Belfast – Filmkritik

Belfast: Caitriona Balfe und Jamie Dornan
Belfast: Caitriona Balfe und Jamie Dornan © Focus Features

Die Kritik:

Nachdem Kenneth Branagh als Regisseur mit „Tod auf dem Nil“ gerade erst wieder einmal ins Klo gegriffen hat, kommt mit „Belfast“ ein überraschend intimes Drama, das einen Filmemacher, der in meinen Augen kaum der Rede wert war, auf überraschende Weise relevant macht – zumindest für den Moment. Denn Belfast ist ein wunderbar nostalgischer Trip in eine beinahe autobiographische Vergangenheit und zugleich die Erinnerung an eine Kindheit, die ich so nie erlebte, mir aber ungemein vertraut vorkam.

Obwohl ich diese Zeit der Unruhen und Gewalt in Belfast offensichtlich nicht selbst erlebt habe, erinnerten mich dennoch viele Szenen an meine eigene Kindheit, an Situationen, die ich durchlebte, an Emotionen, die ich fühlte, an Menschen, die mich begleiteten. Branagh erzählt, wie es war zu dieser schwierigen Zeit in Belfast aufzuwachsen, zugleich aber über Momente, die so viele von uns so oder so ähnlich erlebt haben. Dabei wird nur wenig Zeit darauf verwendet, die Hintergründe der damaligen Unruhen tiefer zu beleuchten – es ist eben nicht mehr als die Erinnerung eines Kindes.

Belfast: Buddy (Jude Hill) und sein Pa (Jamie Dornan)
Belfast: Buddy (Jude Hill) und sein Pa (Jamie Dornan) © Focus Features

Dies wird auch durch die anfänglich noch farbigen Einstellungen des heutigen Belfasts unterstrichen, bis sich das Bild schließlich in ein liebevolles und toll abgefilmtes Schwarz-Weiß verwandelt. Gleich zu Beginn gibt es dabei eine grandiose Plansequenz voller kindlicher Unbeschwertheit, nur um dann mit einer cleveren 360° Kamerafahrt um unseren jungen Protagonisten, das Ende dieser sorgenfreien Zeit zu markiere.

Branaghs Regie funktioniert hier glücklicherweise mal weniger nach dem Motto „Schaut mal, was ich kann“ (oder eben nicht kann), sondern gerät angenehmen zurückgenommen und weniger theatralisch. Dabei wird weniger eine zusammenhängende Geschichte erzählt, sondern mehr über das Leben einer Familie berichtet, die dabei von zahlreichen fantastischen Darstellerleistungen, von Ciarán Hinds über Judi Dench bis zu Jamie Dornan und Caitriona Balfe, zum Leben erweckt wird.

Belfast: Judi Dench
Belfast: Judi Dench © Focus Features

Darunter sticht allerdings gerade der junge Jude Hill als wunderbar liebenswürdiger Hauptcharakter heraus. All das mundet in einer ungemein mitreißenden und herzerwärmenden Familiendynamik, die den emotionalen Kern für einen bisweilen etwas ziellosen Film bildet. Denn diese etwas zerstückelte Herangehensweise an die Geschichte kann dabei eben auch immer wieder etwas ungeschliffen und holprig wirken, entwickelt aber nichtsdestotrotz einen ganz eigenen Sog.

Filmwertung
7.5/10

Kurzfassung

Voller Kraft und Emotionen.

Fazit:

Belfast schleicht sich an wie eine Erinnerung. So voller Kraft und Emotionen. Wir erinnern uns an Menschen, die uns prägten, an Momente der Angst, der Trauer, aber auch der Freude und kindlicher Naivität. Da stört es nur wenig, dass Belfast auch wie jede Erinnerung streckenweise etwas unzusammenhängend und löchrig ist.


von Sebastian Stegbauer

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