte öffentliche Version, inszeniert mit viel Humor und Glamour. Doch in der zweiten Hälfte erzählt Linda Lovelace selbst ihre Geschichte inklusive der weniger bekannten Details, was deutlich ernster und düsterer daherkommt. Diese Erzählstruktur funktioniert sehr gut, weil der zweite Teil wie eine dunkle Spiegelung des ersten wirkt. Allerdings unterscheidet sich der Ton der beiden Hälften dadurch auch stark, was leider zuerst sehr irritiert.

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Amanda Seyfried mit James Franco als Hugh Hefner © Planet Media Home Entertainment

Zudem leidet der Film darunter, dass abgesehen von Linda und Chuck sämtliche Figuren recht farblos und lediglich Stichwortgeber bleiben. Für diese winzigen Nebenparts werden dann auch noch recht bekannte Namen mit zwei Sätzen abgespeist, darunter Wes Bentley („The Hunger Games – Die Tribute von Panem“), James Franco („Spring Breakers“) oder Eric Roberts („The Expendables“). Die Story konzentriert sich letztlich ganz auf die beiden Hauptfiguren. Deren wahre Geschichte wird zwar akribisch, aber leider etwas herzlos erzählt, so dass am Ende zu wenig Fleisch bleibt für eine wirklich runde Erzählung.

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Lovelace – Blu-ray Cover © Planet Media Home Entertainment

Allerdings kann Amanda Seyfried („The Big Wedding“, „Les Misérables“) in der Hauptrolle als naive Linda, die in eine Welt gezerrt wird, die sie erst lernt zu verstehen, einmal mehr wirklich glänzen. Man kann ihr nur wünschen, dass sie bald die Chance bekommt, ihr Talent einer wirklich großen Aufmerksamkeit zu präsentieren. Ihr gegenüber darf Peter Sarsgaard (Die glorreichen Sieben, „Green Lantern“) seiner Karriere einen weiteren Unsympathen hinzufügen, den er in versierter Routine überzeugend gibt. Diese beiden Stars, ein schicker 70er Jahre Retro-Look sowie ein Einblick in eine der faszinierendsten Persönlichkeiten der Popkultur machen „Lovelace“ durchaus sehenswert.

Filmwertung
6.5/10

Kurzfassung

Das Biopic über Pornolegende Linda Lovelace wartet mit überzeugenden Schauspielleistungen und einem gelungenen Retro-Look auf, kann inhaltlich aber nicht ganz überzeugen.

Fazit:

Die Spielfilm-Biografie findet einen spannenden Ansatz, um das Leben der Pornolegende Linda Lovelace zu erzählen, besitzt letztendlich aber zu wenig inhaltliche Substanz. Immerhin können Amanda Seyfried und Peter Sarsgaard in den Hauptrollen sowie die gelungene 70er Jahre Optik überzeugen.


von Matthias Pasler

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