Censor: Ein cleveres, anspruchsvolles Horrorwerk

Censor - Niamh Algar
Censor - Niamh Algar © Kinostar Filmverleih

Die Kritik:

Censor - Filmplakat
Censor – Filmplakat © Kinostar Filmverleih

Censor ist kein Horror der knarzenden Dielen, der durchs Bild huschenden Katzen oder der billigen Jumpscares (okay, einen gibt es dann doch). Censor ist atmosphärischer, beinharter und vor allem intimier Horror. Wen das interessiert, der sollte den Gang ins Kino nicht scheuen für den Rest dürften wohl auch die gerade einmal 84 min Laufzeit arg lang erscheinen.

Prano Bailey-Bond, die mit Censor sowohl als Regisseurin als auch als Co-Autorin ihr Debüt gibt, beweist dabei ein überraschend feines Fingerspitzengefühl bei der Inszenierung. Immer wieder isoliert sie unsere Protagonistin Enid (Niamh Algar), die, nachdem ihre Schwester als Kind verloren ging, nun als Filmzensorin arbeitet und so auf Aufnahmen trifft, die Erinnerungen in diesem Zusammenhang wachrufen, auf visueller Ebene. Diese klaustrophobische Atmosphäre erzeugt sie, indem Algar immer wieder in die Mitte des Bildausschnitts gestellt wird (Centerframing), diese selbst klar ausleuchtet, ihre Umgebung aber in der Finsternis der Schatten verschwinden lässt. Genauso wird oft durch Türen hindurch gefilmt oder Enid in die Mitte eines engen Ganges positioniert. Dies lässt fast den Eindruck erscheinen, das Format würde auf 4:3 wechseln, mit dem die Regisseurin bei den fiktiven Filmen innerhalb dieser Welt immer wieder clever spielt.

Niamh Algar in Censor
Niamh Algar in Censor © Kinostar Filmverleih

Diese erschaffen von Anfang an eine bedrohliche Stimmung und eine Welt, in der Enid nie ganz sicher zu sein scheint. Alles in diesem Film ist dazu designt bei dieser stetig die Daumschrauben weiter anzuziehen, bis Enid schließlich nur noch ein nervliches Wrack ist. Schauspielerin Niamh Algar spielt diese Figur mit einer derartigen Inbrunst und subtilem Trauma, dass die sonst durch einige Entscheidungen manchmal schwer zu greifende Figur letztlich doch überzeugt, da sich die Schlinge um sie eben immer zieht. Dafür dient auch ein Nebenplot, der zudem thematisch enorm wichtig ist, bei dem man sich aber in einigen Momenten kürzer fassen hätte können. Genau so muss Horrorkino mit seinen Figuren umgehen.

Dabei demaskiert Censor clever die Vorstellung einiger Menschen, dass exzessive Gewalt in der Fiktion gleichermaßen zu Gewalt in der Realität führt, mahnt dabei aber auch zu einem verantwortungsvollen Umgang damit, gerade bei ohnehin psychisch labilen Menschen. Thematisch ist der Film also hochmodern, und das, obwohl er im Jahre 1985 spielt.

Filmwertung
7/10

Kurzfassung

Cleveres, anspruchsvolles Horrorwerk

Fazit:

Censor ist ein kleines, aber feines Debüt einer Regisseurin und Autorin, die man in Zukunft im Augen behalten sollte. Prano Bailey-Bond gelang ein cleveres, anspruchsvolles Horrorwerk, das aber den Willen der Zuschauer, am Ball zu bleiben, fordert.


von Sebastian Stegbauer

Hinterlasse jetzt einen Kommentar

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht. (Kommentar wird erst geprüft)


*