Getaway – Der Steve McQueen Klassiker in der Retro-Kritik

Steve McQueen in Getaway
Steve McQueen in Getaway © Warner Bros.

Die Kritik:

Getaway - Blu-ray
Getaway – Blu-ray © Warner Bros.

Sam Peckinpahs langfristigsten und größten Auswirkungen auf das Kino beziehen sich auf wohl zwei Genre. Einerseits ritt er auf der Welle der Italo-Western mit und schuf mit „The Wild Bunch“ einen der bedeutendsten amerikanischen Western. Die Folgen dessen reichen jedoch weit über das Genre hinaus, was uns direkt zu seiner zweiten großen Errungenschaft führt. Er ästhetisierte die Gewalt im Kino auf eine Weise, die damals zwar durchaus kritisch beäugt wurde, gerade den Action-Film aber für immer verändern sollte, zum besseren oder zum schlechteren. Gerade seine Verwendung der Zeitlupe ist revolutionär. Noch nie konnte Gewalt so schockieren und doch zugleich so unterhalten. Bis heute ist so Peckinpahs Verwendung dieses Stilmittels ausschlaggebend. Wird der Erzählfluss unterbrochen oder benutzt man Slow motion nur, um schlechte Planung kaschieren, lässt man es lieber bleiben. Erzeugt man dadurch aber Momentum und löst etwas in uns aus, so erzielt man eine überragende Wirkung. Doch nicht nur unter diesem Aspekt ist der Klassiker „Getaway“ mit Steve McQueen in der Hauptrolle gerade als Genre-Fan ein absolutes Muss…

Nachdem sein Antrag auf Entlassung aus dem Staatsgefängnis abgelehnt wurde, greift „Doc“ McCoy zu verzweifelten Mitteln. Er wendet sich an die Mafia, um nach Jahren der Haft endlich wieder mit seiner Frau vereint zu werden. Der Preis? Er muss die örtliche Bank ausrauben. Doch dieser Auftrag stellt sich schnell als gefährlicher heraus, als sich zu anfangs vermuten lässt.

Auch wenn die Ausgangslage auf dem Papier nicht durch Originalität punkten kann, transportiert Peckinpah mit seinem Cutter Robert Wolfe bereits hier die Gefühlslage unseres zerrissenen Protagonisten perfekt auf den Bildschirm. Durch die Macht der Montage wird die vorherrschende Monotonie, der Frust und die Verzweiflung von dessen Leben im Gefängnis innerhalb kürzester Zeit greifbar. So wird dessen drastische Entscheidung sich der Mafia zu verschreiben als der logische Schritt dargestellt. Hierfür wird gerade für die damalige Zeit ein ungewöhnlich rapider Schnitt verwendet, der die Geschehnisse förmlich ineinanderfließen lässt. Doch werden eben auch die Momente zwischen den Cuts durch ein überlegtes Drehbuch gefüllt, das der Hauptfigur genug Raum zum Atmen gibt, um uns über die gesamte Laufzeit in dessen Bann zu ziehen. Hier wird eine äußerst menschliche, reale Person zunehmend an seine Grenzen gebracht. Diese Emotionen kennen und fühlen auch wir, weshalb mit Doc, auch unabhängig von McQueens ebenso routinierter wie vielschichtiger Schauspielleistung, die perfekte Identifikationsfigur geschaffen wurde.

Steve McQueen und Ali MacGraw in Getaway
Steve McQueen und Ali MacGraw in Getaway © Warner Bros.

So schafft Peckinpah weitaus mehr als nur den notwendigen emotionalen Unterbau, um seine Action erst wirklich mitreißend zu gestalten. Glücklicherweise verkommt diese im nächsten Schritt nie zum bloßen Selbstzweck. Er verlässt sich so meist vielmehr auf sich lange aufbauende Momente voller Spannung und Suspense. Bis wir die eigentliche Action zu Gesicht bekommen, wurde schon minutenlang mit unseren Nerven gespielt. Wenn sich diese schließlich entlädt, geschieht dies nie ohne, dass Peckinpah zuvor die Geographie der Szene herausgearbeitet hat. Es geschieht stets ohne unübersichtlicher, schlampiger Arbeit hinter der Kamera, sondern mit toll erzählten Kämpfen davor. Gerade die finale Schießerei ist eine Meisterleistung auf jeder filmischen Ebene. Zudem werden wir gerade im Aufbau dieser Momente oftmals mit mehr Informationen versorgt als Doc. Während dieser also einen Moment der Ruhe genießt, sind wir auf Hochspannung und sorgen uns darum, wie in aller Welt dieser trotz allem Wiederstand am Ende siegreich hervorgehen könnte.

Leider muss ich, wo ich ihn doch zuvor so gelobt habe, allerdings gerade den Schnitt kritisieren. Peckinpah wirkt hier beinahe etwas zu routiniert. Immer wieder verliert er sich in seinem dynamischen Schnitt und seinen detaillierten Nahaufnahmen ohne die Geschichte groß voranzutreiben. In einigen Momenten kann sich „Getaway“ deshalb etwas ziehen, auch weil eine zweitrangige Parallelhandlung eingeführt wird, die etwas zu viel Platz erhält. Hier hätten einige Momente der Schere zum Opfer fallen müssen. Zusammen mit dem in einigen wenigen Momenten etwas irritierenden Humor, kann man dennoch nicht davon ablenken, wie meisterhaft der Rest geraten ist.

Filmwertung
8/10

Kurzfassung

Action-Thriller mit Kultstatus.

Fazit:

„Getaway“ ist ein routinierter Action-Thriller par excellence, der trotz einiger weniger Längen seinen Kultstatus mehr als verdient hat. Die Kombination aus McQueen vor und Peckinpah hinter der Kamera ist ebenso zeitlos wie der Film selbst.


von Sebastian Stegbauer

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