A Quiet Place 2: Besser als der Vorgänger!?

A Quiet Place 2: Millicent Simmonds
A Quiet Place 2: Millicent Simmonds © Paramount Pictures

Die Kritik:

Einer der ganz großen Überraschungserfolge des Kinojahres 2018 war ohne Zweifel „A Quiet Place“: Mit einer schnell erklärten und originellen Prämisse, kompetenter Spannungsinszenierung sowie einem effektiven emotionalen Unterbau war Schauspieler John Krasinski mit seiner dritten Regiearbeit ein echter Glücksgriff gelungen. Mit einem weltweiten Einspiel von 340 Millionen Dollar bei einem Budget von etwa 20 Millionen Dollar sowie überschwänglicher Resonanz war natürlich eine Fortsetzung nicht fern. Teil zwei erweist sich nun tatsächlich als in nahezu allen Belangen besserer Film, der trotz erneuter Logikprobleme deutlich runder ist und durch seine allumfassende Expansion sich in etwa wie „Aliens“ zu „Alien“ verhält. War Teil eins bereits ein verkapptes Familiendrama mit Fokus auf die Rolle der Eltern zu Krisenzeiten, verlagert sich der Blickwinkel nun verstärkt auf die Perspektive der Kinder. Bei einem durch die Bank überzeugenden Cast ragt hier vor allem die gehörlose Darstellerin Millicent Simmonds heraus, die mit einer aufopferungsvollen Performance glänzt und diesmal im Mittelpunkt steht.

A Quiet Place 2 Filmplakat
A Quiet Place 2 Filmplakat © Paramount Pictures

Wie im Trailer bereits angedeutet, zeigt „A Quiet Place 2“ den Tag, an dem alles begann. „Tag 1“ ist die Eröffnungssequenz des Films, die tatsächlich zu den besten der letzten Zeit gezählt werden darf. Die Stille ist trügerisch in dieser typischen idyllischen amerikanischen Kleinstadt, durch die sich Familienvater Lee (John Krasinski) bewegt. In dem Lebensmittelladen, wo Lee filmsymbolträchtig Orangen kauft, laufen ganz nebenbei Nachrichten, die von einer fatalen Katastrophe in Schanghai berichten, jedoch schenkt Lee dem nur wenig Beachtung. Wie auch letztes Jahr bei dem Ausbruch des Coronavirus in China ist das zu weit entfernt, als dass man sich im weit entfernten Amerika wirklich Sorgen machen müsste. Doch als bei dem Jugend-Baseballspiel um die Ecke plötzlich gigantische Explosionen am Himmel zu sehen sind, steigt die Unruhe: Aus stiller Aufbruchstimmung wird schließlich ungezügelte Panik und nackter Überlebenskampf, denn die unnachgiebige außerirdische Bedrohung ist ganz plötzlich auch in dieser Kleinstadt Realität geworden…

Hier schöpft John Krasinski aus dem Vollen und inszeniert mit meisterhafter Ruhe und latenter Anspannung angesichts des kommenden Unheils eine bemerkenswerte und perfekt durchkomponierte Sequenz, bei der ihm die größtmögliche Aufmerksamkeit der Zuschauer gewiss ist. Das so normale Szenario ist schrecklich nachvollziehbar, entsprechend effektiv gestalten sich dann die plötzliche Eskalation und der verzweifelte Kampf ums Überleben. Nicht nur hier erweist sich Krasinski als weiter gereifter Regisseur, der genau weiß, wie er seine filmischen Mittel zu nutzen hat, um Hochspannung zu erzeugen. Zahlreiche inszenatorische Kniffe wie geschickte Kamerabewegungen und -platzierungen oder das Spiel mit kompletter Stille aus der Perspektive der gehörlosen Regan (Simmonds) begeistern mit Spielbergscher Virtuosität.

Tatsächlich erfindet auch „A Quiet Place 2“ das Rad neben der originellen Ausgangslage nicht neu. Ja, auch Teil zwei sorgt für nahezu konstante Anspannung über die gesamte Laufzeit, bei der ganz grundlegend jederzeit die Angst gegeben ist, dass jemand ein Geräusch verursacht. So kompetent und effektiv Krasinskis Regie ist, sie erinnert zweifelsohne immer wieder an die Herangehensweise eines Steven Spielberg, wobei insbesondere Erinnerungen an „Krieg der Welten“ und „Jurassic Park“ wach werden. Doch es sind nicht nur die zahlreichen Spannungssequenzen, sondern auch die emotionale Intelligenz und der behutsame Umgang mit den Figuren, die sowohl Spielbergs als auch Krasinskis Regie auszeichnen. Die stehen hier jederzeit im Vordergrund und sorgen so für eine Steigerung der Spannung durch die emotionale Verbundenheit mit ihnen.

