Gringo – Filmkritik: angenehme Überraschung dank gut aufgelegten Besetzung

David Oyelowo (Harold), Charlize Theron (Elaine), Joel Edgerton (Richard)
David Oyelowo (Harold), Charlize Theron (Elaine), Joel Edgerton (Richard) © TOBIS Film GmbH

Die Kritik:

Gringo Filmplakat
Gringo Filmplakat © TOBIS Film GmbH

Harold Soyinka (David Oyelowo) ist sowas wie die arme Sau vom Dienst: Als Bereichsleiter des großen Pharmazie-Unternehmens Cannabax hat er zwar durchaus eine gewisse Verantwortung – trotzdem ist er der heimliche Fußabtreter seiner Chefs Richard Rusk (Joel Edgerton) und Elaine Markinson (Charlize Theron). Harold glaubt, dass Richard sein Freund ist – in Wahrheit nutzt dieser sein ergebenes Pflichtbewusstsein nur aus und belächelt ihn mit seiner herablassend-arroganten Kollegin und Affäre Elaine. Als Harold davon bei einem Geschäftstrip nach Mexiko zufällig Wind kriegt und direkt danach über Skype auch noch von seiner Frau erfährt, dass sie ihn betrügt, hat er genug: Der ewige Ja-Sager inszeniert seine eigene Entführung, um an die 2 Millionen Dollar schwere Versicherungspolice seiner Firma zu kommen. Doch zugleich ordnet der Kartellboss Villegas alias „Der schwarze Panther“ (Carlos Corona) tatsächlich die Entführung von Harold an – denn Rusk und Markinson wollen ihn nicht an den zwielichtigen Geschäften von Cannabax beteiligen…

„Gringo“ erweist sich als angenehme Überraschung, die vor allem dank seiner gut aufgelegten Besetzung, aber auch dank der herrlich vertrackten Story für Spaß und Kurzweiligkeit sorgt. Gerade David Oyelowo, der mit diversen Prestige-Rollen wie als Dr. Martin Luther King in „Selma“ oder Seretse Khama in „A United Kingdom“ eindrucksvoll auf sich aufmerksam machte, überrascht hier mit komödiantischem Talent und Mut zur Albernheit. Harold ist ein Durchschnittstyp und Musterarbeitnehmer, wie er im Buche steht – pflichtbewusst, gutmütig und ordentlich. Was ihm fehlt, sind – wie es sein großspuriger und überheblicher Boss Richard ausdrückt – Eier. Oyelowo spielt das sehr sympathisch und menschlich, sein plötzlicher Wandel von unglückseligen Tölpel zum selbstbestimmten Mann, der nicht mehr alles mit sich machen lässt, ist glaubwürdig und sehr amüsant. Das Gewicht seiner dramatischen Parts fällt hier immer wieder weg und Oyelowo hat spürbar Spaß an immer wieder überzogener Komik – wie auch das Publikum, das Zeuge dieser gefälligen Farce wird.

Charlize Theron (Elaine) in Gringo
Charlize Theron (Elaine) in Gringo © TOBIS Film GmbH

Edgerton, dessen Bruder Nash hier nach „The Square“ (2008) zum zweiten Mal Regie führt, hat ebenso Spaß an seinem genüsslich ausgespielten Kotzbrocken-Part. Sein Richard ist die Überheblichkeit in Person, der nicht nur Harold ausnutzt, sondern auch alle anderen Personen um ihn herum. Das ist immer wieder sehr komisch, doch nichts gegen Charlize Theron, die die Rolle der arroganten und hemmungslos unsympathischen Eiskönigin mit großem Gusto ausfüllt. Ihre politisch unkorrekte, beleidigende und habgierige Art sorgt für einige schwarzhumorige und durchaus auch inspirierte Lacher. So sorgt hier mancher, durchaus asozialer Satz immer wieder auch für ungläubiges Staunen seitens der Zuschauer. Ein weiteres Highlight ist auch der immer sehenswerte, immens charismatische und sehr lustige Sharlto Copley, der Richards Ex-Söldner-Bruder Mitch spielt. Da Richard nämlich an eine Zahlung des Lösegelds möglichst umgehen will (die Entführungs-Versicherung hat er nämlich vor kurzem noch eingespart), sucht er nämlich nach einem bequemen Ausweg in Form von Mitch, der gerade in Haiti an einer karitativen Hilfsmission beteiligt ist.

„Gringo“ bietet eine immer verzwicktere, und damit für den Zuschauer stetig genüsslicher werdende Angelegenheit. Im dritten Akt stiehlt Copley mit seinem bärtigen Ex-Militär dann mit jedem Auftritt allen die Show, besonders wenn er als Atheist die Bibelfestigkeit von Harold eloquent und tiefgründig in Frage stellt. Überhaupt ist das Drehbuch von Anthony Tambakis & Matthew Stone immer wieder recht redselig und erinnert mit seinen eingestreuten Popkultur-Referenzen in manchen Momenten an die Tarantino-Imitationen der Neunziger, ist dabei aber besser und leichtfälliger. So gibt es dann auch solche überzeichneten Figuren wie den Drogenboss, der seine Beatles-Obsession in ausführlichen Monologen ausleben muss. Seine ganz klare Meinung über das beste Album der britischen Kultband sollte man jedenfalls besser nicht hinterfragen. Ja, Edgertons Film ist sicher keine große Kunst und der Plot ist recht konstruiert, Spaß macht „Gringo“ jedoch als purer, gut aufgelegter Unterhaltungsfilm allemal.

Harry Treadaway (Miles), Amanda Seyfried (Sunny) in Gringo
Harry Treadaway (Miles), Amanda Seyfried (Sunny) in Gringo © TOBIS Film GmbH

Es sorgt schon für Freude, wenn man sich dieses immer größer werdende Schlamassel anschaut, bei dem sich die Figuren mit ihren öfter mal unklugen Entscheidungen immer tiefer reinreiten. Auch die Actionszenen sind von Edgerton mit sicherer Hand inszeniert, überhaupt gefällt der Film durch solides Flair dank der mexikanischen Original-Drehorte. Wer will, darf den Film auch durchaus als giftigen Kommentar zur habgierigen US-Wirtschaft mit ihrer „America First“-Mentalität sehen – mit all ihren Konsequenzen und dem Aufbäumen des kleinen Mannes, der so lange übergangen wird. Vordergründig ist „Gringo“ aber ein über die ganze Lauflänge unterhaltsamer Spaß.

Filmwertung
7/10

Kurzfassung

Kurzweilige und spaßige Unterhaltung dank sehr gut aufgelegter Besetzung und genüsslich-verzwickter Story.

Fazit:

„Gringo“ sorgt für kurzweilige und spaßige Unterhaltung, die dank sehr gut aufgelegter Besetzung und einer genüsslich-verzwickten Story für eine positive Überraschung sorgt.


von Florian Hoffmann

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