Es – Filmkritik: Nur ein weiteres Remake?

Es - Bill Skarsgård als Pennywise
Es - Bill Skarsgård als Pennywise © Warner Bros.

Die Kritik:

„Nicht noch ein Remake!“ riefen vermutlich Millionen von Menschen vor ihren Bildschirmen und rollten dabei mit ihren Augen, als angekündigt wurde, dass „Es“ neuverfilmt werden soll. Nach sieben Jahren in der Produktion und nach einigen Drehbuchänderungen sowie zwei Regiesseurwechseln fingen die Dreharbeiten 2016 unter Führung von Andy Muschietti (Mama) an. Die Neuverfilmung erscheint nun geschickterweise genau 27 Jahre nach Veröffentlichung der Fernsehfilme (1990) und muss nun einige Erwartungen erfüllen.

Handlung:

Es - Finn Wolfhard, Sophia Lillis, Jaeden Lieberher, Jack Dylan Grazer, Wyatt Oleff, Jeremy Ray Taylor und Chosen Jacobs
Es – Finn Wolfhard, Sophia Lillis, Jaeden Lieberher, Jack Dylan Grazer, Wyatt Oleff, Jeremy Ray Taylor und Chosen Jacobs © Warner Bros.

Schwergetroffen vom Verschwinden seines Bruders Georgie versucht Bill (gespielt von Jaeden Lieberher) herauszufinden, was mit ihm passiert ist. In der Hoffnung, dass sein Bruder noch lebt, fertigt er einen Plan an, der ihn in die Kanalisation der Stadt Derry führt. Verzweifelt bittet er seine Freunde Stanley, Richie und Eddie (gespielt von Wyatt Oleff, Finn Wolfhard und Jack Dylan Grazer) um Hilfe, doch unterwegs werden sie von Henry Bowers (gespielt von Nicholas Hamilton) und seiner Gang gemobbt. Neben Bill und seinen Freunden werden auch die Mitschüler Mike, Beverly und Ben (gespielt von Chosen Jacobs, Sophia Lillis und Jeremy Ray Taylor) von dem Schulhofschläger drangsaliert, als sie sich diesem doch zu sechst stellen bemerken die Kinder, dass sie gemeinsam stark sind und werden daraufhin Freunde und zusammen nennen sie sich die „Verlierer“. Sie untersuchen was es mit den verschwundenen Kindern in Derry auf sich hat und begegnen dabei merkwürdigen Gestalten, die sie auf ein Wesen namens „Es“ (gespielt von Bill Skarsgard) zurückführen können.

„Es: Kapitel Eins“ wird im Gegensatz zum Fernsehfilm und dem Buch nicht in Rückblenden sondern, linear erzählt. Die Geschichte nimmt daher nur die Zeit in den Fokus, in dem die „Verlierer“ Teenager sind. Dies hat klare Vorteile für die Erzählung, wodurch sie eine simplere Struktur erhält und zusätzlich viel tiefer in die Charaktere eingehen kann.
Die Geschichte konzentriert sich auf zwei Hauptpunkte: erstens die Interaktionen zwischen den „Verlierern“ und zweitens Es und dessen Fähigkeiten.

Es - Die Freunde auf der Suche nach Bills Bruder
Es – Die Freunde auf der Suche nach Bills Bruder © Warner Bros.

Der erste Punkt verleiht dem Film sehr viel Herz und Charisma, denn im Vordergrund steht die Romanze zwischen Bill, Beverly und Ben. Wobei man anmerken muss, dass dieses Liebesdreieck sehr gut geschrieben wurde, sodass Leute, die weder das Buch gelesen, noch den Fernsehfilm gesehen haben, sich denken, was im nächsten Teil passieren könnte. Insgesamt ist das Drehbuch so verfasst, dass man Charaktere die man mögen soll mag und die man nicht mögen soll eben nicht. Das klingt jetzt vielleicht trivial, aber in wie vielen Horrorfilmen sind wir dafür, dass das blonde Dummchen stirbt und der Serienkiller gewinnt oder es uns ganz einfach egal ist?
Hier fühlt man mit den Charakteren mit, selbst wenn man weiß, was passiert.

