David Copperfield – Einmal Reichtum und zurück- Filmkritik: Spielerische Gesellschaftskritik

David Copperfield (Dev Patel) gibt sich alle Mühe, die Übersicht zu behalten © 2020 eOne Germany

Die Kritik:

DAVID COPPERFIELD – EINMAL REICHTUM UND ZURÜCK – Plakat © 2020 eOne Germany

Hört man den Namen David Copperfield denkt man unweigerlich an den deutschen Zauberer, der seit den 1970er Jahren durch zahlreiche TV-Auftritt bekannt wurde und seit Jahren hauptsächlich in Las Vegas auftritt. Das unterhaltsame Drama „David Copperfield – Einmal Reichtum und zurück“, unter der Regie von Armando Iannucci, handelt jedoch nicht von dem Zauberer, sondern von der Titelfigur des autobiographisch geprägten Bildungsromans des englischen Schriftstellers Charles Dickens. Nach dem Roman, dessen erste deutsche Übersetzung 1849 erschien, verfasste Simon Blackwell, der bereits mehrfach mit dem Regisseur zusammengearbeitet hat, eine erheiternde sowie zugleich verstörende Kindheitserinnerung von David Copperfield.

Der Film beginnt im Viktorianischen England in dem Landhaus „The Rookery“ („Der Krähenhorst“), in dem der kleine David Copperfield geboren wird. Bereits bei seiner Geburt kann seine exzentrische Tante Betsey Trotwood (Tilda Swinton) nur die Nase rümpfen. Doch David (Ranveer Jaiswal) wird von seiner verwitweten Mutter Clara (Morfydd Clark) und der wohlmeinenden Haushälterin Peggotty (Daisy May Cooper) liebevoll aufgezogen. Er verlebt einen idyllischen Sommer mit Peggotty, deren Bruder Daniel (Paul Whitehouse) und dessen Adoptivkinder Ham (Anthony Walsh) und Emily (Aimée Kelly) in einem umgedrehten Schiff am Strand. Nach seiner Rückkehr ist er seinem Stiefvater Edward Murdstone (Darren Boyd) ausgeliefert, der seine Mutter während seiner Abwesenheit geheiratet hat. Schnell ist er den Jungen überdrüssig und verbannt ihn nach London, wo er in einer Flaschenfabrik für seinen Lebensunterhalt arbeiten muss.

Der junge David Copperfield (Jairaj Varsani).
Der junge David Copperfield (Jairaj Varsani). © 2020 eOne Germany

Der verarmte Mr. Micawber (Peter Capaldi) nimmt sich David (Jairaj Varsani) an und lässt ihn bei sich, seine Frau und seinen 4 Kindern wohnen. Gemeinsam teilen sie das wenige, was sie haben, während die Jahre vergehen. Bald leitet David (Dev Patel) selbst Kinder in der Flaschenfabrik an. Als er von dem Tod seiner Mutter erfährt, flieht er aus Trauer aus der Fabrik und zu seiner Tante Betsey, die jetzt bei ihrem entfernten Cousin, dem exzentrischen Mr. Dick (Hugh Laurie), lebt. Dort lernt David Mr. Wickfield (Benedict Wong) kennen, der Betseys Finanzen betreut, sowie dessen Tochter Agnes (Rosalind Eleazar). Durch seine Hilfe kann David die Schule von Mrs. Strong in Canterbury besuchen.

Steerforth (Aneurin Barnard) und David (Dev Patel) lernen sich auf der Universität kennen.© 2020 eOne Germany

Dort lernt er Dora Spenlow (Morfydd Clark) kennen und fängt später als Anwalt bei ihrem Vater zu arbeiten an. Doch das Leben hält weitere Herausforderungen für den jungen Anwalt bereit, die er Jahre später einem interessierten Publikum schildert. Die Geschichte von Charles Dickens, die auch 150 Jahre nach seinem Tod noch immer bekannt ist, ist kunstvoll in Szene gesetzt. Skurril, makaber und teils verträumt nimmt die tragische Geschichte eines Jungen seinen Lauf, der stets nach seinem Platz im Leben sucht.

Tante Betsey (Tilda Swinton) hat Clara Spenlow (Morfydd Clark) zu Besuch, die ein Auge auf David geworfen hat © 2020 eOne Germany

Aus dem einstigen Bildungsroman ist eine absonderliche Geschichte mit allerlei verquerer Figuren geworden, die eine Welt voller Doppeldeutigkeiten skizziert. Humorvoll und gespickt mit satirischen Momenten, nimmt die Handlung in einer verträumten Kulisse ihren Lauf, die immer wieder verschiedene Etappen aus der Vergangenheit aufgreift. Der Wechsel in die Vergangenheit gelingt durch verschiedene Überblenden, sodass man beispielsweise den Eindruck hat, die Wände würden sich seitlich umklappen und den Blick auf eine neue Ebene freigeben.

Die Titelfigur wird insgesamt durch drei Darsteller verkörpert, um einen natürlichen Reifungsprozess darzustellen. Überspitze Momente untermalen den teils skurrilen Charakter und verleihen der Geschichte dadurch Esprit. Die ebenfalls sonderbaren Nebenfiguren, die unter anderem von Tilda Swinton, Peter Capaldi oder gar Ben Whishaw verkörpert werden, zeichnen sich durch Marotten aus, die dem Gesamtkonzept entsprechen. Und dies, obwohl den einzelnen Figuren nicht viel Zeit zur freien Entfaltung gegönnt wird.
Auch wenn der Film einem gewissen Konstrukt folgt, ist der Wechsel zwischen den Episoden fast schon willkürlich.

David Copperfield (Dev Patel) schaut optimistisch in die Zukunft. © 2020 eOne Germany

Aber Dev Patel ist es zu verdanken, dass man als Zuschauer trotz der nahezu banalen Betrachtung des Viktorianischen Zeitalters der Hauptfigur mit Sympathie begegnet. Was muss der arme David sein Leben lang ertragen, um letzten Endes zumindest seiner Neigung, Schriftsteller zu werden, nachgehen zu können.

Filmwertung
7/10

Kurzfassung

Charles Dickens autobiographisch geprägten Bildungsromans „David Copperfield“ entführt den Zuschauer ins Viktorianische England, wo skurrile Figuren die Gesellschaft aufzurütteln versuchen.

Fazit:

Mit „David Copperfield – Einmal Reichtum und zurück“ wird Dickens´ Werk mit modernen Blickwinkeln versehen, ohne das Zeitalter allzu sehr zu verklären. Satirischer Humor bildet das Kernstück eines skurrilen Films, der von der Wärme seines Hauptdarstellers lebt.


von Sandy Kolbuch

Mehr zum Film:
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