Belle: Eine zauberhafte Reise in die Moderne – Filmkritik

Belle - Key Art
Belle - Key Art © Koch Films

Die Kritik:

Bereits im vergangenen Jahr konnte man im asiatischen Raum den neuen Film „Belle“ von der Anime-Legende Mamoru Hosoda in den Kinos bewundern. Hosoda selbst ist nicht nur bekannt für seine früheren Digimon-Filme, er hat auch einige andere sehr beliebte Anime-Filme entstehen lassen und war 2019 mit „Mirai“ sogar für einen Oscar nominiert. Nun fährt er auch in Europa mit „Belle“ ganz groß auf und es stellt sich die Frage, ob er hier seinen eigenen Namen gerecht wird.

Belle - Filmplakat
Belle – Filmplakat © Koch Films

Die 17-jährige Suzu lebt mit ihrem alleinerziehenden Vater in einem ruhigen Dorf in Japan. Ihr ganzes Leben hinweg hat sie nicht nur mit traumatischen Ereignissen aus ihrer Kindheit oder der zerrütteten Beziehung zu ihrem Vater zu kämpfen, sie ist aufgrund ihrer zurückhaltenden Art auch nicht sonderlich beliebt. Als dann die virtuelle Welt „U“ immer populärer wird, entschließt sich Suzu dazu dieser Welt ebenfalls beizutreten. Mit ihrem Charakter „Belle“ erlangt sie mit ihrer Schönheit und vor allem ihrem Gesang in kürzester Zeit eine millionenweite Bekanntheit. Relativ schnell lässt sich dann auch wieder der berüchtigte Bösewicht „Dragon“ blicken, um das Metaverse aufzumischen und so entsteht eine Geschichte die von Liebe, Hass und Familie erzählt.

Belle ist in jeder Hinsicht ein kontrastreicher Film. Sei es optisch, wenn es zwischen realer und digitaler Welt wechselt oder aber inhaltlich, wenn Themen wie Tod und Gewalt sich mit Humor, Liebe oder gar Social Media abwechseln. Hosoda versteht es, wunderschöne handgezeichnete Natur und Hintergründe mit 3D-generierten Bildern und Animationen zu paaren und in beiden Welten den Zuschauer völlig in den Bann zu ziehen. Ich war in allen Szenen aus der realen Welt so fasziniert davon, wie bspw. das Wasser aussieht, dass mein Hauptaugenmerk mehr auf das Drumherum lag und weniger auf den Charakteren. Aber auch in der Welt von „U“ kommt man aus dem Staunen teils gar nicht raus und entdeckt quasi in jeder Einstellung Bilder, die man so noch nie zuvor gesehen hat.

Bei der Bildgewalt bleibt es in diesem Film aber nicht, denn ein Punkt hat mich noch um einiges mehr gefesselt. Belle handelt auch von der Fähigkeit des Hauptcharakters zu singen und der Erfolg ihres Avatars in diesem digitalen Universum beruht eben auf dieser Fähigkeit. Für den Zuschauer bedeutet das, dass man sich hier nicht nur in eine Welt begibt, bei der die Hintergrundmusik immer passend und dosiert die richtige Stimmung erzeugt. Viel mehr gibt es mehrere Momente, sogar „Konzerte“, bei denen sich epische Orchesterklänge und eine wirklich schöne Stimme vereinen, um so Lieder zu kreieren, die sowohl „typisch Anime“ sind als auch völlig moderner Pop (oder eben J-Pop). Ich muss gestehen, dass ich mir auch Tage nach dem Film immer wieder die Lieder angehört habe und sie für mich jedes Mal aufs neue dieses ganz eigene Gefühl transportieren. Man muss an dieser Stelle einfach Lob dafür aussprechen, dass hier einige wenige Lieder komponiert wurden, die an für sich schon umwerfend sind, gemeinsam mit den Bildern aber wohl die aller meisten verzaubern dürften. Mir ist natürlich klar, dass Musik völlige Geschmackssache ist, aber wer nicht spätestens beim Finale Gänsehaut bekommt, dem ist wahrlich nicht mehr zu helfen.

Belle - Szenenbild
Belle – Szenenbild © Koch Films

Wie so oft, gibt es auch in diesem Film nicht nur positives. Die negativen Auffälligkeiten halten sich aber sehr in Grenzen und beschränken sich lediglich auf den Inhalt. So weist Belle zum einen ab und zu kleine Logiklücken auf, die einen gedanklich auch durchaus mal aus dem Film reißen können. Diese kleinen Schlaglöcher sind aber erstmal gut zu verschmerzen, was mir aber viel mehr noch auffiel, war zum anderen die eigentliche Story des Films. Ich habe mich bereits, während dem Film und auch danach gefragt, was genau will Belle eigentlich von mir will. Ist das nun Gesellschaftskritik in Bezug auf Social Media, ist es einfach ein modernes Remake von „Die Schöne und das Biest“, sollen hier Kindheitstraumata thematisiert werden oder geht es doch nur um eine einfache Liebesgeschichte. Ich möchte auf keinen Fall sagen, dass nicht mehrere Themen miteinander verbunden werden können und auch alle von mir genannten Themen können sicherlich innerhalb eines Filmes stattfinden. Ich persönlich hatte dennoch das Gefühl, man wollte hier zu viele Themen und Storys aufgreifen und hat sich dann in einer teils wirre Erzählstruktur verrannt, in der keines der Themen vollends beleuchtet wird.

Filmwertung
8/10

Kurzfassung

Eine Wohltat für die Sinne.

Fazit:

Belle ist eine Wohltat für die Sinne und macht Spaß. Ich denke damit könnte man das Fazit auch fast schon wieder beenden denn besser kann man dieses Erlebnis nicht zusammenfassen. Ja es gibt Ungereimtheiten und ja irgendwie weiß der Film inhaltlich selbst nicht so richtig, wo er hin will. Wenn ein Film mich aber durch die reine Gewalt der optischen und auditiven Eindrücke derart in die Leinwand saugt, dann reicht mir völlig aus, dass die Erzählweise „gut genug ist“. Hier darf man mich nicht falsch verstehen, denn ich finde nicht nur die Themen, auf die der Fokus liegt sehr wichtig, ich finde die grundsätzliche Umsetzung von Hosoda auch wirklich gut, wie diese Themen aufgegriffen und aufbereitet werden. Eine richtige Struktur und eine klare Vision dahinter fehlt mir da aber trotzdem und vielleicht hätte eine klare Linie innerhalb der Erzählung tatsächlich dafür gesorgt, dass dieser Film hier an der ganz großen Bewertung kratzt. Aber auch so ist Belle weitaus mehr als nur sehenswert (oder auch hörenswert) und wird von mir nicht zuletzt aufgrund der großartigen Bilder & Animationen, der fantastischen Musik und der starken Synchronisation (zumindest im Japanischen) mit aller höchster Wahrscheinlichkeit auch noch ein zweites Mal gesehen werden.


von Esteban Belon

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