Der noch zu klärende zweite Hauptpunk ist so ziemlich der beste und schlechteste Aspekt des Films. Da „Es“ sich von Angst (und Fleisch) ernährt und sich in alles verwandeln kann, wovor der Gegenüber am meisten Angst hat, erlebt der Zuschauer traumatische Hintergrundgeschichten und essentielle Charakterschwächen visuell und nicht durch lange Erzählungen. Es ist daher sehr schade, dass „Es“ am langweiligsten ist, wenn es als Pennywise der tanzende Clown auftritt.
Diese Langeweile entsteht durch das ständige Benutzen der Manifestation des Clowns, welche spätestens beim dritten Mal die Frage aufwirft „Warum macht er denn nichts, außer die Kinder immer nur fast zu fressen?“. Vor allem macht alles gar keinen Sinn, wenn man bedenkt, dass er am Ende einfach jemanden von den „Verlierern“ entführt.
Das bedeutet, aber nicht, dass „Es“ nicht gruselig ist. Der Horror entfaltet sich langsam und atmosphärisch. Je mehr man über „Es“ und seine Taten mitbekommt desto erdrückender wird die Atmosphäre und es entsteht ein allgegenwärtiges Unbehagen.

Charaktere:

Es - Pennywise lockt Georgie in seine Fänge
Es – Pennywise lockt Georgie in seine Fänge © Warner Bros.

Dieses Unbehagen sollte man auch in der Präsenz von Pennywise fühlen, doch meistens sind die Effekte zu übertrieben oder der Sinn einfach nicht vorhanden um sich zu gruseln. Auch wenn Bill Skarsgard hier eine sehr solide Darbietung abliefert, so kommt es leider nicht an den psychopathischen Charmeur-Clown von Tim Curry ran.
Alle anderen Charaktere hingegen sind fantastisch umgesetzt worden. Richie ist frech und bringt einige witzige Antworten, was eine interessante Dynamik ist, da dies auch seine größte Schwäche ist. Alle „Verlierer“ haben nämlich eine soziale Schwäche: Richie ist vorlaut, Bill stottert, Ben ist übergewichtig, Mike ist schwarz, Eddie ist Hypochonder, Stan ist jüdisch und Beverly wird von ihrem Vater misshandelt. Diese Schwächen werden im Film ebenfalls behandelt und werden auch als Stilmittel benutzt um gewisse Entwicklungen darzustellen, so hört Bill zum Beispiel mit stottern auf, als er sich stark fühlt.
Solche Momente hat selbst der menschliche Antagonist Henry Bowers, was dazu führt, dass man die Motivation hinter seinen Taten besser versteht und man sogar etwas Mitleid mit ihm und der ganzen Stadt hat.

Cinematographie:
Schon die ersten Sekunden versetzen den Zuschauer in die richtige Stimmung für einen Horrorfilm. Es regnet, wir schwenken im Regen von einem Logo mit einem roten Ballon zu einem weiteren Logo im Regen und es ertönt ein Kinderlachen. Nach diesem Kinderlachen beginnt ein Klavier den Regen zu übertönen und wir befinden uns in einem verregneten Derry wieder. Das Klavier wechselt zwischen intensiv und ruhig und die Sättigung des Bildfilters untermalt die traurige und düstere Atmosphäre.

Es - Bill Skarsgård ist Pennywise der Clown
Es – Bill Skarsgård ist Pennywise der Clown © Warner Bros.

Das Bild und die Filter passen sich im Film jedoch an und untermalen ständig die Aktionen.
Die Cinematographie wird auch von einigen Kameratricks unterstützt, wodurch die Kamera manchmal als ein Gegenstand in der Szene wahrgenommen wird, was zu einer Immersion ins Geschehen führt.
Am meisten wird die Cinematographie jedoch vom Soundtrack unterstützt und dieser ist nicht immer gruselig und atmosphärisch, sondern bricht auch öfters aus. Diese Überraschungstaktik führt zu einigen Szenen, die einfach Spaß machen und zu einer Steinschlacht, die sofort Kultstatus erreichen könnte. Was es auch so ziemlich auf den Punkt bringt, denn „Es: Kapitel Eins“ macht Spaß durch interessante Kameraeinstellungen, kreative Benutzung von Farben, einen grandiosen Soundtrack und das alles ohne die Atmosphäre zu stören.

Filmwertung
8.5/10

Kurzfassung

Wer Angst hat, dass „Es“ erneut ein Remake ist um schnell viel Geld zu machen, der kann beruhigt sein, denn „Es: Kapitel Eins“ ist ein spaßiger, atmosphärischer Horrorfilm mit ein paar Makeln.

Fazit:

Leider ist „Es: Kapitel Eins“‘ bester Aspekt auch der schlechteste, weswegen wir ein gruseliges „Es“, aber nur einen durchschnittlichen Pennywise präsentiert bekommen. Der Film ist trotz kleinerer Fehler ein adaptionsgetreues Remake, das durch ein starkes Drehbuch, gute Cinematographie, einen atmosphärischen Soundtrack und viel Charisma sehr vieles richtig macht.


von Daniel Engel

Mehr zum Film:
Trailer: Filminfo:

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