Im Geheimdienst ihrer Majestät – Filmkritik zum Bond-Klassiker

Im Geheimdienst ihrer Majestät - Artwork
Im Geheimdienst ihrer Majestät - Artwork © MGM

Die Kritik:

Viel wurde kritisiert an George Lazenbys Darstellung des legendären Agenten mit der Lizenz zum Töten. Vieles durchaus angebracht. Und vielem muss ich leider auch zustimmen. Das ehemalige Fotomodell (ohne jeglicher schauspielerischer Erfahrung) tut sich hier sichtlich schwer in die großen Fußstapfen von Sean Connery zu treten. Doch war ich bei meiner aktuellen Bond-Retrospektive vor „Keine Zeit zu Sterben“ durchaus überrascht, wie sehr Lazenby in die Action dann doch eine gewisse Physis und Glaubwürdigkeit mit einbringt. Klar, beides war nie ein Problem von Connery, der auch viele der Stunts und Choreos selbst ausführte, doch wird dies im Gespräch über Lazenby nur allzu gern übersehen. Angeblich war dies auch der Grund, ihn überhaupt als Bond zu casten. Beim Vorsprechen musste jeder der Darsteller einen Übungskampf durchführen, etwas das Lazenby dank seiner guten körperlichen Verfassung scheinbar ohne Probleme bewältigen konnte. Doch auch so hat „Im Geheimdienst ihrer Majestät“ so einiges zu bieten.

Der ehemalige Cutter der Reihe Peter R. Hunt zeigt hier ein ungemeines Händchen für die Action. Er gestaltet sie übersichtlich, groß, dynamisch und doch wieder mit einem tollen Fokus auf seine Figuren. Eine kleine, aber wenig gravierende Ausnahme ist der Sturm auf Blofelds Festung im dritten Akt. Die legendäre Skiverfolgungsjagd zählt dabei zum großen Höhepunkt des Films. Nach und nach verliert Bond seine beide Ski, wird bis an die Grenze seiner körperlichen Belastbarkeit getrieben und muss am Ende sogar einer Lawine trotzen. Ganz großes Kino! Dabei sind nur einige kurze Momente, in denen der Film sichtlich einfach schneller abgespielt wird, etwas schlechter gealtert. Doch weiß Hunt eben immer genau, wann ein Close-Up die Spannung erhöht, wann er die Stunts in atemberaubenden Weitaufnahmen zeigen muss, und wann die Kamera einfach nur den Figuren folgen muss.

Im Geheimdienst ihrer Majestät - Cover
Im Geheimdienst ihrer Majestät – Cover © MGM

Dabei darf auch Tracy (eine großartige Diana Rigg), unser Bondgirl, selbst in einer etwas deplazierten, aber sonst mitreißenden Autoverfolgungsjagd während eines Stock-Car-Rennens, aber auch im Nahkampf zeigen, dass in ihrer Figur eben doch so viel mehr als in vielen ihrer Vor- und Nachfolgerinnen steckt. Sie erhält dabei eine emotionale Tiefe, die sonst bis dahin nur Domino aus Feuerball in Ansätzen erreicht hat, heute erinnert sie an einige emanzipiertere Damen der Craig-Ära rund um Eva Greens Vesper und Léa Seydouxs Madeleine Swann. Und das schon 1969.

Der Film verlässt sich dabei viel auf die beiden Hauptdarsteller Rigg und Lazenby, problematisch, weil Lazenby einfach nicht die Vielschichtigkeit eines Connerys besitzt. Bei diesem ist unter der perfekten Fassade aus Selbstvertrauen, einem bisweilen ironischen Lächeln und flotten Sprüchen stets dieser eiskalte Killerinstinkt zu spüren, diese fiese berechnende Art des Attentäters im Anzug. Nur in wenigen Momenten der Verzweiflung bröckelt diese Fassade und lässt uns einen verletzlichen Menschen erkennen.

Hier fehlen diese Ebenen. Das Problem liegt nicht unbedingt darin, dass Lazenbys Performance so schlecht ist, sie ist vielmehr nichts sagend. Es gibt keine zweite oder gar dritte Ebene, wir spüren keine innere Leere, in die Tracy eintritt. So fühlt es sich in einigen wenigen Momenten auch etwas unehrlich an, wenn Bond sich plötzlich Hals über Kopf verliebt. Und doch, wie das Pärchen mehr und mehr Zeit miteinander verbringt, und eben auch Tracy ihre Momente erhält, spüre ich eine gewisse Zuneigung und gebe den beiden meinen Segen, nur um in den letzten Sekunden des Films mit einem der vielleicht legendärsten Filmenden den Boden mit mir aufzuwischen.

Das geschieht, wie wir alle wissen, dank Bonds Nemesis. Blofeld wurde im Vorgänger „Man lebt nur zweimal“, als er zum ersten Mal auf 007 traf, ja noch von Donald Pleasence verkörpert, damals mit umstrittenem Erfolg. Hier verschafft ein kraftvoller Telly Savalas Blofeld eine Autorität, die sein Vorgänger nie so ganz erreicht hat, und das obwohl sein Plan hier leider etwas wenig Zeit erhält. Er wirkt angehängt.

Skurril ist dabei nur, dass sich Blofeld und Bond scheinbar an ihr früheres Treffen nicht mehr erinnern können. Obwohl einige Gegenstände aus früheren Bondfilmen auftauchen, spielt Im Geheimdienst ihrer Majestät merklich in seinem eigenen Mikrokosmos, auch weil der direkte Nachfolger „Diamantenfieber“ keinerlei Hinweis auf ihn aufweist.

Dabei folgt man hier weitestgehend der etablierten Bond-Formel, und obwohl sicherlich nicht alles in diesem Film seinen Sinn und Zweck erfüllt (z.B. die anderen Bondgirls) weht doch nach dem sehr formelhaften Vorgänger ein frischer Wind dank Hunts scharfem Auge für Action, Romanze und seinen Figuren. So findet man letztlich doch eine gute Balance zwischen Formelhaftigkeit und Innovation.

Filmwertung
7.5/10

Kurzfassung

Mit der Zeit gereift.

Fazit:

Die Zeit hat den einst verrufenen Im Geheimdienst der Majestät schließlich zu einem der besseren Bondfilme gemacht. Für mich nicht fantastisch, aber doch mehr als gut genug. Da bleibt nur noch eine Frage. Wie wäre es wohl mit Connery gewesen?


von Sebastian Stegbauer

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