Tokio! – Blu-ray Kritik: Tolle kreative Kurzfilme

Tokio! - junge Frau
Tokio! - junge Frau © Koch Films

Die Kritik:

Tokio! - Blu-ray
Tokio! – Blu-ray © Koch Films

Endlich bekommt „Tokio“ einen deutschen Blu-ray Release. Der Film ist vor allem so interessant, da drei außergewöhnliche Filmemacher jeweils einen Kurzfilm inszeniert haben, welcher mit der Metropolregion Tokio zu tun hat. Dabei ist keiner von diesen selber Japaner. Der spannendste Name ist wohl Oscarpreisträger Bong Joon-ho („Parasite“), dessen Genialität nun endlich auch in Deutschland Anklang findet. Neben ihm steuern noch Leos Carax („Holy Motors“) und Michel Gondry („Vergiss mein nicht“) einen Kurzfilm bei. Das Endergebnis sind drei höchst surreale Kunstwerke, die sich allesamt auf einem sehr hohen Niveau befinden.

Michel Gondry hat den ersten Kurzfilm gedreht, wobei er ein junges Paar in den Vordergrund stellt, das in Tokio Fuß fassen möchte. Durch die Geldprobleme und dem niedrigen Lohn muss das Paar weiterhin bei einer Freundin übernachten. Gondry erzählt eine kleine Geschichte, die keine großen Highlights aufweisen kann, doch gleichwohl gut unterhält. Es gibt eine sympathische Montage auf der Suche nach einer Wohnung, aber insbesondere der Blick auf die Charaktere macht diesen Kurzfilm so sehenswert. In langen Einstellungen dürfen die Schauspieler sogar ihr Talent beweisen. Positiv fällt dabei gerade die Freundin Ayako Fujitani („Gamera“) auf, die nie so wirklich in Tokio ankommt und eine eigene Identität sucht. Gegen Ende wird die Geschichte auf einmal ziemlich surreal, was sich noch durch die gesamten Kurzfilme ziehen wird.

Tokio! - Paar
Tokio! – Paar © Koch Films

Der zweite Kurzfilm „Merde“ von Leos Carax ist wohl der ungewöhnlichste der Dreien. Wer die Filmografie Carax kennt, wird einen Darsteller sofort wiedererkennen und das ist Denis Lavant. Dieser spielt im Endeffekt die gleiche Figur, wie in dem späteren Langfilm „Holy Motors“, der ebenfalls von Carax inszeniert wurde. Wer „Holy Motors“ kennt, der wird wissen, was nun auf ihn zukommt. „Merde“ ist wirklich die One-Man-Show von Lavant, der einen komplett grotesken-wahnsinnigen Charakter spielt. Der ganze Ansatz von Carax ist zugleich hochinteressant, da er letztendlich einen Kaijufilm kreiert, nur ist der Kaiju in diesem Fall ein Mensch und keine riesige Bestie. Anspielungen an Godzilla findet man über den gesamten Kurzfilm. Die klassische Godzilla-Titelmelodie von Akira Ifukube wird verwendet, des Weiteren hört man den bekannten Schrei des Monsters. An „Merde“ werden sich die Geister scheiden – die einen empfinden ihn als phantastisch, die anderen als geschmacklos. Man sollte extrem offen für experimentelles surrealistisches Kino sein, denn dann ist „Merde“ das Highlight von „Tokio“.

Tokio! - Gruppe
Tokio! – Gruppe © Koch Films

Zum Abschluss brilliert der südkoreanischer Meisterregisseur Bong Joon-ho mit dem letzten Kurzfilm „Shaking Tokyo“, der sicherlich in der Allgemeinheit der meist erwartete ist. Dies ist auch nur verständlich, da Bong Joon-ho bisher mit jedem Film in seiner Karriere ein einzigartiges Werk erschaffen hat, welches mit den Erwartungen der Zuschauer spielt. In „Shaking Tokyo“ setzt sich dieser Trend fort. Seine Hauptfigur ist dabei ein Hikikomori; dies sind Menschen, die sich freiwillig in ihrer Wohnung einsperren und den sozialen Kontakt auf ein Minimum reduzieren. Die Darstellung dieser Menschen ist sehr respektvoll, da Joon-ho die Welt aus der Sicht eines Hikikomoris gestaltet. Das Schauspiel von Teruyuki Kagawa ist genauso menschlich. Insgesamt ist „Shaking Tokyo“ der wohl ruhigste und ernsteste Kurzfilm von „Tokio“. Gegen Ende bleibt nur noch das Erstaunen des Zuschauers übrig, wie phantastisch ein weiterer Film des Südkoreaners ist.

Bild:

Die Kamera fängt Tokio sehr schön ein, gerade die Nachtaufnahmen des ersten Kurzfilmes „Interior Design“ sind wundervoll. Hin und wieder gibt es in allen Kurzfilmen jedoch Momente, in denen der Filmkorn extrem auffällt und eher stört, als ästhetisch zu fungieren. Qualitativ ist das Bild des zweiten Kurzfilmes am schlechtesten.

Ton:

Der Ton fällt weder positiv noch negativ auf. Dieser ist durchweg gut, bietet gleichwohl auch keine sonderlichen Highlights. Beschwerden gibt es keine.

Extras:

Leider ist als Extra nur der Trailer des Filmes enthalten, dafür auf Englisch und Französisch. Im Endeffekt bietet die Blu-ray also kein informatives Bonusmaterial.

Blu-ray Wertung
  • 9/10
    Film - 9/10
  • 7/10
    Bild - 7/10
  • 7/10
    Ton - 7/10
8/10

Kurzfassung

Drei kreative Kurzfilme, die alle eine hohe Qualität aufweisen.

Fazit:

„Tokio“ ist ein höchst innovatives Experiment, das voll aufgeht. Nur in wenigen Fällen sind Filme, die aus verschiedenen kleinen Episoden bestehen, keine Enttäuschung. Häufig kann zumindest ein Kurzfilm nicht den qualitativen Standard halten, aber bei „Tokio“ kann man sich darüber nicht beschweren. Sicherlich ist der Stil von unter anderem „Merde“ sehr eigen, wenn man sich auf das Erlebnis einlässt, wird man nichtsdestotrotz sehr positiv überrascht sein. Eine große Empfehlung für Liebhaber experimentellen Films.


von Lukas Weinandy

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