Der Mann aus dem Eis – Filmkritik: Mutige Verfilmung von Ötzis Leben

Der Mann aus dem Eis - Kelab (Jürgen Vogel) irrt durch den Schnee © Port au Prince Pictures

Die Kritik:

Der Mann aus dem Eis - Plakat
Der Mann aus dem Eis – Plakat © Port au Prince Pictures

Der Mann aus dem Eis lebte und starb vor rund 5300 Jahren in den Ötztaler Alpen (daher der allgemein bekannte Spitzname „Ötzi“). Dank der ständigen Kälte auf den Bergen wurde die Mumie natürlich konserviert. Im Jahr 1991 hatten zwei Wanderer das Glück dieses spektakulären Fundes. Zunächst wusste niemand, was für eine bahnbrechende Entdeckung sie zu Tage gefördert haben.
Denn die einzigartige Mumie lieferte viele neue Erkenntnisse über das Leben unserer Vorfahren zu jener Zeit. Umso verblüffender ist es, dass erst gut 25 Jahre später ein Film über das Leben des Ötzis gedreht wurde. Der Kinostart des Historiendramas ist nun der 30. November 2017.

So viel der Fund uns über das allgemeine Leben der damaligen Zeit verraten hat, so wenig weiß man über das individuelle Leben einzelner wie z.B. das des Ötzis. Nicht einmal der Tod durch einen Pfeil ist ganz gewiss. Dahingehend ist es nicht überraschend, dass für den Film eine fiktive Geschichte um den Mann aus dem Eis geschrieben werden musste. Dieses Drehbuch soll Hauptdarsteller Jürgen Vogel (Die Welle) laut Autor und Regisseur Felix Randau (Northern Star) innerhalb eines Tages überzeugt haben, am Abenteuer mitzuwirken. Dabei verliert sich die Geschichte während den 96 Minuten nicht großartig in Details: Kelab (Jürgen Vogel) ist der Anführer einer friedlichen Großfamilie in den Alpen der Jungsteinzeit. Ihr Leben scheint hart, aber glücklich zu sein. Bis eines Tages ein feindlicher Stamm ihr Lager angreift und schonungslos alle Menschen tötet. Ferner wird das Heiligtum der Gemeinschaft (eingeschlossen in einer Box) entwendet. Kelab war derweil auf der Jagd und muss bei seiner Rückkehr auf das angerichtete Massaker blicken. Nur ein kurz zuvor geborener Säugling hat überlebt. Mit diesem und einer verbliebenen Ziege macht sich der Jäger nun auf die Jagd nach den Mördern seiner Familie. Seine Waffen bestehen aus einem Bogen und einem Beil.

Gosar (Martin Augustin Schneider), Tasar (Sabin Tambrea) und Krant (André M. Hennicke)
Gosar (Martin Augustin Schneider), Tasar (Sabin Tambrea) und Krant (André M. Hennicke) hinterlassen einen Ort der Verwüstung
© Port Au Prince Pictures

In vielen Szenen wird der Zuschauer sich selbst überlassen, um dem Geschehen zu folgen. Das liegt einerseits an der Kommunikation der Figuren. Zusammen mit einem Sprachforscher wurde nämlich eine unverständliche Sprache erfunden, die an die Urform des Rätischen angelehnt sein soll. Dies wird in keiner Form übersetzt. Andererseits gibt es für Kelab später sowieso kaum mehr Menschen, mit denen er sich austauschen könnte. So müssen viele Taten seitens des Zuschauers übersetzt werden, um der Handlung folgen zu können. Das erfordert eine gewisse Beobachtungs- und Kombinationsgabe.

Einen ähnlichen survive-and-revenge Thriller bot zuletzt The Revenant mit Leonardo Di Caprio. Eine ähnlich gute Leistung leistet hier die Wunschbesetzung mit Jürgen Vogel ab, der hierzulande schon als Qualitätsmerkmal gilt und wieder voll überzeugt. Insgesamt nimmt Der Mann aus dem Eis viel Rücksicht auf eine möglichst hohe Authentizität, was sehr gut gelingt. Daraus resultiert ein fordernder und teils schwieriger Rache-Thriller, der nicht sonderlich mitreißend scheint. Zumindest nicht im klassischen Sinne.

Der Mann aus dem Eis - Kelab (Jürgen Vogel) irrt durch den Schnee
Kelab (Jürgen Vogel) in den Alpen
© Port au Prince Pictures

Hervorzuheben ist dafür die Bildsprache mit vielen der Evolution zugeordneten Bildcodes. Hier ist auf der inhaltlich biologischen Seite die Lebensbedrohung und Lebenserhaltung (nicht nur der eigenen) omnipräsent und wird spannend erzählt. Hass und Rache aber auch Liebe und Dankbarkeit zeichnen dies aus. Die schnelleren Schnitte und die Kamerabewegungen spielen in den formal biologischen Code mit rein. Ähnliches gilt für die archaische Bildcodierung, da nun einmal alle Taten durch die Gestik und Mimik bestimmt werden. Daneben überzeugt die Odyssee auf kategorialer Ebene durch das Naturpanorama an den Originalschauplätzen in den Alpen. Die Berge, das Feuer, die Wolken und das Eis bilden die archetypischen Strukturen sehenswert ab.

Filmwertung
6/10

Kurzfassung

Schön gefilmter aber auch fordernder Rache-Film mit Jürgen Vogel als Ötzi.

Fazit:

Der Mann aus dem Eis gibt ein optisch einwandfreies und authentisches Bild auf eine fiktive Story um Ötzi wider. Nichtsdestotrotz kommt das Drama nicht um die eine oder andere Länge aus. Aufgrund der fremden Sprache müssen rein aus den Taten eigene Schlüsse gezogen werden. Dahingehend offenbart sich ein interessanter aber fordernder Ansatz, der nicht immer aufgeht.


von Nicolas Wenger

Mehr zum Film:
Trailer: Filminfo:

Hinterlasse jetzt einen Kommentar

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht. (Kommentar wird erst geprüft)


*