A Quiet Place 2: Emily Blunt
A Quiet Place 2: Emily Blunt © Paramount Pictures

So springt „A Quiet Place 2“ nach der furiosen Eröffnungssequenz direkt zu Tag 474 und setzt damit nahtlos am Ende des ersten Teils an. Mit einem effektiven Schutzmechanismus in Form von Regans die Kreaturen lähmendem Hörgerät und einer Schrotflinte ausgestattet, begibt sich die dezimierte Familie um Mutter Evelyn (Emily Blunt), Regan, Marcus (Noah Jupe) und Baby Beau von der Farm weg ins große Unbekannte. Hier darf natürlich nicht zu viel verraten werden, außer dass Teil zwei seinen Schauplatz deutlich über die Grenzen der Farm erweitert und die postapokalyptischen Folgen der außerirdischen Attacke weiter beleuchtet. So kommen auch andere Überlebende ins Spiel, allen voran Emmett (Cillian Murphy), der sich in einem alten Eisenwerk verschanzt hat.

Doch trotz Erweiterung der Settings bleibt auch „A Quiet Place 2“ ein in sich geschlossener und intimer Film, der immer ganz nah an den Figuren ist und insbesondere dank seiner „Weniger ist mehr“-Mentalität überzeugt. Krasinski zeichnet jedenfalls ein überaus glaubhaftes und nachvollziehbares Bild einer gespenstischen Welt nach der Zerstörung, präsentiert Zugwracks, Fabrikgelände, einen kleinen Segelhafen und vor allem viel Wald. Den Film garniert er mit zahlreichen herausragenden Spannungs- und Schockmomenten, bei denen immer wieder hochgradige Beklemmung durch Klaustrophobie, mangelnden Sauerstoff, eine Bärenfalle, ein hilfloses Baby im Koffer und auch schließlich neben den Monstern feindselige Menschen eine Rolle spielen. Krasinski, der sich diesmal alleine für das Drehbuch verantwortlich zeichnet, begeistert mit einer frischen Herangehensweise, die, anders als bei so vielen anderen Fortsetzungen, immer erstaunlich frisch und inspiriert bleibt. Von einem lahmen Aufguss, der das bereits Gesehene nochmal aufsetzt, ist dieser Film jedenfalls sehr weit entfernt.

Cillian Murphy in A Quiet Place 2
Cillian Murphy in A Quiet Place 2 © Paramount Pictures

„A Quiet Place 2“ ist von Anfang bis Ende enorm packend. Viel Spannung generiert Krasinski auch daraus, dass er seine Figuren immer wieder trennt, aber stets über den tadellos gestalteten und überaus eleganten Schnitt verbindet. So entstehen teilweise dreifache Parallelmontagen, bei denen die Eskalation und Anspannung teilweise bis ins Unerträgliche gesteigert werden. Das ist dann alles schon sehr bemerkenswert, auch wenn gegen Ende manches Logikproblem oder unglaubwürdiges Verhalten einiger Figuren den überaus positiven Gesamteindruck trüben. Dass sich Krasinski erneut schamlos für ein ganz offenes Ende entscheidet, ist dann im Moment wenig befriedigend, aber tatsächlich hat man hiernach nochmal Lust auf mehr.

Filmkritik
8.5/10

Kurzfassung

Von Anfang bis Ende enorm packend und sogar noch besser als der Vorgänger.

Fazit:

„A Quiet Place 2“ übertrifft seinen bereits sehr guten Vorgänger in nahezu allen Belangen. Regisseur John Krasinski ist nochmal weiter gereift und inszeniert zahlreiche meisterhafte Spannungssequenzen im Stile eines Steven Spielberg, wobei er eine überaus glaubhafte und nachvollziehbare postapokalyptische Welt zeichnet und in allen Bereichen im Vergleich zum Vorgänger kontrolliert expandiert. Das mag alles zwar irgendwo vertraut wirken, jedoch ist auch Teil zwei so gut und derart spannend inszeniert, dass man hier voll und ganz mitgerissen wird.


von Florian Hoffmann

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